Gemeinsamer Bericht

der deutsch-französischen parlamentarischen

Mediatorengruppe

vom 2. Mai 2002

Inhalt

I.   Entstehungsgeschichte und zeitlicher Ablauf

II.  Aufgabe und Arbeitsweise

III. Fortschritte bei einzelnen Verfahren

IV.  Vorschläge für weitere Verbesserungen bei der Lösung      internationaler Sorge- und Umgangsrechtskonflikte

     Schlussfolgerung

ANHANG:

- deutsche Beispiele

- französische Beispiele

- Vorschläge der französischen Mitglieder der deutsch-französischen   Mediatorengruppe

- Arbeiten der deutsch-französischen Mediatorengruppe

- Vorschläge der Mediatorengruppe

I. Entstehungsgeschichte und zeitlicher Ablauf

1. Mit der Entwicklung der persönlichen Beziehungen zwischen Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten steigt glücklicherweise auch die Zahl binationaler Paare mit Kindern. Dies zieht aber auch mehr Trennungen nach sich und so gibt es häufiger Konfliktfälle im internationalen Familienrecht und vor allem mehr grenzüberschreitende Sorge- und Umgangsrechtkonflikte. Die multilateralen Übereinkommen in diesem Bereich, insbesondere das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (Haager Kindesentführungsübereinkommen) und das Europäische Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechtsverhältnisses (Europäisches Sorgerechtsübereinkommen), sind wirksame rechtliche Instrumente.

Das Haager Kindesentführungsübereinkommen kann als eines der wichtigsten multilateralen Übereinkommen zum Schutz von Kindern angesehen werden. Es geht davon aus, dass eine Sorgerechtsentscheidung am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zu treffen ist; bei Entführungen ist das Kind daher schnellstmöglich zurückzuführen. Dies schließt aber nicht aus, dass es bei der Anwendung in Einzelfällen Probleme gibt.

Bei Streitigkeiten in Sorge- und Umgangsrechtsfällen geht es um schwierige Konflikte, die ihre Ursachen im zwischenmenschlichen Bereich haben und durch den Auslandsbezug erschwert werden. Obwohl differenzierte Rechtsinstrumente bereitstehen, gibt es innerhalb der EU Fälle, die nicht zur Zufriedenheit gelöst werden.

Wegen der Vielzahl deutsch-französischer Ehen und nichtehelicher Lebensgemeinschaften gibt es auch im deutsch-französischen Verhältnis viele Sorgerechtskonflikte, die durch das Nebeneinander zweier Rechtssysteme noch erschwert werden.

Deutschland und Frankreich haben sich deshalb entschieden, der Lösung solcher Konflikte ein besonderes Augenmerk zu widmen und damit eine Vorreiterrolle in Europa zu spielen.

Aus Anlass der Potsdamer Konsultationen im Dezember 1998 haben die Bundesministerin der Justiz, Frau Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, und die damalige Justizministerin der Französischen Republik, Frau Elizabeth Guigou, für deutsch-französische Sorgerechtskonflikte die Einrichtung einer internationalen Mediation beschlossen, um den Versuch zu unternehmen, deutsch-französische Sorgerechtskonflikte zu bewältigen und persönliche Beziehungen des Kindes mit seinen beiden Elternteilen wiederherzustellen, wie dies in dem New Yorker Übereinkommen über Kindesrechte und heute auch in der Grundrechtscharta der Europäischen Union grundsätzlich vorgesehen ist.

Die Ministerinnen waren der Auffassung, dass Sorgerechtskonflikte, die trotz gerichtlicher Entscheidungen fortbestehen, mit Hilfe von Parlamentariern aus beiden Ländern, die als Mediatoren auftreten, gelöst werden können. Diese Aufgabe soll von Persönlichkeiten mit besonderem Ansehen erfüllt werden, da Personen von hoher moralischer Autorität dazu beitragen können, im Interesse der Kinder Vereinbarungen zu erzielen, um gerichtliche Entscheidungen überflüssig zu machen bzw. umzusetzen. Die Mediatoren haben die Aufgabe, das Augenmerk der zerstrittenen Eltern auf das recht verstandene Wohl ihrer Kinder zu lenken und so die Eltern möglichst an einen Tisch zu bringen.

Die Justizministerinnen Deutschlands und Frankreichs haben sich daher darauf geeinigt, eine bilaterale parlamentarische Mediatorengruppe einzurichten.

