BZ vom 13.12.97

Die Protestbescherung !

Scheidungs-Väter kämpfen für gemeinsames Sorgerecht

VON UTA KESELING

Berlin - Karoline (21 Monate) hat ihren Vater erst ein einziges Mal gesehen. Alexander (7) und Yvonne (6) wissen nicht einmal, wo ihr Vater lebt. Robin (10) kennt seinen Vater nur noch aus den Briefen.

Alle diese Kinder haben eins gemeinsam - Väter, die ständig um sie kämpfen müssen. Väter, die mit ihnen Weihnachten feiern möchten, wie andere Väter auch. Die es aber nicht dürfen. Weil Gerichte so entschieden haben oder Mütter es verhindern.

Gestern protestierten rund 50 Mütter und Väter vor dem Kreuzberger Familiengericht - mit einem Berg aus bunten Päckchen. "Das sind Weihnachtsgeschenke, die wir unseren Kindern nicht geben dürfen. Jetzt sollen die Familienrichter die Päckchen weiterleiten", sagt Johannes Schultz-Tesmar (59), der Vater von Alexander und Yvonne.

Die Wut der Scheidungsväter. "Nach 85 Prozent aller Scheidungen bekommt nur ein Elternteil das Sorgerecht, und das ist fast immer die Mutter".

In Berlin scheitert etwa jede zehnte Ehe. Allein im vergangenen Jahr wurden 6497 Kinder zu "Scheidungs-Waisen". Immer weniger Eltern finden gütliche Regelungen, einigen sich auf ein gemeinsames Sorgerecht, auf großzügige Besuchszeiten. Vor Gericht sind meist die Väter die Verlierer im Ehekrieg.

Deutschlandweit wollten gestern gut 1.000 betroffene Eltern demonstrieren. Ihre Forderung: Sorgerecht für ein einzelnes Elternteil nur in Ausnahmefällen. Zwar macht das neue Kindschaftsrecht ab Juli kommenden Jahres ein gemeinsames Sorgerecht zur Regel und auch für unverheiratete Paare möglich. "Doch ob die Richter dann tatsächlich so entscheiden, ist fraglich".

Die Wut der Scheidungsväter. Günther Gempp (46) konnte erst nach einem einwöchigen Hungerstreik seine zwei Kinder wieder in die Arme schließen (die BZ berichtete). Johannes Schultz-Tesmar prozessiert seit vier Jahren: "Mir drohen 5.000 Mark Strafe, wenn ich mich meinen Kindern nähere." Uwe Nimschik (42) war mit der Mutter seiner Tochter nicht verheiratet: "Sie bekam automatisch das Sorgerecht, ließ mich Karoline ein einziges Mal sehen. Dabei will ich meiner Tochter doch nur zeigen: ´Dein Vater ist für Dich da´."