Aus dem Archiv der EFAV:
 

  lnitiativthemen 7/80

... 2000: und was daraus geworden ist!

1. Novellierung des § 1353 BGB: 

Der Paragraph bestimmt, daß die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird. Wenn gegenwärtig die Statistik bestätigt, daß von den Ehen, die vor 7 Jahren geschlossen wurden, bereits über ein Drittel durch Scheidung aufgelöst sind, so ist bei der zunehmenden Scheidungsfreudigkeit für gegenwärtig geschlossene Ehen die Wahrscheinlichkeit für Beendigung der Ehe durch Scheidung größer als für die Beendigung durch Tod eines Ehepartners. Insofern ist der Paragraph ein Verkennen der Realität und hat Irrtümer zur Folge. 

Heute ist das Scheidungsrisiko noch höher als 1980. In Ballungszentren gilt eine Scheidungswahrscheinlichkeit von größer 50 Prozent. Um die Erwartungen der Partner nicht zu enttäuschen, ist es notwendig, über die Realitäten besser aufzuklären. Es muß Männern und Frauen klar sein, welche Perspektiven, Risiken und Konsequenzen auf sie bei den verschiedenen Rollen zukommen können.

2. Novellierung des § 1356 BGB: 

Der Paragraph bestimmt, daß die Pflichten in der Ehe die Eheleute untereinander aufteilen. Welche Konsequenzen dies im Falle einer Scheidung hat, wird im allgemeinen erst erkannt, wenn der Konflikt da ist. Namhafte Familienrechtler behaupten, daß im Regelfall nur die eheliche Aufgabenverteilung mit gleichen Rechten und Pflichten verfassungskonform ist.

Sogar Jutta Limbach, die derzeitige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts hat mehrfach die Wirkung dieser Bestimmung kritisiert. Eine von der EFAV unterstützte Verfassungsbeschwerde wurde bereits 1981 abgelehnt. Politisch ist das Rollendenken immer noch so verbreitet, daß auch zum Jahr 2000 eine Neubestimmung nicht absehbar ist.

3. Novellierung des § 1606 BGB: 

Der Paragraph bestimmt, daß die Unterhaltsverpflichtung der Mutter bei minderjährigen, unverheirateten Kindern in der Regel durch die Pflege und Erziehung der Kinder erfüllt ist. Dies entspricht nicht dem gleichberechtigten Bezug des Vaters zu den Kindern. 

Der "In der Regel-Paragraph" gilt noch immer. Er unterstreicht die Unvereinbarkeit von Art. 3.2 GG (Gleichberechtigung) mit dem Ehe- und Familienstatus 

4. Novellierung des Nichtehelichenrechts:  

§ 1705 BGB bestimmt, daß das nichteheliche Kind unter der elterlichen Sorge der Mutter steht. Dies macht die Planung der elterlichen (!) Verantwortung unter persönlichem Ausschluß des Vaters für die Mutter kalkulierbar. Das liegt nicht im Interesse des Kindes! 

Die Reform des Kindschaftsrechts 1998 hat nur eine scheinbare Angleichung der Rechte von ehelichen und nichtehelichen Kindern gebracht. Den Vater auszuschließen ist heute noch einfacher als früher, weil die Definitionen von "Vater" und Mutter" und das Abstammungsrecht zum Nachteil der väterlichen Verantwortung geändert wurden.

5. Gleichberechtigung in der Wehrpflicht: 

Das Wehrpflichtgesetz bestimmt, daß im Rahmen einer Musterung der wehrpflichtigen Männer festgestellt werden soll, ob der Betreffende wehrtauglich ist. Unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes zwischen den Geschlechtern ist nicht begründbar, warum die Wehrpflicht nur auf Männer beschränkt ist. Selbst wenn angenommenerweise physiologisch Frauen häufiger wehruntauglich wären, begründet dies keine Ungleichbehandlung, da dies im Einzelfall zu entscheiden ist, wie auch der männliche Wehrpflichtige einen Anspruch auf individuelle Musterungsuntersuchung hat. Egal, wie diese Ungleichbehandlung aufgefaßt wird, als Vor- oder Nachteil für Mann oder Frau, es bleibt eine geschlechtsbezogene Bevorzugung bzw. Benachteiligung.

