Wera Fischer, Sozialarbeiterin
und Mediatorin, 74889 Sinsheim
http://home.t-online.de/home/0726164132-0004/trennung.htm
The
Parental Alienation Syndrome (PAS) und die
Interessenvertretung des Kindes
-
ein kooperatives Interventionsmodell für Jugendhilfe und
Gericht -
(Dieser Beitrag wird
voraussichtlich im Oktober/November 1998 im Nachrichtendienst des Deutschen
Vereins erscheinen.)
Gliederung:
1.
Wie kommt es zur Entwicklung eines PA-Syndroms?
2.
Worin unterscheiden sich PAS-Fälle von "normalen"
Scheidungsfamilien?
2.1. Fehlende Beziehungsentwicklung
2.2. Psychische Kindesmißhandlung
2.3. Fehlende Kooperations- und Problemlösungsbereitschaft
2.4. Ausdehnung der Ablehnung auf die erweiterte Familie
2.5. Manipulation von Fachleuten
3.
Manöver, die angewandt werden, um das Bild des Kindes vom anderen
Elternteil zu verändern
4.
Indizien für PAS, die sich aus dem Gespräch mit dem Kind ergeben können
5.
PAS und die Interessenvertretung des Kindes
5.1. PAS und Kindeswille
5.2. Die Arbeit mit dem abgelehnten Elternteil
5.3. Die Arbeit mit dem manipulierenden Elternteil
5.4. Rechtzeitiges Intervenieren ist der effektivste Schutz des Kindes
5.5. PAS und die Notwendigkeit von Zwang
5.6. PAS und Sorgerecht
6.
Die (Ohn)Macht der Jugendhilfe
Der tragischste Effekt, den
eine Scheidung für ein Kind haben kann, ist der Verlust eines Elternteils.
Manchmal können es Eltern nicht ertragen, den früheren Partner weiterhin sehen
zu müssen und verschwinden aus dem Leben ihres Kindes. Oder das Kind ist
zwischen die Fronten geraten und weigert sich, den zweiten Elternteil zu
besuchen. Nicht selten versucht der “bevorzugte” Elternteil, den anderen aus
dem Leben des Kindes auszugrenzen und es kommt zur Entwicklung eines PA-Syndroms[1] beim Kind: es spaltet
seine Eltern in einen geliebten (guten) und einen angeblich gehaßten
(schlechten, bösen) Elternteil auf.
Jedesmal ist es Aufgabe der
Jugendhilfe, die zweite Elternbeziehung zu schützen. Jede der geschilderten
Situationen erfordert jedoch eine andere Strategie. In diesem Artikel soll es
darum gehen, was SozialarbeiterInnen tun können, wenn sie im Rahmen ihrer
Jugendhilfetätigkeit mit PAS konfrontiert sind.
1. Wie kommt es zur
Entwicklung eines PA-Syndroms?
Elterntrennung bedeutet für
das Kind, einen Vater und eine Mutter zu haben, die sich nicht mehr lieben. Die
meisten Kinder geraten dadurch in einen Loyalitätskonflikt: dürfen sie
weiterhin beide Eltern lieben? Um sich aus diesem Konflikt adäquat
befreien zu können, ist das Kind auf die Hilfe beider Eltern angewiesen.
·
Die Eltern müssen dem Kind ausdrücklich erlauben, den anderen
Elternteil zu lieben, seine Liebe zu ihm offen zeigen zu können.
·
Sie müssen dem Kind vermitteln, daß es in Ordnung ist, dem anderen
Elternteil gegenüber anders zu empfinden, als er/sie selbst.
Zur Entwicklung eines
PA-Syndroms kommt es, wenn der Loyalitätskonflikt des Kindes von Eltern bewußt
oder unbewußt dazu benutzt wird, das Kind so zu beeinflussen[2],
daß es den anderen Elternteil ablehnt[3]
und die Beziehung zu ihm zerstört wird. Obwohl vorher eine normale
Eltern-Kind-Beziehung bestanden hat, verweigert das Kind Kontakte mit dem
anderen Elternteil.
Bei der Entwicklung des
PA-Syndroms spielt Angst eine große Rolle. Der betreuende Elternteil
manipuliert das Kind aus Angst, es an den anderen zu verlieren. Deshalb wird
versucht, Exklusivität in der Beziehung zum Kind herzustellen: das Kind
braucht mich am meisten/ist ausschließlich auf mich angewiesen. Es
wird nicht wahrgenommen, daß das Kind für seine psychische Gesundheit auch auf
die innere Verbundenheit mit dem Elternteil angewiesen ist, mit dem es nicht
mehr zusammenlebt.[4]
Die Mittel, die dazu benutzt werden, die eigene Beziehung zum Kind zu stärken,
ist die Abwertung und Ablehnung des anderen Elternteils als Person: er/sie
ist verantwortungslos, ein Versager, Lügner, Betrüger und als
Vater/Mutter: er/sie sorgt nicht gut für dich/versteht dich nicht/paßt
nicht gut auf dich auf. Dadurch wird dem Kind vermittelt, der andere sei
kein verantwortungsbewußter Elternteil und dieser könne nicht kompetent mit
ihm umgehen. Wenn das Kind über tolle Erlebnisse mit dem anderen Elternteil
berichtet, wertet der manipulierende Elternteil sie als trivial, unbedeutend
oder gefährlich ab. Auf diese Weise erfährt das Kind: eine gute Zeit mit
dem anderen Elternteil zu haben ist unloyal oder gefährlich.
Das Ziel ist, das Bild des
Kindes vom anderen Elternteil so zu verändern, daß er zur “Unperson” wird,
mit der man keinen Umgang pflegt. Erwartet wird, daß das Kind die eigene Einschätzung
teilt und genauso empfindet. Das Kind nimmt diese Erwartung wahr und glaubt, nur
dann von diesem Elternteil weiterhin geliebt und versorgt zu werden, wenn es fühlt
und handelt wie dieser. Es zeigt sich dem manipulierenden Elternteil gegenüber
loyal, indem es seine eigenen Bedürfnisse hinsichtlich des anderen Elternteils
verleugnet.
Die Manipulation geht
zwar von einem Elternteil aus, das Kind übernimmt aber einen aktiven Part,
indem es z.B. Briefe oder Pakete des abgelehnten Elternteils vor den Augen des
manipulierenden Elternteils zerreißt bzw. zerstört. Häufig betont das Kind
seine Loyalität so sehr, daß es die ausgrenzenden Forderungen des
manipulierenden Elternteils: es überfordert Peter, wenn er seinen Vater öfter
als einmal im Monat sieht noch übertrifft: ich
will meinen Vater nie wieder sehen.[5]
Daß das Kind seine Bedürfnisse
hinsichtlich des abgelehnten Elternteils nicht mehr äußert, bedeutet nicht, daß
es sie nicht (mehr) hat. Seine Liebe für den Vater oder die Mutter besteht
weiter, wird aber verleugnet, um den manipulierenden Elternteil nicht zu
verlieren. Auch beim Kind ist Angst ein wesentlicher Faktor für das Entstehen
des Syndroms. Es ist die Angst vor Beziehungsverlust und darf deshalb nicht als
“Liebe” mißverstanden werden. Dem Kind fehlt die Freiheit, auch den
abgelehnten Elternteil lieben zu dürfen. Damit wird dem Kind die
Grundvoraussetzung für die eigene gesunde Persönlichkeitsentwicklung entzogen.
Der Verlust der zweiten Elternbeziehung hat Einschränkungen in der Identitäts-
und Selbstwertentwicklung sowie in der Bindungs-, Beziehungs- und Leistungsfähigkeit
zur Folge.
2. Worin unterscheiden sich
PAS-Fälle von “normalen” Scheidungsfamilien?
Erfahrungsgemäß äußern
nahezu alle Eltern in der Trennungsphase Zweifel an der Person des früheren
Partners und auch an dessen Qualitäten, was die Erziehung des Kindes betrifft.
Dennoch gibt es einige Schlüsselmerkmale, die auf das Vorliegen von PAS
hinweisen.
2.1. Fehlende
Beziehungsentwicklung
Normalerweise lassen Wut und Ärger
auf den anderen Elternteil mit der Zeit nach und die Darstellung des früheren
Partners wird wieder realistischer, weil eigene Anteile am Scheitern der
Beziehung gesehen werden können. Bei manipulierenden Eltern fehlt diese
Weiterentwicklung. Sie äußern sich über Jahre hinweg negativ über den
zweiten Elternteil, bezeichnen ihn als Feigling, Betrüger und Zerstörer der
Familie, ohne jemals zu erwähnen, welche Probleme es während der Ehe gab und
welchen Beitrag sie selbst dazu geleistet haben.
Die nacheheliche
Schuldprojektion wird aufrechterhalten.[6]
Dies geschieht z.B. dadurch, daß dem Kind vermittelt wird, der andere
Elternteil mute ihm und dem Kind absichtlich finanzielle Einschränkungen zu,
ohne die veränderte finanzielle Situation beider Elternteile zu erwähnen.
2.2. Psychische Kindesmißhandlung
Manipulierende Eltern teilen
die Vorbehalte, die sie dem anderen Elternteil gegenüber haben, diesem in der
Regel nicht mit. Sie wenden sich aber auch nicht an Berater oder Therapeuten, um
mit deren Hilfe die bestehenden Probleme zu lösen. Sie wenden sich bestenfalls
an das Gericht, mit dem Ziel, die Kontakte einschränken oder aussetzen zu
lassen. Primär benutzen sie jedoch das Kind als Ansprechpartner: Dein Papa
paßt nicht gut auf dich auf. Er tut Dinge, die für dich nicht gut sind.
