Eltern hungern für Kontakt mit Kindern

Berlin: Eltern aus den USA, Frankreich, Südafrika und Schweden wollen heute auf dem Gendarmenmarkt einen unbefristeten Hungerstreik antreten. Laut Aussage der Organisatoren wollen sie damit erzwingen, wieder Kontakt mit ihren vom anderen Elternteil nach Deutschland verschleppten Kindern aufnehmen zu dürfen. Die betreffenden Eltern werfen Deutschland vor, sich nicht an die Haager Konventionen zu halten. Dieses Rechtshilfeabkommen, dem die Bundesrepublik 1990 beigetreten ist, besagt, dass entführte Kinder schnell in ihre Heimat zurückgebracht werden müssen, noch bevor lange Sorgerechtsstreitigkeiten entschieden sind.

 
Kerstin Niethammer-Jürgens, Berliner Anwältin für internationales Familienrecht, weist den Vorwurf der Eltern zurück. Im Gegensatz zu anderen Ländern halte sich Deutschland generell an das Abkommen. Für Fälle von Kindesentführung seien hier sogar speziell ausgebildete Richter zuständig. Probleme gäbe es allerdings zum Teil bei der Vollstreckung der Rückführungsentscheidungen, die oft lange hinausgezögert würden.

Laut Generalbundesanwaltschaft werden in Deutschland jährlich zirka 240 Fälle nach der Haager Konvention verhandelt. Nach Schätzungen von Kinderschutzorganisationen steigt die Zahl der aus oder nach Deutschland entführten Minderjährigen stetig. Im vergangenen Jahr waren es etwa 2000 Fälle. Während früher fast nur Väter ihre Kinder ins Ausland entführten, geht es heute beinahe genauso häufig darum, dass Mütter ihre Kinder nach Deutschland verbringen.

Um zurückgebliebene Eltern zu beraten und zu unterstützen, hat Kerstin Niethammer-Jürgens jetzt mit Anwaltskollegen, Psychologen sowie Müttern und Vätern die Initiative «Kids zurück» ins Leben gerufen. Den Hungerstreik unterstützt «Kids zurück» allerdings nicht. Die Anwältin: «Wir wissen nicht genau, wer dahinter steckt. Die Organisation ist chaotisch.»


 

11.07.2001
http://morgenpost.berlin1.de/bm/inhalt/heute/berlin/story439914.html