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Thomas



-------- Original-Nachricht --------
Betreff:  [BMJ] Justizmodernisierung schreitet voran
Datum:  Wed, 19 Jul 2006 12:01:56 +0200
Von:  presse@BMJ.BUND.DE
An:  BMJ-NEWSLETTER@LISTSERV.DFN.DE


Berlin, 19. Juli 2006

Justizmodernisierung schreitet voran

Die Bundesregierung hat heute den Entwurf für ein Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz beschlossen.

„Die Modernisierung der Justiz ist keine Tagesaufgabe, sondern ein Prozess, den wir stets aufs Neue vorantreiben müssen. Die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Gerichte ändern sich ständig. Deshalb muss man die Vorschriften über gerichtliche Verfahren regelmäßig anpassen und verbessern. Wir wollen dazu beitragen, dass Gerichtsverfahren zügiger werden und weniger kosten, natürlich unter Wahrung unserer hohen rechtsstaatlichen Standards. Das verhilft den Bürgerinnen und Bürger schneller zu ihrem Recht und erleichtert die Arbeit der Rechtsanwender im Justizalltag. Mit diesem Gesetz gehen wir den Weg weiter, den wir mit dem Ersten Justizmodernisierungsgesetz erfolgreich beschritten haben“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Der Entwurf enthält wie schon das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I, S. 2198) ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das nahezu alle Bereiche der Justiz betrifft. Neben gewichtigen inhaltlichen Änderungen des geltenden Rechts gehört dazu auch eine Vielzahl kleinerer, zum Teil punktueller Korrekturen und Ergänzungen. Insgesamt soll der Entwurf in 26 Gesetzen Änderungen zur Folge haben.

Zu den Schwerpunkten des Zweiten Justizmodernisierungsgesetzes im Einzelnen:

1. Stärkung des Opferschutzes in Strafverfahren
Im Strafrecht wird der Opferschutz sowohl gegenüber erwachsenen als auch gegenüber jugendlichen Tätern gestärkt.

Die Opfer von Straftaten leiden neben dem physischen und psychischen Schaden häufig auch unter den finanziellen Folgen der Tat. Deshalb soll die Wiedergutmachung durch den Täter Vorrang vor der Vollstreckung von Geldstrafen haben: Wenn der Verurteilte nicht genug Geld hat, um sowohl sein Opfer zu entschädigen als auch die Geldstrafe zu zahlen, soll ihm schon im Urteil Stundung der Geldstrafe oder Ratenzahlung gewährt werden, damit er zunächst Wiedergutmachung an das Opfer leisten kann.

Damit Opfer schneller ihre Schadensersatzansprüche gegen Heranwachsende (Alter des Täters von 18 bis 20 Jahre) verfolgen können, wird das Adhäsionsverfahren auch dann zugelassen, wenn sie nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Mit dem Adhäsionsverfahren kann das Opfer zivilrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend machen. Bislang ist das nur möglich, wenn das Gericht im Verfahren gegen den Heranwachsenden Erwachsenenstrafrecht auf sie anwendet.

Weitere Änderungen im Jugendgerichtsgesetz verbessern die Position der Opfer im Strafverfahren gegen Jugendliche. Bei minderjährigen Opfern kommen die Verbesserungen auch den Eltern zugute. So wird ausdrücklich festgeschrieben, dass ein Verletzter auch im Verfahren gegen Jugendliche bestimmte Informations- und Schutzrechte hat. Insbesondere sollen die Vorschriften über die Beteiligung eines Opferanwalts Anwendung finden. Wenn der Täter Jugendlicher ist, müssen sich zum Beispiel die Eltern eines ermordeten Kindes bislang selbst durch eine langwierige und belastende Hauptverhandlung quälen, auch wenn sie sich lieber durch einen Anwalt vertreten lassen würden. Hier schafft das Zweite Justizmodernisierungsgesetz Abhilfe.

2. Mehr Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger
Änderungen im Strafverfahrensrecht zielen auf mehr Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger durch klare und praxisnahe Bestimmungen. „Wir stellen sicher, dass gefährliche Angeklagte wie Sexual- oder Gewalttäter, die schon zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, in Haft bleiben, auch wenn sie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erreichen, die die Rechtskraft der Verurteilung durchbricht und eine Fortsetzung des Verfahrens erforderlich macht“, so Zypries weiter.