Am 3. März 1999 wurden nach Einrichtung der Kinderkommission durch den 14. Bundestag folgende Abgeordnete von der Justizministerin Deutschlands mit der Aufgabe der Mediation betraut:

Frau Evelyne Gebhardt, MdEP Herr Rolf Stöckel, MdB Frau Dr. Angelica Schwall-Düren, MdB

Am 7. Juni 1999 benannte die damalige Justizministerin Frankreichs, Frau Guigou, folgende Abgeordnete als Mediatoren:

Frau Pervenche Bérès, EP-Abgeordnete, Frau Dinah Derycke (+ 2002), Mitglied des französischen Senats, Herrn Pierre Cardo, Mitglied der französischen Assemblée Nationale.

2. Die Mediatorengruppe hat sich im Oktober 1999 in Luxemburg am Rande des Rates der Europäischen Justizminister konstituiert und ist am 3. Dezember 1999 in Brüssel zu ihrer ersten Arbeitssitzung zusammengetroffen. Seitdem finden in regelmäßigen Abständen - und nach zwischenzeitlicher Bestätigung der Mediatorengruppe durch die neue französische Justizministerin Marylise Lebranchu - weitere Treffen statt.

3. Die französischen und deutschen Mediatoren haben jeweils Zwischenberichte über ihre Arbeit erstellt und veröffentlicht. Die französischen Parlamentarier haben ihrer Justizministerin den Bericht am 22. November 2000 übergeben. Der Bericht unterrichtet über die Tätigkeit der deutsch-französischen Mediatorengruppe und unterbereitet 22 Vorschläge, um die Lösung von Konflikten über das Sorgerecht zwischen binationalen Paaren zu erleichtern.

Der Zwischenbericht der deutschen Mediatoren wurde der Justizministerin am 8. März 2001 übergeben. Er enthält ebenfalls eine Beschreibung der Arbeit der Mediatorengruppe sowie 11 Vorschläge zu Verbesserung der behördlichen und gerichtlichen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

4. Grenzüberschreitende Sorge- und Umgangsrechtskonflikte treten in sehr unterschiedlichen Konstellationen auf. Die Mediatorengruppe ist von 31 französischen Vätern, 6 französischen Müttern, einer französischen Großmutter, sowie von drei deutschen Vätern mit insgesamt 41 Fällen befasst worden. Die in Anhang 1 und 2 wiedergegebenen anonymisierten Beispiele dienen der Erläuterung, welche Art von Fällen für ein Mediationsverfahren in Betracht kommen.

II. Aufgabe und Arbeitsweise

Aufgabe der Mediatoren ist es, in deutsch-französischen Sorge- und Umgangsrechtskonflikten um gemeinsame Kinder in deren Interesse auf eine einvernehmliche außergerichtliche Lösung hinzuwirken.

Dazu ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob die dafür erforderliche Bereitschaft beider Elternteile vorliegt und welche Art von Engagement konkret geeignet und erfolgversprechend erscheint. Eine denkbare, keineswegs aber zwangsläufige Form der Mediation besteht darin, dass die Mediatoren in Gesprächen mit den Elternteilen Vorschläge für das Umgangsrecht erarbeiten, die von allen Beteiligten akzeptiert werden können. Gleichermaßen können die Mediatoren Sachverständige z.B. Psychologen vorschlagen und auf diese Weise die Herstellung eines ersten Kontakts zwischen diesen und den streitenden Elternteilen ermöglichen. Vor allem in Kindesentziehungsfällen kann mit Hilfe der Mediation die Umsetzung einer gerichtlichen Entscheidung erleichtert werden.

In ihrer Tätigkeit werden die Mitglieder der Mediatorengruppe durch die bei den Justizministerien eingerichteten Arbeitsstäbe fachlich und organisatorisch unterstützt. Dazu zählt u.a. die Feststellung des Sachverhaltes, die Organisation der Mediatorentreffen, die Kontaktaufnahme mit anderen zu beteiligenden Stellen und Behörden bzw. Vermittlung des Kontakts mit den Mediatoren und Sachverständigen.