Deshalb gebe ich dir den Scall mit. Damit kannst du mich jederzeit
anrufen. Ich komme dann und hole dich ab. Oder das Kind wird in den Streit
der Eltern um die Ausgestaltung der Kontakte mit einbezogen: Sag deinem
Vater, den Film, den du letzte Woche bei ihm angesehen hast, hat dich zwei Nächte
nicht schlafen lassen. Häufig wird das Kind als Komplize benutzt: Sag
ihm, ich sei nicht da. Nicht selten werden für den Zeitraum, für den
Kontakte mit dem anderen Elternteil anstehen, Gäste eingeladen mit denen das
Kind gerne zusammen ist oder ihm reizvolle Alternativangebote unterbreitet.
Beides macht es dem Kind schwer zu gehen.
Der Elternteil
instrumentalisiert das Kind, um eigene Verlustängste zu reduzieren, Haß und
Rachegefühle dem früheren Partner gegenüber auszuleben. Die Beeinträchtigung
der kindlichen Entwicklung wird nicht wahr- oder billigend in Kauf genommen.
2.3. Fehlende Kooperations-
und Problemlösungsbereitschaft
Manipulierende Eltern sind
davon überzeugt, daß das Kind davon profitiert, ohne den anderen Elternteil
aufzuwachsen. Sie können oft nicht ein Argument nennen, das für die
Kontakte spricht. Sie folgen nicht selten dem Motto: Väter (Mütter) sind
wichtig für Kinder, aber nicht dieser (diese). Oder sie betonen, daß sie
die Kontakte für wichtig halten, agieren aber anders. Sie sind beispielsweise
nicht bereit, Bedingungen zu schaffen, die dem Kind den Wechsel von einem
Haushalt in den anderen erleichtert. Angebote zu gemeinsamen Gesprächen, um die
zwischen den Eltern bestehenden Konflikte zu beseitigen und das Kind aus dem
Loyalitätskonflikt zu befreien, werden abgelehnt. Obwohl sie vortragen, der
andere vernachlässige das Kind oder er habe es sexuell mißbraucht, legen sie
keinen Wert darauf, Bedingungen auszuhandeln, die die Sicherheit des Kindes gewährleisten
würden. Selbst von Fachleuten begleitete Kontakte werden als unzumutbar für
das Kind abgelehnt. Untersuchungsergebnisse, die den abgelehnten Elternteil
entlasten, lassen sie unbeeindruckt und führen nicht dazu, daß sie ihr
Verhalten verändern. Die einzige Lösung, die sie akzeptieren, ist die Einschränkung
oder der Abbruch der Kontakte. In einem der Verfasserin vorliegenden Fall lehnte
eine Mutter den betreuten Umgang der Kinder mit ihrem Vater mit der Begründung
ab, solche Kontakte seien zu gefährlich für das Kind. Obwohl drei Fachleute
unabhängig von einander zu dem Ergebnis gekommen waren, daß es keinerlei
Anhaltspunkte für den von der Mutter erhobenen Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs
gäbe, hat sie sich den Kindern gegenüber weiterhin so verhalten, als sei er
Realität.
2.4. Ausdehnung der
Ablehnung auf die erweiterte Familie
Die Beziehungen des
Kindes zu anderen Familienmitgliedern des abgelehnten Elternteils werden als
genauso schädlich eingestuft, wie die Kontakte zu ihm selbst. Obwohl vorher
liebevolle Beziehungen zwischen Kind und diesen Personen bestanden haben, werden
jetzt Geschenke von ihnen nicht mehr angenommen, Grußkarten nicht beantwortet.
Auf Anrufe reagieren der manipulierende Elternteil und das Kind ärgerlich.
Meist wird die Ablehnung damit erklärt, diese Personen versuchten, die
Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu unterstützen: Ich
will meinen Onkel nicht mehr sehen, weil er mir immer Vorwürfe macht, daß ich
meine Mutter nicht besuche.
2.5. Manipulation von
Fachleuten
Manipulierende Eltern haben das
Ziel, die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu zerstören und
dementsprechend wenig Interesse, mit Fachleuten an der Problemlösung zu
arbeiten. Zu ihrer Strategie gehört es, Fachleute dafür zu gewinnen, die
eigene Einschätzung hinsichtlich des abgelehnten Elternteils zu teilen.
Nicht selten versuchen sie
deshalb, Einfluß auf die Vorgehensweise des Sozialarbeiters[7]
oder Gutachters zu nehmen. Sie lehnen es beispielsweise ab, an einem gemeinsamen
Elterngespräch teilzunehmen oder bestehen darauf, das Kind nur in ihrer
Anwesenheit mit dem anderen Elternteil zusammentreffen zu lassen. Beidesmal wird
der Fachmann/die Fachfrau wichtiger Erkenntnisquellen beraubt. Im ersten Fall
betrifft es die Beobachtung der Elternbeziehung, im zweiten Fall die
Interaktionsbeobachtung zwischen Kind und abgelehntem Elternteil in Abwesenheit
des manipulierenden Elternteils.
Fachleute, bei denen die
Manipulationsversuche scheitern, werden abgewertet oder abgelehnt. Der Vorwurf
lautet dann: der Sozialarbeiter habe den anderen Elternteil nicht richtig
durchschaut, er sei diesem auf den Leim gegangen, habe sich von ihm einwickeln
lassen. So hat die Mutter in dem unter Punkt 2.3 beschriebenen Beispiel das
Ergebnis eines Gutachtens damit erklärt, der Psychologe habe aus Rücksicht
auf die Familie des Vaters den von ihr erhobenen Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs
nicht bestätigt.
Fachleute, zu denen der Kontakt
nicht abgebrochen werden kann, werden häufig mit einer
Dienstaufsichtsbeschwerde belegt. Ziel ist, eine andere Fachperson mit der
Abwicklung zu betrauen.
3. Manöver, die angewandt
werden, um das Bild des Kindes vom anderen Elternteil zu verändern
1. Manipulierende Eltern verbünden
sich mit dem Kind gegen den anderen Elternteil: Wenn du deine Mutter
wirklich nicht sehen willst, kannst du auf mich zählen. Ich werde dir
dabei helfen, daß du zu deinem Recht kommst, anstatt Verantwortung für
das Zustandekommen der anderen Eltern-Kind-Beziehung zu übernehmen. Sie
glauben, ein guter Elternteil zu sein, wenn sie das Kind darin unterstützen,
die Beziehung zum abgelehnten Elternteil nicht zu pflegen. Erwartet wird,
daß der andere den Willen des Kindes akzeptiert. Tut er es nicht, wird seine
“Rücksichtslosigkeit” und “Unfähigkeit”, die Interessen seines Kindes
zu beachten, als Ursache für das ablehnende Verhalten des Kindes herangezogen: Er
nimmt keine Rücksicht auf Peter, deshalb will das Kind nichts von ihm wissen
und ihn auch nicht besuchen und ich kann das verstehen, anstatt dem Kind zu
vermitteln, daß sein Vater oder seine Mutter aus Liebe zu ihm so handelt.
2. Unsicherheiten im
Gerichtsbeschluß werden zu Lasten der anderen Eltern-Kind-Beziehung ausgelegt.
Es wird eine rigide Einhaltung der Besuchszeiten gefordert, anstatt die
notwendige Flexibilität zu zeigen. Ersatz für ausgefallene Besuche wird nicht
erlaubt, es sei denn, dieser wurde gerichtlich erstritten. Schulnoten, Zeugnisse
und Befunde von Ärzten, Psychologen und Erziehern werden an den abgelehnten
Elternteil nicht weitergegeben. Er wird auch nicht über Schulfeste,
Elternabende, Theatervorführungen, Tennis-/Fußballturniere, zu denen
normalerweise beide Eltern eingeladen sind, informiert. Vielmehr wird er bei
Veranstaltungen, die das gemeinsame Kind betreffen, zur “unerwünschten”
Person erklärt. Meist wird eingewandt, wenn beide Eltern da sind, dann belaste
dies das Kind, ohne benennen zu können, wodurch. Es ist allein die Anwesenheit
beider, unabhängig davon was der andere Elternteil tut oder nicht tut, welche
die Belastung für das Kind ausmacht. Die gleiche Haltung wird eingenommen bei
Familienfeiern, Festen oder familiären Ereignissen (z.B. Einschulung,
Konfirmation, Kommunion), an denen normalerweise beide Eltern teilnehmen.
Dadurch wird dem Kind vermittelt, der andere Elternteil ist eine Person, dessen
Anwesenheit Feierlichkeiten “stört” oder “ruiniert”. Ziel ist es, die
eigene Beziehung zum Kind zu Lasten der zweiten Elternbeziehung zu schützen.
Der Mangel an ausreichender Beteiligung des anderen Elternteils entzieht nach
und nach die Basis für die Aufrechterhaltung einer befriedigenden
Eltern-Kind-Beziehung.
3. Die Ausweitung der Kontakte
geht zu schnell, egal wie langsam sie angebahnt werden. Symptome, die das Kind
aufgrund der Trennung zeigt, werden als durch den abgelehnten Elternteil
verursacht definiert. Es wird argumentiert, die Kontakte mit dem Vater / der
Mutter tun dem Kind nicht gut. Sie verunsichern es. Das Kind brauche Ruhe und
Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Verlangt wird, daß die Kontakte
(vorläufig) reduziert oder ausgesetzt werden, bis das Kind psychisch stabil
genug sei, die Kontakte zu verkraften. Übersehen wird, daß es die fehlenden
Kontakte sind, die das Kind verunsichern und belasten. Übernachtungen / Ferien
des Kindes mit dem anderen Elternteil werden abgelehnt. Meist wird argumentiert,
das Kind ertrage die lange Trennung nicht, ohne zu sehen, daß dem Kind eine längere
Trennung vom anderen Elternteil ohne weiteres zugemutet wird. Hohe Feiertage
werden als zu wichtig erachtet, als daß das Kind sie mit dem anderen Elternteil
verbringen könnte. Auch Lösungen, die einen jährlichen Wechsel vorsehen: dieses
Jahr verbringt Peter Heilig Abend zusammen mit dem Vater, nächstes Jahr
zusammen mit der Mutter werden nicht akzeptiert. Solche Manöver sind
geeignet dem Kind zu vermitteln: der andere ist “unwichtig” für dich.