11.1.2000, Europäischer Gerichtshof: Die Bundeswehr muß auch Frauen den Dienst an der Waffe in Kampfverbänden möglich machen. Diese Entscheidung entspricht dem Gleichheitsgrundsatz von Männern und Frauen. Familieninteressen sind aber erst dann gewahrt, wenn die Wehrpflicht aufgehoben wird und sowohl Frauen als auch  Männer entscheiden können, welche Schwerpunkte sie in ihrer Lebensplanung verwirklichen wollen.

6. Gleichberechtigung in der Rentenreform: 

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, eine Rentenfreform bis 1984 durchzufahren, die eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau ausschließt. Dies wird in manchen Gesetzesentwürfen so aufgefaßt, daß vorhandene Benachteiligungen von Frauen aufgehoben werden, während die Benachteiligungen von Männern (z. B. unterschiedliches Rentenalter) erhalten bleiben. Aus der Gegenüberstellung bisher vorhandener Argumente erscheint eine absolut getrennte Anwartschaft von Mann und Frau mit gleichen Bedingungen für die Fälligkeit am gerechtesten. Etwaige Ausgleichsanwartschaften (z. B. bei der Hausfrauen- oder Hausmannehe) sollten bei Entstehen der Anwartschaften ausgeglichen werden.

Zwar ist inzwischen die angemahnte Rentenreform verabschiedet worden. Auch die Anpassung gleicher Renteneintrittsalter für Männer und Frauen wurde realisiert. Inzwischen sind viele andere Ungleichbehandlungen deutlich geworden. Insbesondere die Zuschreibungsberechnung von Kindererziehungszeiten benachteiligt Eltern, die sich die Kinderbetreuung aufteilen. Die konflikterzeugende und -verschärfende Wirkung des Vorsorgungsausgleichs könnte nur dadurch aufgehoben werden, wenn für Frauen und Männer unabhängig vom Familienstand jeweils eigene Rentenkonten gebildet und lebenssynchron aktualisiert werden.

7. Elternschaftsurlaub: 

Für den Arbeitgeber bildet in unserem Wirtschaftssystem die gebärfähige Frau ein Geschäftsrisiko, das er vermeiden möchte. Davon wird er nur abzubringen sein, wenn bei dem zeugungsfähigen Mann ein ähnliches Ausfallrisiko besteht, wie bei der gebärfähigen Frau. Die ist erreichbar, wenn sich im Rahmen eines Elternschaftsurlaubs das angehende Elternpaar gemeinsam auf die Geburt vorbereitet, die Geburt gemeinsam erlebt und sich danach in die neue Situation gemeinsam eingewöhnt. Noch wesentlicher erscheint dieses Ziel aber für den Bezug des Vaters zu Kind und Familie. 

Zwar wurden die Bedingung für den Elternschaftsurlaub verändert, dennoch ist es noch immer nicht möglich, daß beide Eltern sich anteilig und gleichzeitig die Verantwortung teilen können und dabei durch den Elternurlaub unterstützt werden.

8. Konfliktursachenbeseitigung: 

Die Zunahme der Drogenkonflikte und postnatalen Behinderungen steht in engem Zusammenhang mit der gegenwärtigen Überforderung der Familie. Neben den Hilfen im Konfliktfall müssen mehr die Ursachen für die Konflikte untersucht und beseitigt werden. 

Zwar wurden eine Vielzahl von Untersuchungen abgeschlossen. Offensichtlich sind aber noch immer nicht die relevanten Ursachen aufgesprürt und beseitigt worden. Die anhaltend hohen Scheidungsraten bestätigen dies. 