Eine an die deutsche oder französische Seite der Mediatorengruppe (bzw. die Arbeitsstäbe) herangetragene Bitte eines Elternteils um Unterstützung in einer Kindschaftsangelegenheit wird in einem ersten Schritt von den Mitgliedern der Mediatorengruppe, in deren Land der jeweils andere Elternteil lebt, an diesen weitergeleitet. In einem Anschreiben wird gleichzeitig die Tätigkeit der Mediatorengruppe vorgestellt und das Angebot unterbreitet, ein Mediationsverfahren durchzuführen. Ist auf das Mediatorenangebot an einen Elternteil binnen zwei Monaten keine Antwort erfolgt, wird in einem zweiten Schreiben der Mediatoren der Mediationsvorschlag noch einmal wiederholt.

Stimmen beide Elternteile der Durchführung eines Mediationsversuchs zu und sind die tatsächlichen und rechtlichen Hintergründe des Konflikts festgestellt, wird der Fall anschließend in der Mediatorengruppe erörtert und die weitere Vorgehensweise beraten. Diese bestimmt zwei Mitglieder (je ein französisches und ein deutsches), die - je nach den Umständen des Einzelfalls - entweder mit jedem Elternteil getrennt oder mit beiden Elternteilen gemeinsam in persönlichen Gesprächen, ggf. auch unter Hinzuziehung der betroffenen Kinder, die Hintergründe und die Vorstellungen beider Elternteile über das jeweils angestrebte Ziel und die sonstigen Umstände der Konfliktsituation herauskristallisieren.

Im Anschluss daran erstatten die beauftragten Mitglieder der Mediatorengruppe den übrigen Mediatoren Bericht über das Ergebnis der Gespräche und unterbreiten Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise. Bei Zustimmung der Mediatorengruppe und der betroffenen Elternteile werden schließlich die vorgeschlagenen Maßnahmen mit organisatorischer Unterstützung der Arbeitsstäbe umgesetzt, z.B. Kontaktaufnahme mit Sozialpädagogen zur Durchführung eines betreuten Umgangs.

III. Fortschritte bei den einzelnen Verfahren

1. Die Mediatorengruppe hat in verschiedenartigen Fällen Erfolge erzielt. So konnten insbesondere auch in besonders schwierigen Fällen, in denen sich die Elternteile zum Teil seit langem erfolglos um Besuchskontakte zu ihren bei dem anderen Elternteil lebenden Kindern bemühten, Lösungen erzielt werden.

2. Bei Aufnahme der Tätigkeit der Mediatorengruppe zu Beginn des Jahres 2000 lagen ihr sechs für einen Mediationsversuch geeignet erscheinende Fälle vor. Dabei handelte es sich in erster Linie um Familienverfahren, die auf der Grundlage des Haager Kindesentführungsübereinkommens unter Inanspruchnahme der Zentralen Behörden beider Staaten durchgeführt wurden bzw. worden waren.

Das Mediationsangebot und die Tätigkeit der Mediatorengruppe stoßen zunehmend auf Resonanz. Es wenden sich immer mehr betroffene Elternteile unmittelbar an die Mediatorengruppe. Während das Mediationsangebot bei französischen Elternteilen von Anfang an genutzt wurde, ist inzwischen auch auf Seiten der betroffenen deutschen Elternteile die Bereitschaft erkennbar, dieses außergerichtliche Mediationsangebot in Anspruch zu nehmen. Die überwiegende Zahl der Fälle betrifft auch nicht mehr solche, bei denen ein Kindesentführungsverfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen zugrunde liegt, sondern Umgangsrechtskonflikte.

Mittlerweile ist die Mediatorengruppe mit 41 Anträgen auf Einleitung eines Mediationsverfahrens befasst worden.

In neun dieser Fälle ist ein Umgang des Elternteils, der die Mediationsbitte geäußert hat, mit seinen Kindern bereits zustande gekommen bzw. ist in Kürze damit zu rechnen. In vier Fällen erscheint ein solcher Schritt möglich, acht Fälle werden derzeit noch geprüft.