4. Die Bemühungen des
abgelehnten Elternteils, Kontakt zum Kind zu halten, indem er mit ihm
telefoniert, seine Versuche, das Kind zu Besuchen bei ihm zu motivieren,
Absprachen zu treffen, wann sich beide wieder sehen, werden als Störungen im
neuen Familienleben bezeichnet und sind unerwünscht. Der andere Elternteil wird
zum “Unruhestifter” und “Störenfried”. Er ist es, der die Entwicklung
der “neuen” Familie stört und wird für ihre Probleme verantwortlich
gemacht: Alles wäre gut, wenn nur der Vater/die Mutter uns in Ruhe ließe. Seine
Anrufe kommen nie zur richtigen Zeit. Entweder ist das Kind mit seinen
Hausaufgaben beschäftigt oder es ist gerade beim Abendessen, oder es sieht sich
gerade einen interessanten Film im Fernsehen an. Nahezu jede Beschäftigungen
des Kindes ist wichtiger als die Beziehungspflege mit dem anderen Elternteil.
Dies gilt jedoch nicht, wenn Freunde anrufen.
5. Normalerweise verfügen
Eltern über ausreichende Fähigkeiten, ihr Kind zu etwas zu motivieren, das sie
selbst für wichtig erachten. Verantwortungsbewußte Eltern ermuntern deshalb
das Kind, die Beziehung mit dem anderen Elternteil zu pflegen, auch dann, wenn
es nicht in der Stimmung dazu ist. Sie akzeptieren keine Inkonsequenz und keine
leichtfertige Entschuldigung wie: Krankenhausbesuche sind langweilig. Ich
kann verstehen, daß Peter seinen Vater nicht besuchen will, solange dieser im
Krankenhaus liegt. Sie lassen nicht zu, daß das Kind sich dem anderen
Elternteil gegenüber ungebührlich verhält: Ihm die Zunge raus
streckt oder eine lange Nase macht. Manipulierende Eltern nehmen
meist eine gleichgültige Haltung ein, was ungebührliches Verhalten betrifft: Peter
weiß eben, was er von seinem Vater zu halten hat. Dadurch wird dem Kind
die Botschaft vermittelt: Dein Vater ist eine Person, vor der man keine
Achtung haben muß. Oder der manipulierende Elternteil stellt Neutralität
zur Schau, was das Einhalten der Vereinbarungen mit dem abgelehnten Elternteil
betrifft: Peter kann gehen wenn er will, er will eben nicht, was dem Kind
vermittelt: Es ist nicht notwendig, die mit
deinem Vater/deiner Mutter getroffenen Vereinbarungen einzuhalten.
Der gleiche Elternteil würde
das selbe Verhalten seines Kindes nicht tolerieren gegenüber Freunden der
Familie.
6. Die Versuche des abgelehnten
Elternteils, seine Beziehung zum Kind zu sichern, indem er auf die Einhaltung
der vereinbarten Zeiten drängt - und letztendlich auch das Herbeiführen
entsprechender Gerichtsbeschlüsse - werden vom manipulierenden Elternteil als
“Schikane” bezeichnet. Das Kind lernt dies mit der Zeit genauso zu bewerten.
Das Verhalten des abgelehnten Elternteils wird als “gefühl-”, “herzlos”
oder auch als “egoistisch” seinem Kind gegenüber bezeichnet: Er weiß
gar nicht, was er seinem Kind zumutet, wenn er es immer wieder vor das
Gericht zitiert. Er besteht auf seinem "Recht" und ist zu keinen
Kompromissen bereit. Er kann sich nicht in die Lage von Peter versetzen
und hat kein Gefühl dafür, was dieser jetzt braucht. Das Kind erhält die
Botschaft: Ich würde mich niemandem anvertrauen, der sich so rücksichtslos
über die Gefühle und Interessen anderer hinwegsetzt, anstatt ihm zu
vermitteln, daß der andere Elternteil gerne mit ihm zusammen sein möchte. Auch
die Aussage: Du mußt Deinen Vater besuchen, sonst zitiert er uns wieder vor
Gericht enthält keine positiven Anteile, die damit verbunden sind, daß der
Kontakt aufrecht erhalten wird. Der einzige Grund, warum das Kind gehen soll
ist, sich selbst und die Familie vor schlimmen Folgen zu bewahren.
7. Niemand kennt die
verletzlichen Stellen des anderen so gut wie Ex-Eheleute/-Partner.
Manipulierende Eltern benutzen dieses Wissen (bewußt oder unbewußt), um den
anderen Elternteil in Anwesenheit des Kindes zu emotionalen Ausbrüchen zu
veranlassen. Ziel ist, dem Kind die “Charakterschwäche” des anderen vorzuführen.
Den anderen Elternteil in Anwesenheit des Kindes zu reizen, indem man ihn auf
hochemotionale Streitthemen anspricht, stellt sich meist als effektive Methode
heraus, um dem Kind zu vermitteln: Ich würde nicht mit jemandem mitgehen,
der so leicht außer Kontrolle gerät. Du würdest dich besser nicht einer
solchen Gefahr aussetzen.
8. Manipulierende Eltern
verleugnen die Bedeutung des anderen Elternteils auf allen Ebenen. Sie
versuchen, eine Atmosphäre zu schaffen, aus der alles verbannt ist, was an die
frühere Beziehung erinnert, so als ob sie nie existiert habe. Sie sprechen
entweder überhaupt nicht mehr über den abgelehnten Elternteil oder in
abwertender Weise. Es gibt keine Bilder, keine Gegenstände, die an den anderen
erinnern. Geschenke, die das Kind vom abgelehnten Elternteil erhält, müssen
zurückgegeben werden. Anrufbeantworter werden dazu eingesetzt, seine Anrufe
auszusortieren. Wenn sich die Eltern zusammen mit dem Kind zufällig begegnen,
versucht der manipulierende Elternteil, den Kontakt zu vermeiden (selbst
Augenkontakt). Die unausgesprochene Botschaft an das Kind lautet: Schau nicht
hin. Tu so, als ob du ihn/sie nicht gesehen hättest. Das hat nicht nur
den Effekt, daß der abgelehnte Elternteil ausgegrenzt wird, sondern
signalisiert dem Kind: Dein Vater/deine Mutter ist
eine so schlimme Person, daß man noch nicht einmal über ihn/sie sprechen darf.
Nach der Trennung, wenn die
Mutter ihren Mädchennamen wieder annimmt oder wieder heiratet, wird oft
versucht, Namensgleichheit mit den Kindern herzustellen. Die Botschaft, die die
Kinder erhalten ist: Es ist nicht wünschenswert, den Namen des anderen
Elternteils zu tragen. Meist wird der Name von der Mutter als fortgesetzte
Erinnerung erlebt, die verdrängt werden soll.
9. Dem abgelehnten Elternteil
wird nicht erlaubt, die Wohnung zu betreten, sondern er muß vor der Tür auf
das Kind warten. Nicht selten wird ihm auferlegt, nicht an die Tür zu kommen,
um zu läuten, sondern zu hupen und im Auto zu warten. Solche Anordnungen können
gerechtfertigt sein, wenn es zu tätlichen Auseinandersetzungen gekommen ist.
Manipulierende Eltern wenden sie aufgrund befürchteter Gewalt an - ohne
realen Hintergrund.
10. Die Versuche des
abgelehnten Elternteils, sein Kind zu sehen, werden als “eigennützig”
dargestellt. Dem anderen Elternteil gehe es überhaupt nicht ums Kind,
er tue das nur, um eigene “krankhafte” Bedürfnisse zu befriedigen:
den anderen Elternteil oder das Kind zu schikanieren und um Macht ausüben zu
können. Wenn er mit dem Kind Verwandte besucht oder Freunde des Kindes zu
sich einlädt, dann wird das zum Anlaß genommen, ihm vorzuwerfen, er kümmere
sich nicht ausreichend selbst um das Kind. Wenn er versucht, Alltag mit
dem Kind zu leben, wird argumentiert, er unternehme zu wenig mit dem Kind, es
langweile sich bei ihm. Dem Kind wird nicht vermittelt, daß es in seinem
Interesse liegt, wenn der Vater/die Mutter zusammen mit ihm verwandtschaftliche
Beziehungen pflegt und Normalität in die Eltern-Kind-Beziehung einkehren läßt,
anstatt sie auf eine Besuchsbeziehung zu reduzieren.
11. Vom manipulierenden
Elternteil werden Angst-Szenarien initiiert, denen keine realen Erfahrungen
gegenüber stehen. So ist in einem Fall die Mutter mit den Kindern ins
Frauenhaus geflüchtet. Die Kinder wurden instruiert, vor dem Vater wegzulaufen
oder sich zu verstecken, ohne daß die Mutter Anhaltspunkte benennen konnte, die
ihr Verhalten nachvollziehbar gerechtfertigt hätten. In einem anderen Fall
wurde einer Mutter vom Vater die Auskunft über den Aufenthalt ihrer Kinder
verweigert mit dem Argument, es bestehe die Gefahr, daß sie sie entführe. Die
Ursache lag in beiden Fällen in der Angst des manipulierenden Elternteils begründet,
die Kinder zu verlieren. Die Manöver waren jedoch geeignet, den Kindern zu
vermitteln: Dein Vater/deine Mutter ist eine Person, vor der
man Angst haben muß, vor der man sich schützen muß.
4. Indizien für PAS, die
sich aus dem Gespräch mit dem Kind ergeben können
·
Fordert man das Kind auf, seine Mutter und seinen Vater zu beschreiben,
dann fällt auf, daß der manipulierende Elternteil nahezu ausschließlich
positiv, der abgelehnte Elternteil ausschließlich negativ beschrieben wird.
