Betreff:
           BMJ-Infos
      Datum:
            Tue, 18 Sep 2001
        Von:
            karin.jaeckel@t-online.de
 

Hallo, liebe Interessierte,

in der Anlage schicke ich die Endfassung meines Berichtes zum 02.08.2001, der inzwischen in mehreren verschiedenen Fassungen umläuft. Außerdem füge ich einen Brief von Frau Adlerstein aus dem BMJ bei, den ich wörtlich abgeschrieben habe.

Mit schönen Grüßen
Karin Jäckel
 


Ministerialdirigentin Rosemarie Adlerstein im Bundesministerium der Justiz

in Berlin am 13. 09. 2001
Sehr geehrte Frau Dr. Jäckel,

es hat mich gefreut, mit Ihnen, Frau Dr. Schwall-Düren, MdB, und einigen Betroffenen am 2. August 2001 eine sehr offene Diskussion über Probleme nationaler und internationaler Sorge- und Umgangsrechtskonflikte geführt zu haben.

Ihrer Gesprächsnotiz im Internet entnehme ich, dass auch Sie mit dem Ergebnis der Gespräche zufrieden sind. Sie können versichert sein, dass die angesprochenen Fragen, die für die Betrofenen regelmäßig mit großen menschlichen Tragödien zuesammenhängen, im Bundesminsterium der Justiz sehr ernst genomen werden.

Ich möchte allerdings noch einmal klarstellen, dass das Bundesministerium der Justiz von Verfassungs wegen keine Befugnis hat, gerichtliche Entscheidungen zu kommentieren oder gar in gerichtliche Verfahren einzugreifen. Die Justiz ist unabhängig und nur Gesetz und Recht unterworfen. Insofern sind Ihre Aussagen in der Gesprächsnotiz missverständlich, dass jeder, der juristisch falsch beraten ist, seinen Fall an das MBJ schicken soll und Elternteile, denen aufgrund einer Falschanschuldigung der Umgang mit dem Kind verweigert wurde, Klage beim BMJ erheben sollen. Hierdurch wird bei Betroffenen der Eindruck erweckt, das Bundesministeroum der Justiz können in diesen Einzelfällen eingreifen und rechtliche Entscheidungen treffen. Entsprechende Zusagen oder Angebote habe ich in dem Gespräch nicht gemacht. Ich habe lediglich hervorgehoben, dass das BMJ die Problematik sehr ernst nimmt und Lösungsmöglichkeiten prüft, wobei eingehende Eingaben selbstverständlich beantwortet werden.

Einen Abdruck dieses Schreibens werde ich Petenten übersenden, die sich unter Berufung auf Ihre Gesprächsnotiz an das Bundesministeriuzm der Justiz wenden.

Mit freundlichen Grüßen
R. Adlerstein
 


Dr. phil Karin Jäckel
Hansjakobstr.5
D-77704 Oberkirch/Baden
Tel. 07802-90409
Fax 07802-3707
karin.jaeckel@t-online.de

bearbeitete Endfassung 31.08.2001

 

PERSÖNLICHE GESPRÄCHSNOTIZ

TEIL 1

Gespräch von Karin Jäckel mit Mitgliedern des "Arbeitsstab Kind" sowie Frau Adlerstein und Frau Schwall-Düren am 02.08.2001 im Bundesjustizministerium Berlin von 12.30 Uhr bis 15:00 Uhr.

Frau Adlerstein,  Bundesministerialdirigentin und Unterabteilungsleiterin im BMJ und als solche rechte Hand der Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, sagte mir in unserem persönlichen Gespräch im Rahmen des sog."Arbeitsstab Kind" Folgendes zu:

1.  die Maßnahmen zu überprüfen, die das Gesetz bisher für diejenigen Elternteile vorsieht, welche Kindesentzug begehen und dem anderen Elternteil einen gerichtlich bereits festgesetzten Umgang mit dem gemeinsamen Kind boykottieren. Da dieser Umgangsboykott geschieht und die bisher vorhandenen Maßnahmen nicht erfolgreich sind, müssen auch nach Meinung des BMJ neue Maßnahmen eingesetzt werden. Es kann nicht hingenommen werden, dass ein Elternteil straflos das Gesetz verletzen kann, indem ein gültiger Gerichtsbeschluss ignoriert und die Autorität der Gerichtsbarkeit und der Gesetzgeber untergraben wird.