IV. Vorschläge für weitere Verbesserungen bei der Lösung internationaler Sorge- und Umgangsrechtskonflikte

Im Mittelpunkt der Tätigkeit der Mediatoren steht die Lösung der Einzelfälle. Als Ansprechpartner hilfesuchender Eltern gewinnen die Mediatoren auch einen Einblick in binationale Sorge- und Umgangsrechtskonflikte unterschiedlichster Konstellationen und die nach dem Auseinanderbrechen binationaler familiärer Beziehungen auftretenden Schwierigkeiten. Durch die fallbezogenen Diskussionen innerhalb der Mediatorengruppe wird der Blickwinkel auch für die jeweils andere Sicht der Dinge geweitet. Diese Erfahrungen nutzen die Mediatoren, um Vorschläge für Verbesserungen der behördlichen und gerichtlichen Praxis zu entwickeln und die Bedeutung der Verfügbarkeit einer tatsächlichen internationalen Mediation in Familiensachen zu betonen, die eine wirksame und weniger schmerzliche Alternative zur Lösung von Konflikten in internationalen Familienangelegenheiten darstellen kann.

Sie schlagen die folgenden Maßnahmen vor, die vor dem Hintergrund der internationalen Übereinkommen das Zusammenspiel behördlicher und gerichtlicher Maßnahmen und einer Mediation in Deutschland und Frankreich verbessern könnten:

* Intensivierung der Fortbildung

Diese sollte sich auf Richter, Rechtsanwälte und sonstige mit der Anwendung des Haager Übereinkommens befasste oder in die Ermöglichung von Umgang involvierte Behörden (z.B. Jugendämter) erstrecken. Nur durch die Fortbildung sämtlicher in einem binationalen Kindschaftsverfahren involvierter Beteiligter ist eine optimale Umsetzung bestehender internationaler Übereinkommen, europäischer Rechtsakte und einer internationalen Familienmeditation gewährleistet.

- Dabei sollte die Fortbildung gerade der Richter nicht auf die juristisch-fachliche Seite der Übereinkommen und des Familienrechts beschränkt werden, sondern auch die Möglichkeiten der Einrichtung eines internationalen Mediationsverfahrens zur Konfliktlösung erfassen.

- Diese Fortbildung sollte mit dem gründlichen Erlernen einer Fremdsprache einhergehen.

- Für einen umfassenden Gedanken- und Erfahrungsaustausch sind multilaterale Fortbildungsveranstaltungen, wie etwa die im Juni 2000 und Oktober 2001 unter Beteiligung von Deutschland und Frankreich durchgeführten und von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht organisierten Richterseminare, besonders hilfreich.

* Richteraustausch, informelles Netzwerk und verstärkte Zusammenarbeit

Der derzeit bereits in den Justizministerien eingerichtete Austausch von Verbindungsbeamten, der u.a. dem besseren Verständnis des jeweils anderen Rechtssystems und der intensiveren Kommunikation zwischen den Ministerien dient, ist ein Erfolg. Eine ähnliche direkte Kommunikation könnte noch stärker auf die gerichtliche Ebene insgesamt ausgedehnt werden. Eine Möglichkeit wäre der Austausch von Richtern bzw. Praktikanten, die an Gerichtsverhandlungen teilnehmen könnten.

* Beschleunigung der Verfahrensabläufe

Um zu vermeiden, dass die Kontaktaufnahme zwischen umgangsberechtigtem Elternteil und Kindern durch behördliche Verzögerungen erschwert werden, sollten die Verfahrensabläufe beschleunigt werden. Hier sind bereits erste Schritte eingeleitet worden. So leitet die deutsche Zentrale Behörde ein vollständiges Ersuchen binnen sieben Arbeitstagen an das zuständige Gericht weiter. Der nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen vorgesehene außergerichtliche Vermittlungsversuch wird parallel dazu unternommen. Bei Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe wird eine Verfahrensbeschleunigung dadurch bewirkt, dass der Sachantrag gleichzeitig mit dem Prozesskostenhilfegesuch eingereicht wird.

Frankreich prüft ebenfalls die praktischen Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung.

Diese Verfahrensbeschleunigung setzt eine entsprechende Personalausstattung bei den zuständigen zentralen Behörden voraus.

* Zuständigkeitskonzentration

Eine bessere Umsetzung der auf der Grundlage des Haager Kindesentführungsübereinkommens und des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens geführten Verfahren erfordert die Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeiten. Die in Deutschland zum 1. Juli 1999 in Kraft getretene Zuständigkeitskonzentration auf bundesweit 24 Amtsgerichte (je eines pro OLG-Bezirk) hat zu einer verbesserten Umsetzung der Übereinkommen geführt. In Frankreich ist eine ähnliche Reform gerade vom Parlament verabschiedet worden; danach wird die Zuständigkeit innerhalb des Bezirks einer Cour d appel auf jeweils ein tribunal de grande instance begrenzt (von nun an sind 35 Gerichte zuständig).