Beispiel: Ein Mörder wird nach der Tat in Untersuchungshaft genommen und vom Landgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels verstreicht. Nachdem der Verurteilte die Strafhaft angetreten hat, macht er erfolgreich geltend, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, die Revisionsfrist einzuhalten und legt Revision ein. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Verurteilte in dieser Situation nicht ohne weiteres in Haft gehalten werden darf, weil es dazu einer besonderen Rechtsgrundlage bedarf. Deshalb wird in der Strafprozessordnung jetzt eindeutig festgelegt, dass in einem solchen Fall die Rechtslage wieder hergestellt wird, wie sie vor der Rechtskraft des Urteils bestanden hat. Damit leben vorläufige Maßnahmen wie vor allem U-Haft- und Unterbringungsbefehle automatisch wieder auf, so dass der Angeklagte in Haft bleibt. Seine Grundrechte werden dadurch geschützt, dass der Haftbefehl unverzüglich gerichtlich überprüft werden muss.

Ferner erhält der Generalbundesanwalt mehr Kompetenzen bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz und dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Dadurch können Straftaten, die für die äußere Sicherheit und das Ansehen Deutschlands in der Staatengemeinschaft besonders schädlich sind, effektiver bekämpft und die sicherheitsgefährdenden Dimensionen besser aufgeklärt werden.

3. Mehr Flexibilität bei strafrechtlichen Sanktionen
Richterinnen und Richtern sollen künftig noch flexibler und situationsgerechter auf weniger schwer wiegende Straftaten reagieren können: Sie können öfter als bisher eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aussprechen. Diese Sanktion ist das Mittel der Wahl, wenn dem Täter das Unrecht seiner Tat deutlich vor Augen geführt werden muss, aber eine Geld- oder Freiheitsstrafe nicht zwingend erforderlich ist.

Beispiel: Eine Mutter hat ihren Lebenspartner wegen Misshandlung ihres Kindes angezeigt. In der späteren Gerichtsverhandlung gibt sie aber aus Angst vor dem Mann – fälschlicherweise – an, sie habe gelogen. Deswegen wird sie wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt. Vor zwei Jahren ist sie schon wegen eines Diebstahls bestraft worden. Hält das Gericht in einem solchen Fall wegen der Falschaussage eine Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens für angemessen, so wäre die Verwarnung mit Strafvorbehalt die richtige Sanktion. Nach geltendem Recht kommt diese Sanktion in der Regel nicht in Betracht, wenn der Täter oder die Täterin vorbestraft ist. Künftig soll dies kein Hinderungsgrund mehr sein.

4. Mehr Effizienz in Zivilprozessen und Zwangsvollstreckung
„Mit verschiedenen Maßnahmen sorgen wir dafür, dass die Gerichte Zivilverfahren effizienter und schneller durchführen können. Unter anderem werden die Regelungen über den Sachverständigenbeweis geändert. Wenn ein Gericht ein Gutachten erstellen lassen will, dauert das heute zum Beispiel in Bauprozessen oft relativ lange. Die Gerichte können den Sachverständigen zwar Fristen setzen, müssen das aber nicht tun. In Zukunft soll eine solche Fristsetzung die Regel sein. Außerdem erweitern wir die Möglichkeiten, in einem Zivilrechtsstreit auch Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren zu verwerten. Wenn zum Beispiel das Gutachten, das die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren eingeholt hat, auch im Zivilprozess herangezogen wird, vermeidet das verzichtbare Doppelarbeit und erspart allen Beteiligten Zeit und Geld“, erläuterte Zypries.

Auf mehr Effizienz und Kostenersparnis zielen auch folgende Maßnahmen ab:

  • die Beschränkung des baren Zahlungsverkehrs bei den Justizkassen: Die weitgehende Umstellung auf den unbaren Zahlungsverkehr spart Arbeitsaufwand für die Justiz und mindert Sicherheitsrisiken. Das gilt insbesondere für die Abschaffung der baren Sicherheitsleistung in der Zwangsversteigerung. Wer bei einer Grundstücksversteigerung mitbieten will, muss derzeit häufig eine Sicherheitsleistung in bar erbringen und deshalb große Geldbeträge bei sich tragen – ein vermeidbares Risiko. Nach dem neuen Recht kann man dem Gericht vorsorglich einen Betrag überweisen, wenn man bei einer Zwangsversteigerung mitbieten will. Wird das Geld später nicht als Sicherheitsleistung benötigt, überweist es das Gericht unmittelbar nach dem Versteigerungstermin zurück. Wer diesen Weg nicht wählen möchte, kann die Sicherheitsleistung wie bisher durch Vorlage von bestimmten Schecks oder durch eine Bankbürgschaft erbringen.
  • die Modernisierung der Kommunikation zwischen den Gerichten und den Bürgerinnen und Bürgern im Zwangsversteigerungswesen: Die Veröffentlichung von Wertgutachten und die Bekanntmachung von Terminen sollen künftig auch per Internet zulässig sein. So kann jeder die Mitteilungen der Zwangsversteigerungsgerichte bequem von zu Hause abrufen und sich über die Wertgutachten der ihn interessierenden Objekte informieren. Der Gang zum Gericht entfällt.
  • Änderungen im Mahnverfahren: Rechtsanwälte sollen – außer im arbeitsgerichtlichen Mahnverfahren – die Anträge auf Erlass eines Mahnbescheides künftig in maschinell lesbarer Form stellen. Derzeit werden ca. 68% aller Mahnanträge auf diese Weise gestellt. Der Anteil soll erhöht werden, weil diese Mahnanträge schneller bearbeitet werden können und weniger fehleranfällig sind als Anträge in Papierform. Außerdem wird der elektronische Rechtsverkehr insgesamt gefördert.
  • der Ausschluss der Streitverkündung gegenüber dem Gericht und dem gerichtlichen Sachverständigen: Die Streitverkündung ist ein Mittel, einen Außenstehenden an einem Rechtsstreit zu beteiligen. In der Praxis wird gerichtlichen Sachverständigen häufig der Streit verkündet, um das Verfahren zu verzögern oder einen unliebsamen Sachverständigen für das Verfahren auszuschalten. Die vorgeschlagene Änderung verhindert diese missbräuchliche Form der Streitverkündung.

Viele Verbesserungen werden nicht nur im Zivilprozess greifen, sondern auf alle Verfahren, also auch auf Verfahren der Fachgerichtsbarkeiten, Auswirkungen haben.

5. Stärkung von Verfahrensrechten
Das Zweite Justizmodernisierungsgesetz stärkt die Verfahrensrechte in mehrfacher Hinsicht. Das gilt zum Beispiel für:

  • Änderungen im Zivilprozessrecht, die eine Wiederaufnahme des (bereits abgeschlossenen) Verfahrens ermöglichen, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Entscheidung des Gerichts wegen einer Menschenrechtsverletzung bemängelt hat. Diese Möglichkeit gibt es bis jetzt nur im Strafprozess.
  • Änderungen im Jugendgerichtsgesetz zum Anwesenheitsrecht von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern des Angeklagten. Hier greift der Gesetzentwurf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf: Unter Berücksichtigung des Elterngrundrechts wird genau festgelegt, in welchen Fällen Eltern von der Hauptverhandlung gegen Jugendliche ausgeschlossen werden können.

6. Kostenrecht
Von den zahlreichen kostenrechtlichen Änderungen sind schließlich die folgenden kostenrechtlichen Regelungen des Entwurfs hervorzuheben:

  • Im berufsgerichtlichen Verfahren der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sollen erstmals Gebühren eingeführt werden. Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass die Allgemeinheit die Kosten solcher Verfahren trägt.
  • Ein gerade ergangener Auftrag des Bundesverfassungsgerichts zum Kostenrecht wird umgesetzt. Das Bundesverfassungsgerichts hat dem Gesetzgeber durch Beschluss vom 23. Mai 2006 (1 BvR 1484/99) zu § 92 Kostenordnung hierfür eine Frist bis zum 30. Juni 2007 gesetzt. Danach ist es mit Artikel 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, für die Berechnung der Gerichtsgebühr in Betreuungssachen auch dann unbegrenzt das reine Vermögen zugrunde zu legen, wenn sich Fürsorgemaßnahmen auf die Personensorge beschränken. Dieser Vorgabe wird dadurch Rechnung getragen, dass es künftig nur noch eine Festgebühr geben wird, wenn von einer Betreuung das Vermögen nicht unmittelbar erfasst ist.

Das Gesetz soll zum Ende des Jahres in Kraft treten. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrates.




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