In diesem Zusammenhang räumte sie ein, dass die bisherigen Strafmaßnahmen wie Zwangsgeld, Haft und Sorgerechtsänderungen selten zum Einsatz kommen. Strafe müsse generell die „ultima ratio“ sein.

Als Begründung führte sie aus, dass die meisten alleinerziehenden Elternteile sozialhilfebedürftig oder Geringverdiener oder zahlungsunfähig sind, denen keine Geldstrafe abzuverlangen ist.
 

Auch könne man Alleinsorgerberechtigte nicht einsperren, ohne eine Lösung für die mitbetroffenen Kinder zu bieten. Kinder für die Zeit der Inhaftierung  des alleinsorgereberchtigten Elternteils in ein Kinderheim zu geben, sei den  Kindern gegenüber eine unbillige Härte und käme einer Sippenhaft gleich. Eine vorübergehende Übertragung des Sorgerechts auf den anderen Elternteil sei ebenfalls auszuschließen, da es zumeist gute Gründe gebe, aus denen heraus die Alleinsorge auf einen Elternteil übertragen wurde. Aus diesem Grund komme Haft kaum in Betracht.

Das Mittel der Sorgerechtsänderung könne ebenfalls nicht generell angewandt werden, da es nicht in erster Linie darauf ankomme, Eltern glücklich zu machen, sondern die oberste Priorität sein müsse, Kinder glücklich zu machen. Und auch wenn eine Beziehung zu einem Kind durch Manipulation gefestigt worden sei, müsse man berücksichtigen, dass es eine feste Beziehung sei, die man nicht übergehen könne.

Insgesamt räumte Frau Adlerstein ein, dass Elternteile, die den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil behindern oder boykottieren und geltende Gerichtsbeschlüsse ignorieren, von der Tatsache profitieren, dass das Wohl des Kindes und das Kindesrecht vorrangig geschützt werden müsse. Dies  führe unter Umständen dazu, dass das Faustrecht siege und das geltende Recht  nicht durchgesetzt werde.

1a.   Mein Vorschlag, bei Verstößen gegen die richterliche Umgangsregelung die Richterinnen und Richter zu verpflichten, einen UMGANGSPFLEGER einzusetzen, der das Kind bei einem Elternteil abholt, gegebenenfalls den Umgang betreut und das Kind wieder zu dem Elternteil zurückbringt, bei dem der Lebensmittelpunkt des Kindes liegt, wurde wohlwollend aufgenommen. Er wird in der zuständigen Kommission geprüft.

1b.    Als ultima ratio angesehen wurde, bei wiederholter Umgangsboykottierung eine Erziehungsunfähigkeit des boykottierenden Elternteils anzunehmen und eine Sorgerechtsänderung vorzunehmen. Generell verworfen wurde mein Vorschlag jedoch nicht. Auch dieser soll in der Kommission geprüft werden.

1c.    Weiterhin soll geprüft werden, wie die oftmals extrem lange Dauer bis zur Endentscheidung des Gerichts hinsichtlich des Umgangs zwischen nicht sorgerechtigtem Elternteil und Kind so überrückt werden kann, dass die bisherige fast automatisch eintretende Entfremdung vermieden wird und – speziell in internationalen Fällen - die Rückführung des Kindes an seinen ursprünglichen Lebensmittelpunkt nicht dadurch erschwert wird, dass diese Entfremdung geschaffen wurde. Mein Vorschlag, zur Überbrückung regelmäßig einen großzügigen betreuten Umgang sowie Telefonerlaubnis und Briefkontakte erlauben bzw. anzuordnen, der nicht boykottiert werden kann, wird ebenfalls geprüft.

1d.    Verworfen wurde der Gedanke, den unter anderem Detlef Naumann vom Vafk Hamburg und Armin Emrich als 1. Vorsitzender bei paPPa.com Berlin vorgetragen wissen wollten, dass der Umgang eine „Bringschuld“ sei und der Elternteil, der den gemeinsamen Wohnort verlasen habe, das Kind zu dem anderen Elternteil bringen und dafür die Kosten tragen müsse. Eine solche Regelung wurde als Verstoß gegen die persönliche Freiheit abgelehnt.