 * Information der Öffentlichkeit

Es bedarf besserer, möglichst flächendeckender, Information der Öffentlichkeit über bestehende internationale Übereinkommen sowie die im konkreten Fall zur Verfügung stehenden Ansprechpartner und Hilfsmöglichkeiten, damit Betroffenen möglichst rasch und sachverständig geholfen werden kann, u.a. durch

- die Herausgabe einer Broschüre (zweisprachig) mit Informationen über Grundsätze des Familienrechts in beiden Ländern, die Verfahren der internationalen Übereinkommen, Rechtsschutzmöglichkeiten, Präventivmaßnahmen, Rechtswege und das Mediationsangebot

- die Einrichtung einer gemeinsamen Internetseite (Homepage), die die Aufgaben und Arbeitsweise der deutsch-französischen parlamentarischen Mediatorengruppe und die Umstände unter denen eine einzelne binationale Mediation zustande kommt, beschreibt

- die Einrichtung von Informations- und Beratungsstellen, die von binationalen Paaren in ihren unterschiedlichen Lebensstadien angerufen werden können, um Informationen zum Familienrecht und internationalen Privatrecht zu erhalten und dadurch eventuelle Schwierigkeiten möglichst schon im Vorfeld eines Konflikts zu bereinigen, soweit dies im Hinblick auf die in der Entscheidung des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 174, 25) vorgesehenen Informationsangebote hinaus erforderlich ist.

* Kontaktzentren

Die Idee von Kontaktzentren stammt aus dem angelsächsischen Bereich und basiert auf der Vorstellung, dass grundsätzlich einer Entfremdung zwischen umgangsberechtigten Eltern und Kindern entgegengewirkt werden muss. Dies könnte durch von Fachleuten begleitete Treffen von Eltern und Kindern, einer Begegnung zur erneuten Kontaktaufnahme, erreicht werden. Dabei ist an die Einrichtung von Treffen zu denken, die von einer interdisziplinären Gruppe aus professionellen Vermittlern, Sozialarbeitern und Dolmetschern begleitet würden und die in der Nähe des Wohnorts des Elternteils, bei dem das Kind wohnt, stattfinden würden. Eine solche, durch beide Familienkulturen geprägte Umgebung könnte zur Beruhigung des Elternteils, bei dem das Kind lebt, beitragen.

* Professionelle Unterstützung der parlamentarischen Mediation

Die von der Mediatorengruppe erzielten Ergebnisse lassen die Feststellung zu, dass die internationale Mediation eine neue Art der Beilegung von Konflikten zwischen binationalen Paaren darstellt. Sie ist pragmatisch und wirksam. Sie kann den binationalen Charakter dieser Sorgerechtskonflikte entschärfen, die denen zwischen Elternteilen gleicher Nationalität, deren Beziehung gescheitert ist, häufig ähneln. Zudem kann sie Sorgerechtskonflikte entdramatisieren, indem das gemeinsame Augenmerk auf das Wohl des Kindes gerichtet wird. Dem entspricht es - von seltenen Ausnahmen abgesehen - am ehesten, wenn die Verbindung zwischen Kindern und beiden Eltern aufrecht erhalten wird.

Zu diesem Zweck - und ohne dass dadurch die Bedeutung der parlamentarischen Mediation in Frage gestellt würde, ist es zur effektiven Lösung der Streitfälle geboten, dass in diesem Rahmen professionelle Mediatoren (Sozialarbeiter, Juristen, Erzieher und Psychologen mit einer Ausbildung in intern. Familienmediation) aus beiden Ländern tätig werden, die eine Mediation auf der Grundlage beider Familienkulturen des Kindes durchführen.

Zur Lösung eines Sorgerechtskonflikts im Rahmen der parlamentarischen Mediation erscheint es wünschenswert, um den Streit um das Kind gänzlich zu befrieden, dass die Mediatorengruppe, die in Umgangsstreitfällen angerufen wird, sich auch sonstiger Fragen und insbesondere der Einigung über Unterhaltszahlungen annehmen kann.