9. Abkehr von der Psychologie als Mütterwissenschaft: 

Die Psychologie wurde als Geisteswissenschaft während unserer geschichtlichen Vergangenheit stark politisch beeinflußt. Trotz Verachtung der Person Sigmund Freud wurde sein psychologischer Ansatz im Dritten Reich tendentiell hochstilisiert. Dem Vater wurde seine elterliche Verantwortung durch persönlichen Erziehungsbezug fast vollständig aberkannt. Untersuchungen, die den väterlichen Einfluß auf die kindlche Entwicklung prüften, waren nicht möglich und wurden bis heute kaum durchgeführt. Es besteht eine Notwendigkeit, auch den wissenschaftlichen Nachweis zu führen, daß Väter genauso wie Mütter geeignet sind, Kinder - auch Kleinkinder zu betreuen. Die beste kindliche Entwicklung ist in der Regel durch die Betreuung von Mutter und Vater gegeben. 

Zwar hat es Ansätze zu neuen Sichtweisen gegeben. Ideologien verbauen aber weiterhin vielfältige Erkenntnisfähigkeit.

10. Förderung der Möglichkeit von Teilzeitarbeit: 

Um beiden Elternteilen gleichermaßen die erzieherische und materielle Verantwortung zu ermöglichen, sind vermehrt Teilzeitstellen auch für Männer - einzurichten. Die Bereitstellung von Halbtagsstellen für Arbeitnehmer mit privater und sozialer Verpflichtung muß notfalls mit staatlichen Anreizen unterstützt werden. Die Benachteiligungen in der Altersversorgung von Teilzeitarbeitnehmern aus sozialen Gründen sind durch Einführung von Teilausfallzeiten in der Rentengesetzgebung zu beseitigen. 

Diese Forderung wurde nahezu konterkariert. Zwar wurden mehr Teilzeitstellen eingerichtet, dennoch war dabei die Förderung der Familien nur der geringste Anlaß. Vielmehr bilden Rationalisierung, Arbeitsplatzabbau und damit wirtschaftliche Interessen den Grund für das Angebot von mehr Teilzeitstellen. Die 630.- DM Jobs wirken zusätzlich noch rollenspezifisch, weil diese Jobs an die kurzfristige Interessenlage vieler Frauen angepaßt sind. Die Diskriminierung ist besonders krass, wenn mehrere dieser Minijobs zusammen als Existenzsicherung herhalten müssen.

11. Fortschreiben eines "Ratgebers für partnerschaftswillige Männer" mit Beiträgen, die partnerschaftswilligen Männern mögliche Verantwortungs- und Konfliktbereiche in Partnerschaft, Familie oder Ehe zur Diskussion stellt.

Eine Weiterentwicklung ist nur im Konzept erfolgt. Natürlich wird auch ein Verleger gesucht. 

Ein Teil der Ideen sind im rororo-TB "Wenn Männer Väter werden" enthalten.

12. Vergabe des Titels "Held(in) der Gleichberechtigung" für gleichberechtigungsfeindliche, rollenklischierte Darstellung in den Medien (Materialsammlung). Der Name des Titels steht noch zur Diskussion.

wurde 1987 eingestellt.

13. Durchführung der Fotoausstellung mit Fotoarbeiten zum Thema"Kind und Vater".

Wurde zu einer Dokumentation erweitert. Z.Z. finden Überlegungen statt, ob zeitgemäß andere Medienformen für die Präsentation einbezogen werden sollten. Das Problem sind die Kosten.

14. Förderung des Elternbewußtseins, nach dem Mädchen und Jungen durch gleiche Erziehung, gleiche schulische und berufliche Qualifikation in die Lage versetzt werden, in ihrem Leben sowohl soziale, familiäre und emotionale Verantwortung als auch materielle Verpflichtungen tragen zu können.

Vielfältiger Erfahrungsaustausch mit Eltern, Fachpersonen, Organisationen und der Politik ist nach wie vor ein zentrales Anliegen

15. Wie kann die Väterinitiative finanziell gefördert werden?

Ein bisher noch nicht befriedigend geklärtes Initiativthema. 

Die Initiativthemen wurden erstmalig 1981 der allgemeinen Öffentlichkeit vorgestellt und in der Broschüre zur Fotoausstellung "Kind und Vater" veröffentlicht. Einzelexemplare dieses Heftes sind gegen Zusendung von 5 € in Briefmarken zu bestellen.