1e.    Ebenfalls verworfen wurde die Forderung nach einem generell gemeinsamen Sorgerecht. Dieses könne das Wohl des Kindes dann gefährden, wenn einer der beiden Elternteile gewalttätig sei.

1f.    In diesem Zusammenhang sprachen wir auch das neue Gewaltschutzgesetz an. Ich beklagte die vom Frauenministerium geführte Kampagne, die den falschen Eindruck entstehen lasse, dass Gewalt allein männlich sei. Auch prangerte ich das Plakat an, welches zum Schutz der Kinder vor Gewalt entwickelt wurde. Hier gelang es mir, Frau Adlerstein, die das Plakat nicht kannte, zu überzeugen, dass es Jungen, die Gewalt erleiden müssen oder mussten, in die durchaus  tödliche Verzweiflung treiben könne, wenn ihnen als Opfer suggeriert werde, eines Tages selbst zum Täter und somit zu genau der Person zu werden, die sie nie sein wollen.

Frau Adlerstein versprach, sich das Plakat anzuschauen und dass man gegebenenfalls dafür sorgen müsse, die Platzierung neu zu überdenken. Dieses Plakat sei nicht dafür entwickelt worden, es in Kindern zugänglichen Bereichen aufzuhängen.

Frau Adlerstein sagte 2. zu,

a.  die Änderung des Grundgesetzes zu überprüfen, welches bisher allein die Mutter unter den besonderen Schutz des Gesetzgebers und der staatlichen Solidargemeinschaft stellt. Frau Adlerstein stimmte meiner  Meinung zu, dass es in Zeiten des "gender mainstreaming" nicht mehr aktuell sei, das 50 Jahre alte bestehende Schutzangebot allein Müttern zu machen. Wir waren uns einig, dass das Grundgesetz vor 50 Jahren den Schutz der ledigen Mutter meinte und dieser damals auch dringend notwendig war, wir heute jedoch keinen solchen Schutz mehr brauchen, aber zugleich immer mehr alleinerziehende Väter diesen Schutz rechtmäßig einfordern könnten.

b.   überprüfen zu lassen, ob und wie längerfristig die Ausbildung von Juristen hinsichtlich des Familienrechts zu verbessern und Richter häufiger zu Fortbildungen zu verpflichten wären.

c.   der Frage nachzugehen, ob Jugendämter immer noch als „Kinderklaubehörden“ und „Mütterämter“ angeprangert würden und ob es notwendig und wenn ja, wie eine Aufsichtsbehörde für die Arbeit des Jugendamtes zu schaffen sei.
 

Frau Adlerstein rät 3. :

A.   allen Elternteilen, die sich von einem Richter oder Rechtsanwalt geschädigt glauben, das Mittel der Dienstaufsichtsbeschwerde an die richterliche Dienstaufsichtsbehörde zu senden und Ablehnung des Richters zu beantragen bzw. das Mittel der standesrechtlichen Klage an die Rechtsanwaltskammer anzuwenden. Die zuständigen Rechtsberater und Richter sind verpflichtet, dem Betroffenen zu seinem Recht zu verhelfen und sich dazu aller Rechtsmittel zu bedienen. Wenn diesen Beschwerden nicht stattgegeben wird, bleibt die nächst höhere Beschwerdeinstanz und auch die Möglichkeit, sich direkt an das BMJ zu wenden. Dieses kann zwar nicht in laufende Verfahren eingreifen und auch keine richterlichen Entscheidungen treffen, aber bei der Suche nach Lösungen behilflich sein. Zwar liege es in der Natur der Sache, dass sich Elternteile ungerecht behandelt fühlten und dies juristisch oft ein falscher Eindruck sei, doch müsse sich auch der Richter Kontrolle gefallen lassen. In letzter Instanz vor dem Bundesverfassungsgericht.

B.   In Fällen, in denen Elternteile juristisch nachweislich falsch beraten wurden oder nachweislich einem Elternteil geraten wurde, den anderen böswillig mit falschen Anschuldigungen zu überziehen, solle jeder dieser Fälle an das BMJ geschickt werden. Derartige Beratungen sind gegen das Standesrecht und führen zum Ausschluss des betreffenden Rechtsberaters.