Normalerweise ist ein Kind aber in der Lage, jedem Elternteil sowohl positive
als auch negative Eigenschaften zuzuordnen. Die Frage, ob es sich über den
positiv beschriebenen Elternteil nicht manchmal (auch) ärgere, wird verneint.
Normalerweise kann ein Kind jedoch solche Beispiele unschwer nennen: Er läßt
mich bestimmte Fernsehsendungen nicht sehen. Oder: Ich
muß ins Bett, obwohl ich noch nicht will. PAS-Kinder beschreiben den
manipulierenden Elternteil als nahezu perfekt; so, als ob er nie Dinge verlangen
würde, die Kinder ablehnen. Demgegenüber können sie viel über die
“Schikanen” des abgelehnten Elternteils berichten. Meist beschreiben sie
dann dessen Versuche, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Oft können sie keine
einzige positive Erinnerung an das Zusammensein mit dem abgelehnten Elternteil
benennen. Selbst Situationen auf Fotos, die zeigen, wie beide Spaß daran haben,
gemeinsam zu schwimmen oder Fußball zu spielen, werden abgewertet: Ich habe
nur mitgemacht, weil er es wollte.
·
Fragt man das Kind, warum es seinen Vater/seine Mutter nicht besuchen
will, werden meist lapidare Begründungen gegeben: Ich muß dort immer den
Tisch abräumen oder: Ich habe dort kein eigenes Zimmer.
Werden sie gebeten, ihre ablehnende Haltung näher zu begründen, dann tun sie
dies, indem sie den abgelehnten Elternteil beschuldigen, ein Lügner, Betrüger,
o.ä. zu sein. Fordert man sie auf, diese Anschuldigungen zu konkretisieren,
dann können sie das meist nicht sondern berufen sich auf gehörte
Ereignisse: Meine Mutter hat gesagt, daß mein Vater sie um ihren
Unterhalt betrügt. Elternteil und Kind berufen sich auf die gleichen
Vorkommnisse und sie werden identisch geschildert. Häufig werden die selben
Ausdrücke benutzt, wie sie der manipulierende Elternteil gebraucht, um einen
Vorgang zu beschreiben. Erzählform ist meistens “wir”: Er belästigt uns.
Er hat uns verlassen. Wir sehen ihn nicht mehr.
·
Oder es werden keine kindgerechten Argumente benutzt: Er ist nicht
streng genug mit mir, was meine Hausaufgaben betrifft Oder: Er
will mich ständig mit Geschenken und neuen Spielsachen ködern. Solche
Aussagen spiegeln jedoch Bewertungen Erwachsener wieder und beruhen nicht auf
der Erlebnisweise von Kindern.
·
Weil die Begründungen des Kindes auf gehörten Ereignissen
beruhen und übernommene Einschätzungen und Bewertungen wiedergeben,
passen die gemachten Aussagen häufig nicht zu der gezeigten Mimik und Gestik.
Z.B. lächelt das Kind, wenn es sagt ich bin traurig, wenn ich zur
Mama muß. Oder es beschreibt erfahrene Leiden ohne emotionale Beteiligung.
Eine Gutachterin hat das Verhalten eines 5jährigen Mädchens folgendermaßen
wiedergegeben: Bei langen Berichten über sexuelle Mißbrauchshandlungen
veränderte sich ihr Ausdrucksverhalten mehrmals. Sie setzte sich dann
betont dicht und gerade vor das Aufnahmegerät, sprach lauter und deutlicher,
mehrmals wirkte sie freudig. Bei keinem ihrer Berichte kamen Begleitgefühle
eines verletzenden Erlebnisses zum Ausdruck in Form von Schreck, Angst,
Verzweiflung o.ä.
5. PAS und die
Interessenvertretung des Kindes
5.1. PAS und Kindeswille
Sozialarbeiter, die mit dem Phänomen
PAS nicht vertraut sind, laufen Gefahr, sich als Sprachrohr des Kindes zu
verstehen. Sie verbünden sich mit dem Kind und versuchen, seinen Aussagen
Gewicht zu verschaffen. Sie machen sich nicht klar, daß die Fähigkeit des
Kindes eingeschränkt sein kann, selbst darüber zu bestimmen, was gut für es
ist.
PAS-Kinder nehmen an, wenn sie
sich nicht verhalten, wie der manipulierende Elternteil und den anderen
Elternteil ebenso ablehnen wie dieser, dann riskieren sie, selbst abgelehnt zu
werden. Sie machen die Erfahrung, daß ihre Liebe zum abgelehnten Elternteil und
ihre Sehnsucht, von diesem geliebt zu werden “falsch” sind und übernehmen
mit der Zeit die Bewertungen und Beurteilungen des manipulierenden Elternteils: Deine
Mutter/dein Vater ist keine liebenswerte Person. Was Kinder in solchen
Situationen brauchen ist Hilfe, ihre eigenen Gefühle wieder wahrzunehmen, sich
selbst wieder vertrauen zu können. Es nutzt den Kindern nichts, sich an ihrem
geäußerten Willen zu orientieren. Deshalb dürfen Entscheidungen nicht auf den
Willensbekundungen des Kindes aufgebaut werden. Statt dessen muß sich der
Sozialarbeiter an den objektiven Interessen des Kindes orientieren: beide Eltern
lieben zu dürfen und von beiden Eltern geliebt zu werden.
Gardner unterscheidet leichte,
mittelschwere und schwere Ausprägungen von PAS beim Kind.
Leichte Form:
Das Kind entwickelt mit Unterstützung des manipulierenden Elternteils
Ablehnungsszenarien, die diesem eine gute Position im Elternstreit (z.B. im
Streit ums Sorgerecht) verschaffen. Zu Besuchen beim anderen Elternteil, verhält
sich das Kind meist ambivalent: Ich hab den Papa gern und ich will ihn
auch besuchen, aber nur, wenn ich Lust dazu habe. Das Kind ist in der Lage,
seine Zuneigung zum anderen Elternteil auch in Anwesenheit des manipulierenden
Elternteils auszudrücken.
Mittelschwere Form: Das
Kind verfügt über bestimmte Szenarien, die seine abwehrende Haltung belegen,
aber sie werden aufgegeben, wenn es alleine mit dem abgelehnten Elternteil ist.
In Anwesenheit beider Eltern schlägt es sich auf die Seite des manipulierenden
Elternteils. Typischerweise nimmt die Abwehrhaltung des Kindes ab, je weiter der
manipulierende Elternteil entfernt ist. Beispielsweise sagte ein 5jähriges Mädchen
in Anwesenheit beider Eltern, sie könne ihren Vater nicht leiden und wolle ihn
deshalb nie wieder besuchen. Während der gesamten Gesprächsdauer nahm das Kind
keinerlei Kontakt (auch keinen Augenkontakt) mit dem abgelehnten Elternteil auf
und bewegte sich nicht von der Mutter (manipulierender Elternteil) weg, sondern
blieb eng an sie geschmiegt sitzen, ständig den Augenkontakt zu ihr suchend.
Bei einem weiteren Gespräch befand sich das Kind mit dem Vater im Spielzimmer,
die Mutter saß vor der Tür. Auch jetzt nahm das Mädchen keinen Kontakt mit
dem Vater auf und ließ sich auf keines seiner Spielangebote ein. Beim Besuch
des Kindes beim Vater zu Hause - die Mutter war diesmal nicht in der Nähe - bot
sich ein anderes Bild. Obwohl das Kind noch auf dem Weg dorthin bekräftigte, es
könne seinen Vater nicht ausstehen, kam es nach einer kurzen Anwärmphase zu
gemeinsamen Aktivitäten. Das Mädchen suchte bald die körperliche Nähe zum
Vater und genoß das Zusammensein sichtlich. Am Ende des Besuchs ließ es sich
vom Vater versichern, daß sie sich bald wieder treffen würden.
Schwere Form:
Das Kind reagiert panisch, wenn Besuche beim abgelehnten Elternteil in Aussicht
gestellt werden. Seine feindlichen Gefühle gegenüber dem zweiten Elternteil können
so schwer sein, daß Kontakte unmöglich erscheinen. Anders als in milden oder
mittelschweren Formen läßt das ablehnende Verhalten nicht nach, wenn es
alleine mit dem abgelehnten Elternteil ist. Veränderungen in diesem letzten
Stadium sind innerhalb der gegebenen Familiensituation nur noch schwer oder überhaupt
nicht herbeizuführen. Hier ist die Herausnahme des Kindes aus dem Umfeld des
manipulierenden Elternteils angezeigt und die vorübergehende Unterbringung des
Kindes an einem neutralen Ort (z.B. bei neutralen Großeltern, geeigneten
Pflegeeltern oder im Kinderheim), um die Umsiedlung des Kindes in den Haushalt
des abgelehnten Elternteils vorzubereiten.
Der Interessenvertreter des
Kindes muß beachten, daß PAS-Kinder veranlaßt werden müssen, etwas zu tun,
von dem sie behaupten, es nicht zu wollen. Kinder, die sich weigern, den anderen
Elternteil zu besuchen, sind meist bereit, einer autoritären Anweisung zu
folgen. Der Sozialarbeiter kann dem Kind erklären, daß bei Scheidung der
Richter anordnet, daß das Kind mit beiden Eltern Zeit verbringt, weil es das
Beste für das Kind ist. Er kann dem Kind versprechen, dabei behilflich zu sein,
den Wechsel von einem Elternteil zum anderen und die Kontakte so unproblematisch
wie möglich zu machen. Bestehende Gerichtsentscheidungen sind allerdings
einzuhalten. Der Sozialarbeiter muß damit umgehen können, deswegen vom Kind
kritisiert zu werden und bereit sein, als Verantwortlicher dafür zu dienen, daß
das Kind geht: Ich hasse diesen Sozialarbeiter. Er sagt, ich muß meinen
Vater besuchen. Ich hasse meinen Vater. Das weißt du Mama. Ich liebe
dich und ich will nicht gehen, aber ich muß. Auf diese Weise wird der
Sozialarbeiter als Vehikel benutzt und das Kind von Schuld und Verantwortung für
die Entscheidung gegenüber dem anderen Elternteil befreit.