Die sechs Mitglieder der Parlamentariergruppe haben sich mit großem Engagement der Lösung binationaler Streitfälle gewidmet, aber sie werden durch zeitliche Zwänge behindert. Dies gilt besonders, weil die Arbeit der Parlamentariergruppe in der Öffentlichkeit geschätzt wird und sie daher auch immer öfter angerufen wird. Es wäre bedauerlich, wenn sich dadurch Verzögerungen bei der Behandlung einzelner Fälle ergeben würden.

Dieser Erfolg der Mediatorengruppe bei den betroffenen Eltern offenbart die Notwendigkeit derartiger Mediationsverfahren und es stellt sich daher die Frage, ein System professioneller Mediation für binationale Kindschaftskonflikte unter der Autorität der Abgeordneten einzurichten, die über die dt.-franz. Familienmediation jährlich berichten würden und ein Reflexionsorgan für die professionelle internationale Familienmediation darstellen könnten.

 * Ausweitung professioneller Mediation in familiengerichtlichen Verfahren

Die professionelle Mediation sollte in familiengerichtlichen Verfahren ausgeweitet werden. Die bisherigen Erfahrungen der Mediatoren lassen es als angezeigt erscheinen, einen Mediationsversuch vor allem im Rahmen eines Umgangsrechtsstreits so früh wie möglich zu unternehmen.

Liegen erst einmal - sehr häufig entgegengesetzte - gerichtliche Entscheidungen vor, fällt es den Beteiligten oft schwer, von der ihnen zuerkannten Rechtsposition im Interesse des Kindes abzuweichen.

Oft sind Elternteile auch nicht bereit, gerichtlich festgelegte Regelungen zu akzeptieren, da sie selbst nicht einsehen können, dass diese Regelungen im Kindesinteresse sind.

* Erarbeitung eines Leitfadens für das Haager Übereinkommen

Das Vorhaben der Haager Konferenz, einen Praxisleitfaden für die Auslegung des Haager Kindesentführungsübereinkommens zu erstellen, sollte unterstützt werden. Ein solcher Leitfaden würde zwar angesichts der richterlichen Unabhängigkeit keinerlei verbindliche Wirkung haben, gleichwohl könnte er eine nützliche Hilfe für die Auslegung darstellen.

Diese Unterstützung könnte darin bestehen, dem Generalsekretariat der Haager Konferenz für internationales Privatrecht durch jedes der beiden Länder einen Experten für die Mitarbeit an den laufenden Arbeiten zur Verfügung zu stellen.

* Meinungsaustausch zum Begriff des Kindeswohls

Der Begriff des "Kindeswohls" wird in den internationalen Übereinkommen mehrfach verwendet. Es gibt aber keine Definition dieses Begriffes. Die den Übereinkommen angehörenden Staaten haben zum Teil unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung des Begriffes. Es erscheint wesentlich, eine binationale Arbeitsgruppe aus Praktikern und Wissenschaftlern einzusetzen, die die verschiedenen Ansätze analysiert und Überlegungen zu dem Begriff bezogen auf die Haager Konvention und die Europäische Grundrechtscharta anstellt. Eine solche Analyse, die gegenüber den Gerichten keinerlei verbindlichen Charakter hätte, würde einen Beitrag zum besseren gegenseitigen Verständnis leisten und wäre ein Pfand für eine größere Kohärenz in der Tätigkeit der Rechtssysteme beider Länder.

Sie könnte auch als Diskussionsgrundlage für bi- oder multinationale Seminare dienen und zu Überlegungen beitragen, wie die Familienrechte beider Staaten angenähert werden könnten.

Schlussfolgerung

Auf die steigende Zahl deutsch-französischer Sorgerechtskonflikte haben die Regierungen der beiden Länder wirksam mit der Einrichtung der deutsch-französischen parlamentarischen Mediatorengruppe reagiert. Durch ihre Mediationstätigkeit hat die Gruppe in hohem Maße zur Beilegung schmerzlicher Konflikte beigetragen, indem sie die Wiederaufnahme eines Dialogs erleichtert und sich darum bemüht hat, nationale Reflexe zu bremsen, die allzu oft zu einer völligen Blockade führen.

Durch das Eingreifen der Mediatorengruppe wurde das Hindernis des Auslandsbezugs teilweise abgebaut und der binationale Sorgerechtskonflikt soweit wie möglich auf die Ebene eines klassischen Paarkonflikts zurückgeführt. Gleichwohl unterbreitet der vorliegende Bericht angesichts der weiterhin gewichtigen Hindernisse einige neue Vorschläge, um diese schwierigen Situationen anzugehen.