C.   In Fällen, in denen Elternteilen der Umgang mit dem Kind verweigert wurde, weil die Mutter nachweislich eine Falschanschuldigung wegen Kindesmissbrauchs erhoben hat, solle Klage beim BMJ erhoben und um eine Therapiemaßnahme für das Kind zur Wiederaufnahme des Umgangs ersucht  werden.

Frau Adlerstein und ich waren uns einig darin, dass eine Falschanschuldigung der Mutter oder des Vaters das Kind in vergleichbarer Weise lebenslang schädigen könne, wie eine tatsächliche Kindesmissbrauchshandlung, und dass dies kein Kavaliersdelikt ist sondern ein schwerer Fehler des die Falschaussage machenden Elternteils, welcher nicht dadurch belohnt werden dürfe, dass der andere Elternteil und das Kind voneinander getrennt werden. Der Umgang müsse in einem solchen Fall möglichst schnell wieder aufgenommen und durchgesetzt werden.
 

Fallbeispiele

Im Blick auf die von mir mitgebrachten Fallbeispiele sagte sie zu, alle ihr von mir persönlich vorgelegten Sorgerechts- und Umgangsrechtsstreitigkeiten in der Kurzfassung zu lesen und wenn möglich zu helfen. In laufende Verfahren könne sie wegen der gesetzlich verankerten richterlichen Unabhängigkeit jedoch nicht eingreifen.

Auch sagte sie zu, zu überdenken, wie verlassene Elternteile ihren Kindern  einen Brief zukommen lassen könnten, wenn der alleinsorgeberechtigte Elternteil
die Anschrift geheim halte bzw. die Annahme von Briefen ablehne. Sie machte
allerdings keine Hoffnung auf Erfolg. Es sei grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichtes, Postdienste zu übernehmen. Und wenn das Gericht die Weiterleitung derartiger Sendungen verweigere, sei dies kein Verstoß gegen geltendes Recht.
 

Männerhäuser und Männerberatungen

Aufgeschlossen zeigte Frau Adlerstein sich auch gegenüber meiner Forderung nach Männerberatungsstellen, um ein vergleichbares Netzwerk für Hilfesuchende aufzubauen wie für Frauen. Schon jetzt würden die Hilfsangebote wie  Familienberatungsstellen auch von Männern genutzt. Hier sehe sie deutlich  Handlungsbedarf und werde meine Anfrage zur Prüfung weiterleiten.

"Männerhäuser" wie in Österreich könne sie sich jedoch in Deutschland nicht denken und werde diese auch nicht befürworten. Nach ihren bisherigen Informationen wüssten Männer jederzeit, wohin sie gehen sollten, wenn sie aus der gemeinsamen Wohnung gegangen wären oder gehen müssten.

Falls ich wolle, dass sie anderer Meinung werde, müsse ich sie mit  gegenteiligen Fakten überzeugen. Sie sehe entsprechenden Informationen aus den Väterselbsthilfegruppen erwartungsvoll entgegen.
 

Im Anschluss an das Gespräch mit Frau Adlerstein und Mitgliedern des „Arbeitsstab Kind“ fuhren wir mit dem Taxi zum Reichtag und dort zu Frau Dr. Schwall-Düren, die laut eigener Aussage in ihrem "früheren Leben" Lehrerin, Psychologin, Paartherapeutin und Supervisorin war und vornehmlich mit alleinerziehenden Müttern arbeitete, heute Mitglied des Bundestages und Vorsitzende der Mediatorengruppe sowie selbst aktive Mediatorin in der Arbeitsgruppe für deutsch-französische Trennungsfälle ist. In dieser Gesprächsrunde kam eine Mitarbeiterin Herrn Rolf Stöckels hinzu, die ebenfalls dem „Arbeitsstab Kind“ angehört, deren Namen ich aber leider vergessen habe.

In diesem Gespräch erfragte ich im Auftrag der Hungerstreikenden,

1. dass Mediation und Therapie auch für ein Mitglied des Bundestages stets eine Sache der Freiwilligkeit ist und den betroffenen Eltern nicht befohlen werden kann. Damit eine Mediation erfolgen kann, muss das Einverständnis beider Elternteile vorliegen. Lehnt ein Elternteil eine Mediation ab, kann diese auch dann nicht angeordnet werden, wenn Frau Schwall-Düren die Mediatorin ist.