Manipulierende Eltern sind häufig
nicht bereit, ergangene Umgangsbeschlüsse überhaupt oder in vollem Umfang zu
erfüllen. Zur Begründung wird meist der Kindeswille herangezogen und versucht,
Gespräche, die der Umsetzung der Entscheidung dienen, auszuweiten auf die
Frage, ob sie umzusetzen ist bzw. warum sie nicht umgesetzt werden kann.
Deshalb darf der Sozialarbeiter auch ihnen gegenüber keine Zweifel aufkommen
lassen, daß rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen Folge zu leisten ist.
Falsch ist es, so zu tun, als läge es (jetzt noch) im Ermessen der Eltern,
solche Entscheidungen eigenmächtig einseitig abzuändern.[8]
Tatsache ist, daß die Eltern ihre Entscheidungsmacht mit dem Herbeiführen
einer Gerichtsentscheidung an den Richter delegiert haben. Dazu ist es in der
Regel gekommen, weil sie sich nicht einigen konnten. Deshalb kann es anschließend
nur noch darum gehen, was die Eltern tun können, damit die richterliche
Entscheidung in der Praxis funktioniert. Das ist der Preis, den unversöhnliche
Eltern bezahlen.[9]
Deshalb sollte der Sozialarbeiter klar herausstellen, welche juristischen
Konsequenzen solche Abänderungen nach sich ziehen können.
Wenn die Umsetzung einer
Gerichtsentscheidung an der fehlenden Mitarbeit eines Elternteils scheitert, muß
er sich gemäß § 50 (3) Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) ans Gericht
wenden und geeignete Konsequenzen einfordern: Erteilung von Auflagen, Anordnung
von Zwangsmitteln, Abänderung des Sorgerechts. Das ist notwendig, um die Gefahr
für das Kind abzuwenden, daß dessen Beziehung zu einem Elternteil beeinträchtigt
wird und vom manipulierenden Elternteil unumkehrbare Fakten geschaffen werden.
Das Gericht wird dadurch in die Lage versetzt, entsprechende Konsequenzen
eintreten zu lassen. Erfahrungsgemäß sind es die drohenden Folgen, die Eltern
zu kooperativem Verhalten bei der Umsetzung richterlicher Entscheidungen
bewegen.
Der Sozialarbeiter muß damit
rechnen, daß der manipulierende Elternteil sich vehement gegen seine
Arbeitsweise wehrt. Er wird ihn wegen seines autoritären Vorgehens gegenüber
dem Kind angreifen und viele Argumente anführen, die dagegen sprechen. Er wird
sogar damit drohen, sich über den Sozialarbeiter zu beschweren, weil er das
Kind veranlasse etwas zu tun, was dieses eigentlich nicht wolle. Es ist wichtig,
daß der Sozialarbeiter solchen Androhungen stand hält.
Führt der manipulierende
Elternteil an, die Umsetzung des Beschlusses scheitere an der Bereitschaft des
Kindes, dann sollte sich der Sozialarbeiter in die Lage versetzen selbst zu
beurteilen, ob die Ablehnung des Kindes bereits so stark verinnerlicht wurde, daß
persönliche Kontakte nicht mehr durchführbar erscheinen. Er muß seine eigene
Beurteilung (nicht die des manipulierenden Elternteils) zur Grundlage von
Entscheidungen machen. Deshalb sollte er sich durch die gemachten Schilderungen
nicht davon abhalten lassen, selbst einen Kontaktversuch zu unternehmen. Dazu
sollte er eine Übergabesituation begleiten. Das gibt ihm die Möglichkeit zu
beobachten, wie die Eltern mit dem Kind umgehen und zu erkennen, welche
negativen Effekte den Wechsel des Kindes von einem zum anderen Elternteil
behindern. Da zu erwarten ist, daß die Abwehrhaltung des Kindes dann am größten
ist, wenn beide Eltern anwesend sind, ist es sinnvoll, eine Übergabesituation ohne
den manipulierenden Elternteil zu initiieren. Der Sozialarbeiter vereinbart
mit dem manipulierenden Elternteil, das Kind zu einem bestimmten Zeitpunkt zu überbringen.
Er bleibt dann eine Zeitlang mit dem Kind allein, später kommt der andere
Elternteil dazu, oder der Sozialarbeiter geht zusammen mit dem Kind in die
Wohnung des abgelehnten Elternteils.[10]
Haben längere Zeit keine
Kontakte zwischen Kind und abgelehntem Elternteil stattgefunden, kann der
Sozialarbeiter mit den Eltern vereinbaren, daß das Kind zunächst z.B. einmal wöchentlich
zu ihm kommt, um Post vom abgelehnten Elternteil in Empfang zu nehmen, Briefe zu
beantworten und mit diesem zu telefonieren. So wird der Sozialarbeiter vorübergehend
die Verbindung zwischen Kind und abgelehntem Elternteil. Dieser geschützte
Rahmen bietet dem Kind häufig das erste Mal seit längerer Zeit die Chance,
unbeobachtet mit dem abgelehnten Elternteil zu kommunizieren.
So vorzugehen hat den Vorteil,
daß der Sozialarbeiter seine Erfahrungen, Beobachtungen und Einschätzungen dem
Gericht zur Verfügung stellen kann, anstatt sich auf die Darstellungen und
Beurteilungen der Eltern zu beschränken. Die Eltern lassen sich in der Regel
auf diese Vorgehensweise ein, wenn der Sozialarbeiter ihnen erklärt, daß er
sich selbst einen Eindruck verschaffen muß, wenn er den Eltern und dem Gericht
dabei behilflich sein soll, die im Interesse des Kindes notwendigen
Entscheidungen zu treffen.
5.2. Die Arbeit mit dem
abgelehnten Elternteil
Abgelehnte Eltern sehen sich häufig
vor zwei Möglichkeiten gestellt:
·
sich dem Wunsch des Kindes zu fügen und sich zurückzuziehen
(was
weder im Interesse des Kindes noch im eigenen liegt)
·
oder um den Erhalt der Beziehung zu kämpfen
(was
dann den Konflikt zwischen den Eltern noch verstärkt).
Ihr Angebot, gemeinsam einen
Fachmann aufzusuchen, um die bestehenden Probleme zu beseitigen, wird meist vom
manipulierenden Elternteil abgelehnt: Daß das Kind nicht zu ihm will, ist
sein Problem. Ich habe damit nichts zu tun. Deshalb fühlen sich abgelehnte
Elternteile häufig ungerecht behandelt und hilflos. Meist haben sie große
Angst, das Kind zu verlieren und sind unsicher, wie sie sich verhalten sollen.
Eltern, die glauben, es sei besser für ihr Kind, es dem anderen Elternteil zu
überlassen, ziehen sich zurück. Nicht selten entwickeln sie psychische oder
psychosomatische Krankheiten. Andere wenden sich an das Gericht oder an die
Jugendhilfe, in der Hoffnung, mit deren Hilfe zu ihrem “Recht” zu kommen.
Sie möchten so schnell wie möglich das ihnen zustehende Umgangsrecht im üblichen
Umfang zugesprochen bekommen. Oft erwarten sie, daß endlich ein Fachmann dem
manipulierenden Elternteil die Meinung sagt und ihn zur Ordnung ruft. Nicht
selten glauben sie, es würde genügen, ihnen ausreichend Zeit mit dem Kind
zuzusprechen, um das Problem zu lösen. Meist ist jedoch zunächst notwendig,
die angegriffene Verbundenheit mit dem Kind zu stärken. Das erfordert Geduld
und stellt Anforderungen an ihre Fähigkeit, die Beziehung zum Kind durch
empathisches Verhalten wieder zu festigen. Sie müssen lernen, die Abwertungen
und Unterstellungen des Kindes zu ertragen, ohne ärgerlich darüber zu werden.
Mit Ärger zu reagieren, schwächt die innere Verbundenheit noch mehr und stützt
das negative Bild im Kind. Auch wenn der Ärger noch so berechtigt ist, müssen
sie ihn unter Kontrolle halten, um diesen Effekt zu vermeiden.
Sie müssen lernen, daß sich
das PA-Syndrom des Kindes nicht dadurch beseitigen läßt, indem sie den
manipulierenden Elternteil dafür verantwortlich machen. Es ist wichtig, ruhig
und konstruktiv zu bleiben. Das stellt hohe Anforderungen an ihre
Selbstdisziplin, ist aber nicht unmöglich, wenn sie umfassend über die
Mechanismen aufgeklärt sind, die beim manipulierenden Elternteil und beim Kind
wirken.
Wenn das Kind Botschaften des
anderen Elternteils überbringt: Die Mama will wissen, wann du endlich
den vollen Unterhalt bezahlst, dann neigen sie häufig dazu, sich zu
verteidigen. Sie fangen an, ihre Sicht der Dinge darzulegen und zu
argumentieren, in der Hoffnung, das Kind von ihrer Wahrheit überzeugen
zu können. Dadurch wird aber der Loyalitätskonflikt des Kindes verstärkt.
Deshalb müssen sie lernen, das Kind aus dem Konflikt zu entlassen, anstatt es
ebenfalls hineinzuziehen. Oder sie reagieren so, als ob der andere Elternteil
sie ausgesprochen hätte: Das sieht deiner Mutter/deinem Vater wieder
ähnlich, werden wütend und machen ihrem Ärger über diese Person Luft,
was das negative Bild im Kind bestätigt. Manchmal beantworten sie die Aussagen
des Kindes, indem sie den anderen Elternteil dafür verantwortlich machen: Das
stimmt doch gar nicht, was du da sagst. Das hat dir doch nur die Mama
eingeredet. Zum einen kann das beim Kind dazu führen, daß es sich von ihm
(im zuvor geschilderten Beispiel vom Vater) nicht ernst genommen fühlt. Zum
andern kann es das Kind veranlassen, den manipulierenden Elternteil (mit dem es
sich meist überidentifiziert) zu verteidigen und dadurch das Bild, der Vater
sei der Angreifer (der Böse), verstärkt wird.
