EFAV e. V.

Vorgestellte und begründete Forderungen zur Veranstaltung am 2.11.1995

Konkurrenz oder Kooperation, Mütter und Väter auf dem Weg zur geteilten Elternschaft?

Tagung des Hauses der Familie, Familienbildungsstätte Kiel

„Die kleinste soziale Einheit ist nicht der Mensch, sondern sind zwei Menschen“ Berthold Brecht

Kieler Forderungen :

1. Trennung der Institutionen Ehe und Familie

Kurzbegründung: Die Eheschließung ist das öffentlich beurkundete Versprechen zweier Menschen zu gegenseitiger Partnerschaft. Diese Partnerschaft ist als Ehe unabhängig vom Vorhandensein von Kindern. Die Gestaltung dieser Partnerschaft sollte in das freie Ermessen der Beteiligten gestellt und auch nicht auf zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts beschränkt sein. Familie ist als rechtlich gesondert zu schützende Institution in erster Linie eine Verantwortungsgemeinschaft von Eltern für ihre Kinder. Die Verantwortungsgemeinschaft in der Familie umfaßt auch die Partnerschaft der Eltern, wobei die Gestaltung dieser Partnerschaft nicht in das freie Ermessen der Beteiligten gestellt ist. In der Familie haben der Vater und die Mutter gleiche Verantwortlichkeiten. Damit entsprechen sie dem Persönlichkeitsrecht ihrer Kinder, welches ansonsten durch geschlechtsspezifische Rollenverteilung als primärer Einflußfaktor vorlebender Erziehung eingeschränkt wird.

2. Vereinbarkeit von Erwerb und Familie für Mütter und Väter

Kurzbegründung: Gleiche Verantwortung von Vätern und Müttern setzt die Vereinbarkeit von Erwerb und Familie zwingend voraus. Um dieses Lebensmodell für Väter und Mütter bevorzugt wirken zu lassen, hat der Staat die rechtlichen Lebensbedingungen für die Familie so zu gestalten, daß Väter und Mütter die Verantwortung in Familie und Erwerb ohne Benachteiligungen anteilig wahrnehmen können. Insofern hat der Staat auch die Pflicht, die Steuergesetzgebung diesen Forderungen anzupassen und von seinem Einfluß auf die Tarifpartner Gebrauch zu machen.

3. Gleichstellung von Müttern und Vätern im Abstammungsrecht

Kurzbegründung: Väter und Mütter haben die gleiche Verantwortung für ihre Kinder. Die rechtlich unterschiedliche Behandlung von Vätern und Müttern im Abstammungsrecht und der darauf aufbauenden Rechtsbereiche haben eine unmittelbare Wirkung auf die Wahrnehmung und Erfüllung dieser Verantwortung. Da die Geburt ihres Kindes als Weichenstellung für die Lebensplanung und Lebensverläufe von Männern und Frauen anzusehen ist, muß der Verantwortungsstatus bereits zu diesem Zeitpunkt auch formalrechtlich gleichgestellt werden. Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 und ein zeitgemäßes Abwägen der Grundrechte von Eltern und Kind führen zu einem kindorientierten Elternrecht, in dem die bestehenden, einseitigen Einschränkungen bzw. Zuweisungen der elterlichen Verantortungen nicht mehr zulässig sind.

4. Stärkung der biologischen Eltern

Kurzbegründung: Die biologischen Eltern tragen mit der Zeugung eines Kindes Elternverantwortung, die durch verschiedene Zeugungspraktiken auf der Basis neuer Reproduktionstechnologien grundsätzlich nicht eingeschränkt werden darf. Eltern sind in dieser Verantwortung zu schützen und bei ihren Fürsorgepflichten zu unterstützen. Kinder haben Anspruch auf die Erfüllung dieser elterlichen Fürsorgepflichten. Die Persönlichkeit der Kinder wird durch ihre Sozialisation, ihre genetischen Anlagen und die sich daraus ergebenden Wechselwirkungen gebildet. Kinder haben nach Art. 2. GG Anspruch auf Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit. Erst wenn die Eltern ihre Verantwortung nicht wahrnehmen können, hat der Staat nach Art. 6 GG die Pflicht, etwaige Einschränkungen der Elternrechte vorzunehmen oder sie ersatzweise festzulegen. Soziale Eltern, die nicht zugleich biologische Eltern sind, tragen ausschließlich in diesem Handlungsrahmen Elternrechte und Elternpflichten. Sie haben dann Anspruch auf gleichen Schutz und Unterstützung wie biologische Eltern.