In einem solchen Fall kann es durchaus sein, dass dem an einer Mediation interessierten Elternteil das Jugendamt die Mitteilung macht, dass Frau Schwall-Düren von dem anderen Elternteil als Mediatorin abgelehnt wurde. Das Jugendamt spricht dann nicht als übergeordnete Instanz sondern im Auftrag des Elternteils, der keine Mediation zulässt. Auch als Mitglied des Bundestages hat Frau Schwall-Düren dann keine Möglichkeit, die von dem anderen Elternteil gewünschte Mediation zu leisten.

2. führte Frau Schwall-Düren aus,      dass Mediation häufig an der unsensiblen und zu viel fordernden Haltung des um Umgang kämpfenden Elternteils oder der einer anderen um Umgang kämpfenden Bezugsperson scheitert. Hier wurde das Beispiel eines Großelternpaares erwähnt, welches nach langem Kampf eine Umgangserlaubnis erhielt, und das ihnen völlig entfremdete Kind mit einer Fülle von Erwartungen und Wünschen überfrachtete, so dass dieses Angst vor ihnen bekam und jeden weiteren Kontakt ablehnte. Die Wünsche hatten z.B. darin bestanden, dass das Kind mit ihm entfremdeten Drittpersonen im Beisein der Großeltern telefonieren sollte.

3. zeigte sich, dass Frau Schwall-Düren der Meinung ist, ein Kind brauche beide Elternteile und diese Überzeugung auch dem für die Gesetzgebung zuständigen Gremium vermittelt hat. Sie bedauert, dass die Gesetzgebung bisher nicht bereit ist, die Rechte des Kindes auf Umgang mit beiden Eltern nachdrücklicher zu schützen und härtere Strafen für den Umgangsboykott anzuwenden. Deutlich erklärte sie: "Hier haben Sie mich auf Ihrer Seite!"

4.  Gleichwohl hat Frau Schwall-Düren großes Verständnis für alleinerziehende Mütter. Ihrer Meinung nach ist es kein Geheimnis, dass sich die meisten Väter kaum für ihre Kinder interessieren, die Kindererziehung und die Familienarbeit allein den Müttern überlassen und sich auch nach der Trennung sofort für immer verdrücken und nicht einmal Unterhalt bezahlen. Außerdem sei es verständlich, dass die Mütter nicht begeistert wären, wenn die Väter nach der Trennung am Wochenende auftauchen  würden, um mit den Kindern etwas Tolles zu unternehmen, während die Mütter die ganze Woche über mit der Erziehungs- und Familienarbeit im Stich gelassen würden und kein Geld hätten, um ebenfalls etwas Tolles mit den Kindern zu unternehmen.

Nach Aufassung von Frau Schwall-Düren ist die Anzahl der Väter, die sich wirklich für ihre Kinder interessieren und um ein Umgangsrecht kämpfen, minimal.

Daher machte sie mir den Vorwurf, mit meinem Einsatz für diese Väter ein falsches Bild zu vermitteln. In Wirklichkeit sei die Mehrheit aller Trennungen völlig unproblematisch. Und wenn es nach der Trennung Probleme gäbe, müsse man sagen, dies sei Privatsache der Eltern, die sich nicht mehr ausstehen könnten und nun verlangten, dass der Staat ihre Privatsache regeln solle.

5.  Meine Anregung, dem „Arbeitsstab Kind“ betroffene Eltern als externe Expertinnen und Experten anzugliedern, um gemeinsam Konfliktlösungen erarbeiten zu können, lehnte sie nicht ab, sondern meinte, persönlich durchaus offen für Neues zu sein, doch liege eine solche Entscheidung nicht in ihrem Ermessen.

 Frau Adlerstein ergänzte, dass man mit der Möglichkeit der Befragung externer Interessengruppen bereits die beste Basis für eine Einbeziehung der unmittelbar Betroffenen geschaffen habe, welches keiner Ergänzung bedürfe. Bei jedem neuen Gesetzesentwurf werde eine solche Befragung durchgeführt, ausgewertet und in die Abfassung einbezogen. Sie bot an, auch die Vätergruppen in diese Arbeit einzubeziehen, sofern sie deren Anschriften erhalten werde. Dies sagte ich zu.
 