Abgelehnte Eltern brauchen
Unterstützung, die Situation auszuhalten (anstatt das Feld zu verlassen) und
die notwendige Geduld aufzubringen. Sie müssen Fertigkeiten entwickeln, die sie
in die Lage versetzen, selbst Veränderungen herbeizuführen, anstatt vom
anderen zu fordern, er solle seine Manipulationen unterlassen. Sie müssen mit
der Situation fertig werden, daß es in ihrer Lage meist keine sofortige und
manchmal auch gar keine Lösung mehr gibt. Die einzige Möglichkeit, die ihnen
dann noch bleibt, ist den Loyalitätskonflikt zu lockern, in dem ihr Kind
gefangen ist. Die Kinder erfahren zu lassen, daß sie liebende, kompetente,
zuverlässige Eltern sind, ist die beste Möglichkeit, die Beziehung mit dem
Kind wieder zu festigen und das verinnerlichte Bild zu verändern.
5.3. Die Arbeit mit dem
manipulierenden Elternteil
Manipulierende Eltern brauchen
Hilfe dabei, die Bedeutung des anderen Elternteils für das Kind zu sehen und zu
akzeptieren. Sie sind auf Unterstützung angewiesen, um zu erkennen, welche
Botschaften sie dem Kind vermitteln, welchen Beitrag sie zum “nein” des
Kindes leisten und müssen lernen, (wieder) Verantwortung für die zweite
Elternbeziehung zu übernehmen.
Aufgabe des Sozialarbeiters ist
es, ihnen dabei zu helfen, die Wirkungen ihres Verhaltens auf das Kind zu
verstehen. Er kann sie darin anleiten, Situationen zu schaffen, die ein “ja”
des Kindes zum anderen Elternteil erleichtern. Meist brauchen die Eltern auch
Hilfe dabei, das Verhalten des Kindes: Ich will die Mama heute nicht
besuchen, als Koalitionsangebot zu erkennen und müssen lernen, sich nicht
weiterhin zwischen den anderen Elternteil und das Kind zu stellen, indem sie
sein Angebot annehmen. Sie müssen lernen, was die Beziehungspflege des Kindes
zum anderen Elternteil betrifft, sich konsequent zu verhalten anstatt
“neutral” zu sein und wie sie ihrem Kind Vorbild sein können, ohne sich
selbst zu überfordern.
Gardner unterscheidet auch hier
zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Ausprägung.
Leichte Form:
Der Elternteil registriert, daß die Entfremdung vom anderen Elternteil für das
Kind nicht gut ist. Dennoch sind manipulative Elemente im Verhalten des
Elternteils zu entdecken. Im Vordergrund des Handelns steht Angst, manchmal auch
ein wenig Rache, vorrangig ist jedoch das Ziel, die eigene Position im Kampf ums
Kind (oder Sorgerecht) zu stärken.
Mittelschwere Form:
Nachdem die Umgangskontakte nach der Trennung zunächst einigermaßen
funktionierten, treten plötzlich Störungen auf. Es werden immer häufiger
Argumente und Entschuldigungen gefunden, warum das Kind den anderen Elternteil
nicht besuchen kann/soll. Unmerklich fallen immer mehr Besuchskontakte aus und
bedrohen die Kontinuität der Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil. Es
werden immer wieder Möglichkeiten gefunden Gerichtsentscheidungen zu umgehen.
Meist werden sie nur unter großem Druck (Androhung von Sanktionen oder dem
Entzug des Sorgerechts) befolgt. Manchmal ist es Rache, was Eltern so handeln läßt.
Häufig liegt das Motiv des manipulierenden Elternteils im Bedürfnis nach
ungeteilter Zuneigung des Kindes. Dahinter steht meist der Wunsch nach Abhängigkeit
und Gebraucht werden. Der eigene Selbstwert ist eng gekoppelt mit der Bedeutung
für das Kind: Es braucht mich. Häufig war die
Eltern-Kind-Beziehung schon während der Ehe durch ein Exklusivität
beanspruchendes und überbehütendes (overprotection) Verhalten des
manipulierenden Elternteils geprägt. Der zweiten Elternbeziehung wurde weit
weniger Bedeutung beigemessen und sie unterlag der Kontrolle durch den
manipulierenden Elternteil: Ich weiß besser, was für das Kind gut ist. Durch
die eigenständigen Kontakte des Kindes zum anderen Elternteil sieht der
manipulierende Elternteil sein Bedürfnis nach Exklusivität und damit seinen
Selbstwert gefährdet. Es ist deshalb nicht Liebe zum Kind, was Eltern so
handeln läßt - auch wenn sie das immer wieder betonen - sondern eigene Bedürftigkeit.
Schwere Form: Solche
Eltern versuchen alles, um die Kontakte zwischen Kind und anderem Elternteil zu
verhindern. Nicht selten ziehen sie mit dem Kind aus, ohne dem anderen
Elternteil mitzuteilen, wo sich die Kinder befinden. Ihre Haltung ist geprägt
von Panik, das Kind an den anderen Elternteil zu verlieren. Sie sind überzeugt
davon, daß der Kontakt mit dem abgelehnten Elternteil dem Kind schadet. Sie
lassen sich weder durch Logik noch durch Konfrontation mit der Realität von
ihrer Haltung abbringen. Selbst Gerichtsurteile oder Gutachten, die bestätigen,
daß der andere Elternteil nicht dieser schlechte Mensch ist, ändern an ihrer
Überzeugung nichts und auch nicht an ihren Manövern.
Der manipulierende Elternteil
kann sich seines Verhaltens bewußt, tendenziell bewußt oder völlig unbewußt
sein. Gardner beschreibt das Bewußtsein als fließendes Kontinuum mit der
Tendenz, sich mehr und mehr in Richtung unbewußter Automatismus zu bewegen. Während
bei milder und mittelschwerer Ausprägung gute Aussichten bestehen, Veränderungen
im Interesse des Kindes durch die Arbeit mit beiden Eltern herbeizuführen,
besteht diese Chance bei der schweren Form nicht.
Manipulierende Eltern der
dritten Kategorie verfügen über wenig Kapazität zur Selbstreflexion, sie sind
unfähig ihre eigenen Einschränkungen zu erkennen, oder zu realisieren, in
welcher Weise sie zum Problem beitragen. Ihre Motivation zur eigenen Veränderung
ist minimal. Die einzige Chance, dem Kind Einschränkungen in seiner Persönlichkeitsentwicklung
zu ersparen, besteht dann darin, das Kind in den Haushalt des abgelehnten
Elternteils wechseln zu lassen. Dazu sind die aus dem Wechsel des Kindes in den
Haushalt des anderen Elternteils resultierenden möglichen kurzfristigen
Belastungen in Beziehung zu setzen mit den langfristigen Folgen, die daraus
resultieren, daß das Kind die zweite Elternbeziehung nicht unbeschwert leben
kann oder sogar ganz verliert.
Einen Wechsel von einem
Elternteil zum anderen können Kinder in der Regel verkraften. Dem
manipulierenden Verhalten eines Elternteils ausgesetzt zu bleiben, beeinträchtigt
ihre Lebensqualität erheblich und das lebenslang. Die Erfahrung zeigt, daß in
den meisten Fällen nach einer Phase der kurzfristig erhöhten Belastung für
alle Familienmitglieder schnell wieder der Alltag einkehrt und sich die
Beziehungen zu beiden Eltern normalisieren.
5.4. Rechtzeitiges
Intervenieren ist der effektivste Schutz des Kindes
Die Zerstörung der zweiten
Elternbeziehung und die Veränderung des Bildes im Kind ist ein prozeßhaftes
Geschehen. Ist die Endstufe der Manipulation erreicht (vergleiche schwere Form
unter Punkt 5.1), ist das Kind überzeugt, daß es besser ist, ausschließlich
mit dem manipulierenden Elternteil zusammen zu sein und fürchtet sich vor einem
Zusammenleben mit dem anderen Elternteil. Es glaubt, der andere Elternteil sei
sein Feind, jemand der es nicht liebt und unfähig ist, es zu versorgen und zu
beschützen. Ein Wechsel in den Haushalt des abgelehnten Elternteils fühlt sich
für das Kind an, als müßte es im feindlichen Lager leben.
Zur Strategie von
manipulierenden Eltern gehört es, juristische Verfahren in die Länge zu
ziehen, um genügend Zeit zu haben, das Kind auf ihre Seite zu bringen. Denn je
länger das Kind dem manipulativen Verhalten ausgesetzt ist, desto effektiver
wird die Veränderung des Bildes vom anderen Elternteil im Kind und je sicherer
kann der manipulierende Elternteil sein, daß das Kind das gewünschte Verhalten
zeigt. Aber je länger die notwendigen Interventionen hinausgezögert werden,
desto schwieriger wird es, das Syndrom noch effektiv zu stoppen. Daher ist es
wichtig, PAS frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu intervenieren. Dem
Sozialarbeiter kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Er ist häufig der erste
(oder sogar einzige) pädagogische Fachmann, der mit der Familie in Kontakt
kommt (§ 50 KJHG). Er hat die Möglichkeit, von sich aus auf die Familie
zuzugehen und das Gericht auf die erforderlichen Maßnahmen hinzuweisen, wenn
die Eltern auf freiwilliger Basis nicht bereit sind, Voraussetzungen für eine
gesunde Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu schaffen.
5.5. PAS und die
Notwendigkeit von Zwang
Viele Sozialarbeiter, Gutachter
und Richter scheuen sich, Zwangsmaßnahmen oder den Entzug des Sorgerechts
einzufordern bzw. anzuordnen, wenn Eltern Gerichtsentscheidungen boykottieren
oder nicht bereit oder in der Lage sind, ihr Verhalten im Interesse des Kindes
zu verändern.
