Eingeschränktes Sorgerecht für unverheiratete Väter wird überprüft

Karlsruhe (AP) Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Dienstag über das Sorgerecht für unverheiratete Väter verhandelt. Bisher können ledige Väter das Sorgerecht für ihr Kind nur mit Zustimmung der Mutter dann erhalten. Der Juristinnenbund und andere Organisationen sprachen sich für eine vorsichtige Öffnung des Sorgerechts aus. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter trat dagegen einem Sorgerecht lediger Väter gegen den Mutterwillen entgegen. Ein Urteil wird in etwa drei Monaten erwartet.

Etwa 821.000 Kinder und Jugendliche unter achtzehn Jahren wachsen nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland in nichtehelichen Lebensgemeinschaften auf. Nur wenn die Mutter einverstanden ist, kann der unverheiratete Vater seit 1998 das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Wie viele unverheiratete Eltern davon Gebrauch machen, ist nicht genau erfasst. Trennen sich Unverheiratete, ohne dass die Mutter einem gemeinsamen Sorgerecht zustimmt, hat der Vater auch nach vielen Jahren familiärer Gemeinschaft keinen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung.

Gegen diese als Vetorecht der Mütter bezeichnete Regelung sind mehrere Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig, wovon der Erste Senat nun zwei verhandelte. Im ersten Fall hatte sich die Mutter nach drei Jahren vom Vater getrennt und das Kind zeitweise vom Vater allein versorgen lassen. 1997 verbot die Mutter dann aber dem Vater weiteren Umgang, erst ein Richterspruch sicherte den weiteren Kontakt zwischen Vater und Sohn. Als der Vater das gemeinsame Sorgerecht beantragte, setzte das Amtsgericht Korbach das Verfahren aus und beantragte verfassungsrechtliche Prüfung in Karlsruhe.

In einem ähnlichen zweiten Fall scheiterte der Vater mit seiner Klage auf ein gemeinsames Sorgerecht, weil die Mutter nicht zustimmte. Der Vater begründete am Dienstag seine Verfassungsbeschwerde unter anderem damit, dass Kinder unverheirateter Eltern rechtlich schlechter gestellt werden als Kinder geschiedener Eltern. Im Scheidungsfall wird seit 1998 vom Fortbestand des gemeinsames Sorgerechts ausgegangen. Will ein Elternteil den anderen vom Sorgerecht ausschließen, muss das Gericht entscheiden.

Die Möglichkeit einer Gerichtsentscheidung befürwortete auch der Deutsche Juristinnenbund (djb). Die Bremer Familienrichterin Sabine Heinke sagte für den djb, bei einem längeren Zusammenleben unverheirateter Eltern könne es im Interesse des Kindeswohles liegen, das Sorgerecht beiden zuzuweisen. Das Gegenargument, damit werde den Eltern ein weiteres Kampffeld eröffnet, überzeugte sie nicht. «Die Alleinzuweisung an die Mütter vermeidet den Konflikt nicht», so Heinke wörtlich. Auch das Institut für Jugendhilfe und Familienrecht beurteilte die Regelung als verfassungswidrig, da sie das Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtige.

Die Bundesregierung verteidigte das seit 1998 geltende Recht als verfassungsgemäß, bezeichnete aber die Bedenken als «ernst zu nehmend». Dagegen beurteilte der Verband alleinerziehender Mütter und Väter eine Sorgerechtsübertragung gegen den Willen der Mütter als massiven Rechtseingriff. Die Folge könnten andauernde Familienrechtsstreite sein.

Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvL 20/00 und 1 BvR 933/01
AP
 

Dienstag 19. November 2002
http://de.news.yahoo.com/021119/12/32rbf.html