Teil 2

Anschließend an diese beiden Gesprächseinheiten, die ich persönlich und allein zwischen 12:30 Uhr und 15:00 Uhr wahrnehmen konnte, wurde die Gruppe der Hungerstreikenden empfangen, die sich pünktlich zum vereinbarten Termin um 15 Uhr vor dem Reichstagsgebäude "Unter den Linden 50" eingefunden hatte und bis ca. 16:00 Uhr blieben.

Dem Empfang vorausgegangen war eine kleine Erörterung der Sachlage, ob Frau Schwall-Düren der Gruppe vor dem Haus und in Anwesenheit der Presse oder Privat in ihrem Arbeitszimmer gegenüber treten solle. Da den Politikerinnen und Politikern im Raum nicht an einer Debatte mit der Presse gelegen war, wurde beschlossen, die Hungerstreikenden zusammen mit den nicht geladenen Begleitpersonen ins Haus zu holen und die Presse warten zu lassen. Wie sich zeigte, war diese später verschwunden, da die Journalistinnen und Journalisten nicht so lange warten konnten.

Zusammen mit den Hungerstreikenden Olivier Karrer (F), Maurice Elfeke (F), Francoise Dubois(F), Michael Hickmann (ZA), Bernd Uhl (D) und Peter Christof (D), die ursprünglich ohne weitere Begleitpersonen eingeladen worden waren, wurde auch Armin Emrich als 1. Vorsitzender der deutschen Internetgruppe paPPa.com Berlin,  Annemone Ackermann als ständige Ansprechpartnerin der Gruppe, sowie der Berliner Rechtsanwalt Matthias Bloch eingelassen, der den Hungerstreikenden beratend zur Seite gestanden hatte.

In einem ersten beeindruckenden Statement gelang es Olivier Karrer zu verdeutlichen, dass sie alle keine Berufskrawallmacher sondern ernst zu nehmende, ihre Kinder liebende und verantwortungsvoll für sie sorgende Eltern sind, die in Deutschland zum Hungerstreik antraten, weil sie in allen juristischen Instanzen Scheiterten und seit Jahren von einem Umgang mit ihren Kindern ausgeschlossen werden.

Maurice Elfeke ergänzte, dass Deutschland Menschenrechtsverletzungen begeht, indem das Recht der Kinder auf beide Eltern und das Recht der Eltern auf ihre Kinder geschädigt wird und internationale Abkommen, die Deutschland unterzeichnete, nicht eingehalten werden. Es gebe keinen einzigen Grund, sie als Elternteile von ihren Kindern fern zu halten als nur den einen: den Willen der Mutter bzw. des Vaters. Diese oder dieser habe sich eines Verbrechens schuldig gemacht, indem sie oder er die Kinder gekidnappt habe. Und obwohl dieses Verbrechen normalerweise mit Haft bestraft werde, sei die Mutter bzw. der Vater straffrei geblieben und der deutsche Staat habe das von ihr oder ihm begangene Verbrechen für Recht erklärt. Zu vermuten sei, dass Deutschland die Kinder ausländischer Bürgerinnen und Bürger kidnappe, um die überalternde und aussterbende deutsche Gesellschaft zu erneuern.

Michael Hickmann fügte hinzu, dass seine Kinder südafrikanische Bürger sind und in Deutschland zurückgehalten werden, obwohl sie nicht der deutschen Rechtsprechung unterliegen. In Südafrika sei dergleichen unmöglich. Dass seine beiden Kinder auf diese Weise ihres kulturellen Erbes und ihrer väterlichen Familie, auch ihrer Großeltern väterlicherseits, beraubt werden und dies alles von der deutschen Rechtsprechung sanktioniert werde, sei ein unfasslicher Skandal. In Deutschland rede man zwar ständig über das Kindeswohl. Aber es sei gegen das Kindeswohl, den Kindern einen Elternteil zu nehmen. Er klage Deutschland des Kindesraubs an und verlange, seine Kinder jetzt sofort sehen zu dürfen.