Argumentiert wird damit, Zwang
gegen den manipulierenden Elternteil verstärke die Angst des Kindes, diesen
Elternteil zu verlieren. Das läßt aber übersehen, in welchem Dilemma das Kind
steht. Dessen Verleugnen seiner Liebe zum anderen Elternteil geschieht nicht
freiwillig, sondern ist aufgezwungen. Das Kind verzichtet darauf, seine Bedürfnisse
und Wünsche hinsichtlich des anderen Elternteils zu äußern, weil es sich
sonst Konflikten mit dem manipulierenden Elternteil aussetzt, was die eigene
Beziehung zu dieser Bezugsperson belastet (oder aus Sicht des Kindes sogar gefährdet).
Das Verhalten des Kindes dient deshalb in erster Linie der Konfliktvermeidung
mit diesem Elternteil. Das Kind macht einen fatalen Lernprozeß durch: Es muß
die eigenen Bedürfnisse unterdrücken, um die Beziehung zum manipulierenden
Elternteil zu sichern. Das Verhalten des Kindes richtet sich in erster Linie
an den Bedürfnissen des manipulierenden Elternteils aus: Es reduziert dessen
Ängste, das Kind zu verlieren. Dieser Prozess geht aber zu Lasten
des Kindes, behindert dessen Autonomieentwicklung und die andere
Eltern-Kind-Beziehung. Interventionen müssen deshalb der Tatsache Rechnung
tragen: Das ablehnende Verhalten des Kindes ist Ausdruck eines elterlichen
Defizits.
Oder es wird argumentiert, ein
Wechsel des Kindes zum anderen Elternteil berge die Gefahr, daß sich anschließend
der manipulierende Elternteil vom Kind zurückziehe und auf diese Weise für das
Kind wiederum nicht verhindert werden könne, daß es einen Elternteil verliere.
Auch bei dieser Sichtweise wird das elterliche Defizit des manipulierenden
Elternteils nicht in Rechnung gestellt. Zum anderen wird übersehen, daß der
Wechsel des Kindes in den Haushalt des abgelehnten Elternteils nicht zwangsläufig
dazu führt, daß der manipulierende Elternteil sich vom Kind zurückzieht. Zum
Dritten wird dem Umstand nicht Genüge getan, daß es für das Kind einen
Unterschied macht, ob es mit dem Elternteil aufwächst, der seine Freiheit, den
anderen Elternteil zu lieben, beeinträchtigt, oder mit dem, der bereit ist,
seine Bedürfnisse hinsichtlich des anderen Elternteils zu stützen und zu fördern,
auch (oder gerade) dann, wenn die Gefahr besteht, daß der Kontakt zwischen
Elternteil und Kind reißt. Dieser Unterschied besteht darin, daß das Handeln
des abgelehnten Elternteils in Einklang steht mit den kindlichen Bedürfnissen.
Er ist in der Lage, das Kind darin zu unterstützen, den Kontakt zum
manipulierenden Elternteil zu suchen und ihm bei der Bewältigung der Situation
zu helfen, einen Elternteil zu haben, der sich nicht kümmert.
Beide Argumentationsweisen
lassen aber auch außer Acht, daß manipulierende Eltern unter dem Eindruck
eines bevorstehenden Sorgerechtsentzugs häufig doch noch zu einer Änderung
ihres Verhaltens oder zur Inanspruchnahme von Beratungsangeboten bereit sind.
Figdor führt in seinem beachtenswerten Aufsatz Über die Befindlichkeit
von Kindern nach Trennung und Scheidung[11]
zum Problem rechtlicher Zwangsmaßnahmen aus “(...) Ein großer Teil der
Eltern, die von sich aus nicht bereit sind, professionelle Hilfe in Anspruch zu
nehmen, sind keineswegs strikt gegen solche Hilfeangebote, sondern haben dazu -
wie übrigens auch die freiwilligen Patienten - eine ambivalente Einstellung.
Nur überwiegen im Gegensatz zu den “freiwilligen” Klienten die gegen
die Beratung gerichteten Motive”. An anderer Stelle[12]
ist von Figdor zu lesen “(...) Äußere Einflüsse, wie z.B. das öffentliche
Bewußtsein, gesetzliche Regelungen des Sorgerechts, familiengerichtliche Sprüche
aber auch Strafandrohungen üben nämlich nicht bloß einen mehr oder minder großen
Anpassungsdruck auf das Individuum aus, dem es sich letztlich entzieht, weil ihm
das Verlangte widerstrebt; solche Einflüsse wirken auch direkt auf das Stärkeverhältnis
der widerstrebenden Handlungsmotive.” (Ich will, daß es meinem Kind gut geht
- ich will mich nicht belasten; Einfügung der Verf.)
Richtig ist, daß weder
Jugendamt noch Gericht Eltern zwingen können, ihre Einstellung bezüglich der
Bedeutung des anderen Elternteils für das Kind zu verändern und die
manipulierenden Handlungen zu unterlassen. Es können aber Rahmenbedingungen
geschaffen werden, die Veränderungen begünstigen: sie einzufordern, anstatt
sich mit der Weigerung abzufinden.
5.6. PAS und Sorgerecht
Manipulierende Eltern streben
in der Regel das alleinige Sorgerecht an. Sie wollen künftig alleine über die
Belange des Kindes bestimmen können. Es fehlt die Bereitschaft, weiterhin
Verantwortung dafür zu übernehmen, daß das Kind zwei gute Elternbeziehungen
hat. Es wird als gutes Recht angesehen (oder es bestehen zumindest keine
Bedenken), den anderen aus der Elternverantwortung auszugrenzen. Seine
Beteiligung an Elternaufgaben ist unerwünscht. Ziel ist es, sich mit Hilfe der
Sorgerechtsentscheidung eine Vormachtstellung zu verschaffen, um den anderen aus
seiner Elternverantwortung ausgrenzen zu können: Alles was das Kind betrifft,
ist allein meine Sache, und geht dich nichts an. Deshalb brauche ich dich
auch nicht zu informieren oder dich in Entscheidungen einzubeziehen.
Es besteht keinerlei Unrechtsbewußtsein dafür, was dem Kind und dem anderen
Elternteil genommen wird. Die Ausgrenzung des anderen Elternteils wird meist
damit begründet, daß man sich nicht einigen könne. Worüber sich die Eltern
nicht verständigen können und was genau die Fortsetzung der gemeinsamen
Elternschaft unmöglich macht, bleibt jedoch meist ungeklärt. Beratung und
Mediation werden als aussichtslos abgelehnt, obwohl keine entsprechenden
Versuche unternommen wurden. Auch die Angebote des abgelehnten Elternteils,
einen differenzierten Elternplan aufzustellen, indem eigene
Verantwortungsbereiche für jeden Elternteil festgelegt und Absprachen darüber
getroffen werden, was die Rücksprache mit dem anderen Elternteil erfordert,
werden abgelehnt. Die einzige Lösung, die akzeptiert wird, ist die Ausgrenzung
des anderen Elternteils aus der Elternverantwortung.
Die Erfahrung zeigt: wird in
Familien mit PAS das bestehende Muster nicht unterbrochen, verstärkt sich das
ausgrenzende Verhalten und erfährt seine Fortsetzung auf der Ebene der
Besuchskontakte: dem erfolgreich verlaufenden Versuch, den abgelehnten
Elternteil aus der Elternverantwortung auszugrenzen, anstatt ihn zu integrieren,
folgt dann der Versuch, ihn aus dem Leben des Kindes zu
eliminieren. Die Tatsache, daß manipulierende Eltern nicht bereit oder in
der Lage sind, Verantwortung dafür zu übernehmen, daß das Kind über zwei gute
Elternbeziehung verfügt, macht sie als Inhaber der alleinigen elterlichen
Sorge ungeeignet. Denn es ist die Aufrechterhaltung der zweiten
Elternbeziehung, die Einschränkungen in der Persönlichkeitsentwicklung des
Kindes vermeidet. Daher muß bei der Sorgerechtsentscheidung der Beziehungstoleranz
als Kriterium dafür, welcher Elternteil am ehesten in der Lage ist, das
Kindeswohl zu schützen, entsprechendes Gewicht beigemessen werden.[13]
Es ist die Aufgabe des
Sozialarbeiters, das Gericht darüber zu informieren, wer durch die Verweigerung
der Kooperation mit dem anderen Elternteil und die mangelnde Unterstützung
(oder Bekämpfung) der zweiten Elternbeziehung die Kontakte des Kindes zu seinem
Vater/zu seiner Mutter behindert, gefährdet oder verhindert. Denn die Weichen für
den Verlust des zweiten Elternteils werden früh gestellt. Untersuchungsergebnis
ist, daß die meisten Kinder den Kontakt zum anderen Elternteil innerhalb
eines Jahres verlieren. In allen Familien, in denen es zum Kontaktabbruch
kam, war der abgelehnte Elternteil aus der Elternverantwortung ausgegrenzt und
wurde von den Erwachsenen als nicht mehr zur Familie gehörend betrachtet.
Kontakte zwischen den Eltern fanden nicht statt oder wurden von einem Elternteil
abgelehnt. Dagegen behielten in den Familien, in denen die Eltern in
Verbindung blieben und die notwendigen Informationen austauschten, alle Kinder
Kontakt zu beiden Eltern.[14]
Manipulierende Eltern der
Kategorie 1 (und häufig auch der Kategorie 2) sind angesichts der drohenden
Konsequenz, das Sorgerecht für ihr Kind zu verlieren, meist bereit, doch noch
mit dem anderen Elternteil zusammenzuarbeiten oder entsprechende Hilfsangebote
in Anspruch zu nehmen. Eltern der Kategorie 3 lassen solche Drohungen allerdings
eher unbeeindruckt, was den Wechsel des Kindes in den Haushalt des anderen
Elternteils notwendig macht. Zum Zeitpunkt der juristischen Scheidung kann ein
solcher Wechsel meist noch problemlos erfolgen, weil die innere Verbundenheit
zwischen Kind und zweitem Elternteil noch nicht wesentlich beeinträchtigt ist.