Peter Christof beklagte die richterliche Willkür, den Kindeswillen immer dann, wenn es zugunsten der Väter gehe, zu ignorieren, diesen aber ernst zu nehmen, sobald die Kinder bei der Mutter bleiben wollten. In seinem persönlichen Fall habe der zuständige Richter die Sache zu seiner privaten Angelebenheit hochstilisiert und fasse Beschlüsse, um ihn als Vater dafür zu bestrafen, dass er den Willen des Richters nicht befolgt habe und nicht an den Wohnort der Mutter umgezogen sei.

Während Frau Schwall-Düren diese Kritik an der deutschen Familienrechtssprechung als falsch und überzogen zurückwies, versicherte sie gleichzteitig den Eltern mehrfach, auf ihrer Seite zu sein, was die Rechte des Kindes betreffe, und dass sie in ihrer Aufgabe als Mediatorin bestrebt sei zu helfen.

Zugleich wiederholte sie ihre bereits mir gegenüber gemachte Aussage, dass der Staat nicht heilen könne, was die Eltern selbst verursacht hätten, und sie keine Wunder wirken könne, wenn die Väter die Kinder in der Partnerschaft vernachlässigt und sich mit den Müttern zerstritten und dadurch die Trennung selbst verursacht hätten.

Mit dieser Äußerung rief sie besonders bei Olivier Karrer leidenschaftlichen Widerspruch hervor, der von den anderen Beteiligten bekräftigt wurde. Es sei eine Beleidigung, die man sich nicht bieten lasse, wenn hier behauptet werde, es habe Streit gegeben. Die Ehefrauen seien aus der intakten Ehe heraus zu ihren Eltern in Urlaub gefahren und einfach nicht wiedergekommen. Sie hatten das alleinige Sorgerecht in Abwesenheit der Väter beantragt und dieses zum Teil ohne jede gerichtliche Anhörung der Väter zugesprochen bekommen. Und dieses Faustrecht sei belohnt worden, indem die Väter seit Jahren an jedem Kontakt mit ihren Kindern gehindert wurden und weiterhin gehindert werden.

Der einzigen Mutter zwischen den Vätern, Francoise Dubois, schossen die Tränen in die Augen. Sie hat ihre heute 17jährige Tochter seit Jahren nicht mehr gesehen und weiß nicht einmal genau, wo sie sich mit dem Vater aufhält. Alles, was sie ahnt, ist, dass sie sich irgendwo in der Nähe von Stuttgart befindet. Sicher würde ihre Tochter die Mutter heute nicht auf der Straße erkennen. Es ist ein schweigendes Leid, das aus dieser Mutter spricht. Aber es ist ebenso beredt wie der leidenschaftliche Ausbruch Olivier Karrers, der mit sichtlich mühsamer Selbstdisziplin ausführte, man sei hier im Hungerstreik, weil sie als Eltern endlich ihre Kinder sehen wollen. "Und zwar jetzt, sofort! Ich habe nur dieses eine Leben. Mein Sohn hat nur diese eine Kindheit im Leben. Die Zeit vergeht. Und ich habe keine Zeit um zu warten!"

Frau Schwall-Düren räumte sichtlich betroffen ein, dass sie die Verletzungen der Eltern verstehe und ihr Bestes tue, ihr aber als Mediatorin und Therapeutin die Hände gebunden wären, so lange nicht beide Eltern bereit zur Verständigung wären.

Armin Emrich von paPPa.com versuchte, „Nägel mit Köpfen“ zu machen und Frau Schwall-Düren zu einem Zugeständnis zu bewegen, eine Expertengruppe zur Regelung der Sorgerechtskonflikte einzurichten, der auch betroffene Eltern angehören. Wie schon zuvor mir gegenüber, wich sie auch seinen Forderungen aus. Zwar werde sie sich wie bisher für die Rechte der Kinder auf beide Eltern einsetzen, doch sei sie zu keinerlei Versprechungen bereit.

Matthias Bloch, der Rechtsanwalt, wandte ein, dass die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen im großen Stil betreibe, wenn sie Eltern und Kindern das Recht auf Umgang nehme. Davon wollte Frau Schwall-Düren jedoch nichts wissen. Das deutsche Familienrecht sei eines der besten der Welt. Hier  Menschenrechtsverstöße zu beklagen, sei bei allem Verständnis für die Unzufriedenheit der Hungerstreikenden absurd.

Frau Adlerstein, die der Diskussion weitestgehend schweigend folgte, lud nun Herrn Bloch zu einer Rede vor dem „Deutschen Familiengerichtstag“ ein, der am 12.August in Brühl stattfinden wird. Zugleich bestätigte sie auf meine Frage hin, dass sie zugesagt hatte, die Möglichkeiten einer härteren Durchsetzung des Umgangsrechts prüfen zu lassen und dabei die Zielsetzung verfolge, das Recht des Kindes auf beide Eltern besser zu schützen als bisher. Da Gesetze eine lange Phase der Prüfungen durchlaufen müssten, lade das BMJ stets Interessenverbände und Gruppen zur Stellungnahme ein, die entweder schriftlich oder auch in persönlichen Debatten zu erbringen wären. Auf Befragen Armin Eyrichs bekräftigte sie das mir bereits gegebene Versprechen, diese Einladung künftig auch an Vätergruppen senden zu wollen, wenn ihr denn diese Gruppen bekannt gegeben würdet.

Mit diesem Statement Frau Adlersteins war die Sitzung aufgehoben.

In den letzten Minuten, die mir bei der Verabschiedung blieben, versprach mir Frau Adlerstein, jederzeit für mich erreichbar zu bleiben. Gern wolle sie durch mich weiter über die Probleme der Eltern informiert werden. Betroffene könnten sie aber auch direkt anrufen und um Rat fragen.

Mehrfach wiederholend prägte sie sich den Namen von paPPa.com ein, um sich in den nächsten Tagen die Seiten anzuschauen und die dort verzeichneten Adressen der diversen Vätergruppen für ihren Verteiler abzurufen, und meinte Schließlich scherzhaft, eine Gruppe maMMa.com gründen zu wollen.
 

TEIL 3

Ich persönlich bin mit diesen Gesprächen sehr zufrieden, weil von der Bundesjustizministerin Frau Herta Däubler-Gmelin in meiner Person ERSTMALS eine Stellvertreterin und Vertrauensperson von aus dem Leben ihrer Kinder zwangsweise ausgegrenzten Müttern, Vätern und Großeltern zu einem offenen, konstruktiven Gespräch mit familiengesetzgebenden Politikerinnen und Politikern eingeladen wurde. ERSTMALS wurden die Fragen und Klagen dieser leidenden verwaisten Eltern- und Großelternteile persönlich angehört und erkennbar ernst genommen.

Manchen Betroffenen wird dieser Erfolg zu klein sein. Manche werden sich beschweren, dass ihre Ideen nicht diskutiert wurden oder kein Gehör fanden oder verworfen wurden. Wieder andere werden unzufrieden damit sein, dass Vorschläge diskutiert wurden, die sie absurd finden. All das ist vorhersehbar. In wenigen Stunden kann die Fülle der Probleme nicht umfassend dargelegt geschweige denn gelöst werden. Dennoch finde ich unseren Erfolg großartig. Denn künftig werden in neue Gesetze auch die Ziele und Überlegungen der nicht sorgeberechtigten Elternteile einfließen. Genau wie seit Jahren schon der VAMV als Selbsthilfeorganisation alleinerziehender Elternteile werden nun auch die ausgegrenzten Elternteile mitreden können.

Wünschen möchte ich mir, dass die Bundesregierung den dringenden Wunsch von uns als Eltern realisiert und möglichst bald drei oder mehr Sprecherinnen und Sprecher der „Elternbewegung“ in ihren „Arbeitskreis Kind“ integrieren möge. Wir Eltern sind sowohl als praktizierende als auch als ausgegrenzte Mütter und Väter Spezialistinnen und Spezialisten in allen Kinder und Familie betreffenden Belangen. Dieses Wissen wollen wir zum Nutzen aller Kinder einsetzen. Auch ich als Mutter von drei Kindern bin dazu bereit.

Ebenso wünschen möchte ich mir, dass alle Kinder endlich ohne Wenn und Aber als eigenständige Persönlichkeiten mit einem unantastbaren natürlichen Recht auf ihre beiden  Elternteile respektiert werden und dass dieses Recht ebenso geschützt wird wie das ihrer Eltern auf die freie Wahl eines Lebenspartners.

Für dieses Ziel setze ich mich ein so lange ich lebe.
 

Dr. Karin Jäckel