Deshalb sollten Sozialarbeiter die Kindschaftsrechtsreform zum Anlaß nehmen, im
Interesse des Kindes Kontakt zu allen Scheidungsfamilien aufzunehmen[15]. Sie sollten die Möglichkeit
nutzen,
·
die Eltern über die Risiken und Gefahren bei der Gestaltung der
“Nachscheidungsfamilie” zu informieren;
·
die Eltern umfassend zu beraten, wie sie den Interessen aller Familienmitglieder
gerecht werden können;
·
rechtzeitig zum Wohle des Kindes zu intervenieren.
6. Die (Ohn)Macht der
Jugendhilfe
PAS ist ein Beispiel dafür,
wie sich die Kooperation von Jugendhilfe und Gericht zum Vorteil für das Kind
auswirken kann. Die Appelle des Gerichts allein, die Manipulation des Kindes zu
unterlassen, bewirken kaum etwas. Die Appelle des Sozialarbeiters, Hilfe in
Anspruch zu nehmen, verlaufen ebenso im Sand, weil manipulierende Eltern
unkooperativ sind, wenn es um die Lösung des Problems geht. Ohne Zwang oder
Druck von außen sind Versuche, Veränderungen zum Wohle des Kindes herbeizuführen,
meist vergeblich. Der manipulierende Elternteil bricht freiwillige Kontakte zu
Fachleuten immer dann ab, wenn er mit seinen Anteilen am Geschehen konfrontiert
und sein Beitrag zur Lösung eingefordert wird. Manipulierende Eltern sehen die
Notwendigkeit zur eigenen Verhaltensänderung nicht und dementsprechend auch
keinen eigenen Beratungsbedarf. - Deshalb lehnen sie häufig Gespräche im
Rahmen der §§ 17 oder 18 (4) KJHG ab. Unter dem Eindruck eines drohenden oder
eingeleiteten Sorgerechts- oder Umgangsrechtsverfahren sind sie meist zu Gesprächen
bereit, weil es aus ihrer Sicht darum geht, den verfahrensbeteiligten
Jugendamtsmitarbeiter für ihr Ziel zu gewinnen.[16] Der Sozialarbeiter kann
in den meisten Fällen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 50 KJHG mit
den Eltern das Problem analysieren, die notwendigen Einsichten vermitteln und Lösungen
erarbeiten. Sind Eltern nicht bereit oder in der Lage, die für das Kindeswohl
notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, muß der Sozialarbeiter das Gericht
davon in Kenntnis setzen,
- was zur Umsetzung der
Kindesinteressen notwendig ist;
- was derzeit einer Problemlösung
entgegensteht;
- welcher Beitrag der Eltern
dazu erforderlich ist
und auf geeignete Hilfen
hinweisen: Einsatz einer Familienhelferin oder eines Umgangspflegers, Übertragung
des Sorgerechts auf einen Pfleger, Anordnung einer Familientherapie[17],
Einsatz von Zwangsmitteln, Abänderung der Sorgerechtsentscheidung.
Äußerungen anderer Fachleute
(z.B. Erzieherinnen, Therapeuten, Gutachter) sind vom Sozialarbeiter dahingehend
zu prüfen, ob sie die Dysfunktionalität von PAS-Familien ausreichend berücksichtigen
und sind für das Gericht entsprechend zu kommentieren und mit Blick auf die
Wahrung der Kindesinteressen zu bewerten.[18]
Entscheidungen des Gerichts,
die dem Interesse des Kindes nicht dienen (z.B. Umgangsaussetzung anstatt der
notwendigen Umgangsanordnung oder Umgangsbeschlüsse, die dem
Zeitempfinden des Kindes nicht Rechnung tragen, Sorgerechtsentscheidungen, die
den Schutz der zweiten Elternbeziehung nicht gewährleisten), muß der
Sozialarbeiter anfechten. Viele Sozialarbeiter scheinen aber nicht zu wissen, daß
sie gemäß § 57 (1) Nr. 9 Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen
Gerichtsbarkeit (FGG) ein Beschwerderecht gegen jede richterliche Entscheidung
haben, die ihre Empfehlungen nicht entsprechend berücksichtigt.
Es ist der direkte Draht zum
Gericht, seine Kooperation mit dem Richter, seine Möglichkeiten als
Verfahrensbeteiligter geeignete Hilfen anzuregen und Entscheidungen anzufechten,
die der Problemlösung nicht dienen, was dem Sozialarbeiter die Chance
verschafft, Veränderungen im Interesse des Kindes zu bewirken, wo andere
Fachleute scheitern.
Die Möglichkeit, den Eltern und
dem Gericht zu verdeutlichen, was zur Umsetzung der Kindesinteressen notwendig
ist und entsprechende Empfehlungen (einschließlich der notwendigen Zwangsmaßnahmen)
auszusprechen, darin liegt die Macht, die der Sozialarbeiter konstruktiv im
Sinne des Kindeswohls nutzen kann. Dabei ist nicht der Sozialarbeiter selbst mächtig,
sondern es ist die Zusammenarbeit mit dem Richter, die ihm diese Macht verleiht.
Sozialarbeiter und Richter müssen bereit sein, diese zum Schutz des Kindes
einzusetzen. Für Jugendhilfe und Gericht gilt: Die eine Institution ist ohne
die andere ohnmächtig. Voraussetzung für ein konstruktives Zusammenwirken ist,
daß beide davon ausgehen, daß manipulierende Eltern als Inhaber der alleinigen
elterlichen Sorge ungeeignet sind.
[1] Richard A. Gardner: The Parental Alienation Syndrome, Creative Therapeutics, Cresskill, New Jersey 1992
Garrity an Baris: Caught in the Middle, Lexington Books, Macmillan Inc., New York 1994
Klenner: Rituale der Umgangsverweigerung bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, FamRZ 12/95, 1530 (1535)
Kodjoe und Koeppel: The Parental Alienation Syndrome (PAS), DAVorm. 1/98 9 (26) (dort ist u.a. auch ein Hinweis auf weitere amerikanische Literatur zu finden)
[2] Nachfolgend wird dieser Elternteil manipulierender Elternteil genannt, wobei der Begriff “manipulieren” im Sinne von “unmerkliche, aber gezielte Beeinflussung” verwendet wird.
[3] Dieser Elternteil wird künftig als abgelehnter Elternteil bezeichnet.
[4] Auf die ausführliche Beschreibung der Psychodynamik beim Erwachsenen wurde verzichtet, weil es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen bei Kodjoe und Koeppel verwiesen, siehe Fn. 1.
[5] Zur Psychodynamik beim Kind vergleiche Fn. 4.
[6] Kodjoe und Koeppel (Fn. 1), Spalte 15
[7] Gemeint sind selbstverständlich auch alle Sozialarbeiterinnen. Die maskuline Form wurde lediglich der besseren Lesbarkeit wegen gewählt.
[8] Einer Ausweitung der Kontakte, der beide Eltern zustimmen, steht eine rechtskräftige Entscheidung regelmäßig nicht entgegen.
[9] Sind Eltern überzeugt, daß eine Gerichtsentscheidung nicht mehr im Interesse ihres Kindes liegt, können sie beim Gericht eine Abänderung beantragen. Aber auch dann haben sich die Eltern noch solange an die Entscheidung zu halten, bis über den Abänderungsantrag entschieden ist.
[10] Um die Kontakte zwischen Kind und abgelehntem Elternteil so natürlich wie möglich gestalten zu können, sollten sie in dessen häuslicher Umgebung stattfinden.
[11] Helmuth Figdor: Über die Befindlichkeit von Kindern nach Trennung und Scheidung im Rahmen unterschiedlicher Sorgerechtsmodelle, in: Ein Kind hat das Recht auf beide Eltern, Brauns-Hermann u.a., Luchterhand 1997, Seite 174 (196), hier Seite 192.
[12] Figdor (siehe oben), Seite 190.
[13] Fischer, Kindschaftsrechtsreform - Bemerkungen zum Kindeswohl aus sozialarbeiterischer Sicht, Zeitschrift für Jugendrecht (ZfJ) 1997, 235 (249) und 343 (344).
[14] Napp-Peters: Familien nach der Scheidung, Kunstmann 1995.
[15] Folgt man Dickmeis, dann bleibt es auch künftig in allen Scheidungsfällen bei der Anhörung des Jugendamts nach § 49 FGG, vgl. Dickmeis, Das neue Kindschaftsrecht und seine Bedeutung für die sozialen Dienste, Zeitschrift für Jugendrecht, 1998 S. 193 (202).
[16] Lehnt der manipulierende Elternteil die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt im Rahmen von § 50 KJHG ab, dann stellt die gerichtliche Anordnung eines Gutachtens eine Möglichkeit dar, doch noch Zugang zum gesamten Familiensystem zu bekommen. Vergleiche: Jopt, Jugendschutz und Trennungsberatung, Zeitschrift für Jugendrecht 7/8/98, Seite 286 (297).
[17] Hierzu Kodjoe und Koeppel (Fn.1), S. 20: “Nach bisherigen Erfahrungen beschränken sich die Therapiemöglichkeiten von PAS-Familien auf Familientherapie. Diese kann erfolgreich sein, vorausgesetzt alle Familienmitglieder nehmen teil. (...) Als erste Wahl erscheint bei Verdacht auf PAS die Aussetzung des Verfahrens mit der Aufforderung zur Familientherapie.”
[18] Fachleute, die mit dem PA-Syndrom nicht vertraut sind, laufen Gefahr, Schlußfolgerungen zu ziehen, die nicht im Interesse des Kindes liegen.