Mit diesem Bericht wird das Klima des Vertrauens, das sich dank der Arbeit der Mediatorengruppe entwickelt hat, insoweit vertieft, als es die deutsch-französische Zusammenarbeit zur Lösung dieser Sorgerechtskonflikte und zur Bekämpfung rechtswidriger internationaler Kindesentführungsfälle fördert.

Zudem erleichtert es das Entstehen eines binationalen Ansatzes für den Umgang mit zwischenstaatlichen Familienkonflikten. Dabei besteht insbesondere der gemeinsame Wille, professionelle Mediation innerhalb der parlamentarischen Gruppe einzurichten.

Als Motor der Europäischen Union sind Deutschland und Frankreich somit bestrebt, den Weg der Mediation im Hinblick auf die Lösung von Familienkonflikten in allen EU-Staaten zu fördern. Eine solche Initiative wäre geeignet, den beispielhaften Charakter der deutsch-französischen Beziehungen zu stärken.

Anhang 1

BEISPIELE DER DEUTSCHEN PARLAMENTARIER

Erstes Beispiel (Entführung)

Die deutsche Staatsangehörige Daniela heiratet im Jahr 1990 den französischen Staatsangehörigen Jean. Der Lebensmittelpunkt wird Frankreich, wo Jean in einer sehr guten beruflichen Position ist. Daniela findet dort ebenfalls eine Arbeit. Als 1992 ihr Sohn geboren wird, beschließt sie im Einvernehmen mit Jean, für einige Jahre ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben und sich ganz der Erziehung zu widmen. In der Folgezeit gibt es in der Ehe mehr und mehr Probleme. Deshalb zieht Daniela aus der gemeinsamen Wohnung aus und bezieht zunächst ein Apartment im nächstgelegenen Ort. Nach dem Gesetz des Aufenthaltsstaates haben die Eltern weiterhin das gemeinsame Sorgerecht, bis eine andere Entscheidung getroffen wird (dies gilt in Deutschland und Frankreich). Im Zuge des Scheidungsverfahrens in Frankreich gibt Daniela an, nach Deutschland zurückkehren zu wollen. Sie verlangt von Jean die Zustimmung zu einer Regelung, wonach er gegen Einräumung eines großzügigen Umgangsrechts auf die Ausübung der elterlichen Sorge verzichtet. Jean lehnt diesen Vorschlag als unzumutbar ab. In Ermangelung einer gütlichen Regelung über die elterliche Sorge ordnet das Gericht für seine Entscheidungsfindung die Erstattung eines Sachverständigengutachtens an. Während der Begutachtung der Beteiligten glaubt Daniela feststellen zu können, dass Jean sowohl vom Gericht als auch vom Sachverständigen schon wegen seiner französischen Staatsangehörigkeit als Erzieher und alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge bevorzugt wird. Da Daniela und Jean deswegen zunehmend in Streit geraten und das Sorgerechtsverfahren sich hinzieht, beschließt Daniela, die Angelegenheit in ihre Hände zu nehmen. Sie verlässt Frankreich während einer längeren berufsbedingten Abwesenheit von Jean und begibt sich mit dem gemeinsamen Sohn in das Haus einer Freundin nach Deutschland. Dort wird ihr innerhalb einer Woche auf ihren Antrag vom örtlich zuständigen Familiengericht im Wege einer einstweiligen Anordnung die alleinige elterliche Sorge übertragen. Als Jean einige Zeit nach seiner Rückkehr in die frühere Familienwohnung feststellen muss, dass Daniela ihr Apartment geräumt und mit unbekanntem Ziel verzogen ist, vermutet er sie und den gemeinsamen Sohn in Deutschland. Er leitet ein Verfahren auf Rückführung des Kindes nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen ein. Wenige Tage später schließt das französische Gericht sein Sorgerechtsverfahren ab. In seiner Entscheidung überträgt es Jean die alleinige elterliche Sorge und regelt ein großzügiges Umgangsrecht für Daniela. Sein Rückführungsantrag nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen wird 10 Monate nach Antragstellung rechtskräftig unter Berufung auf das Kindeswohl zurückgewiesen. Da Daniela Jean aus Angst vor einer "Rückentführung" des Sohnes in nur sehr eingeschränktem Maße persönlichen Kontakt mit dem Kind gestatten wollte, griff Jean seinerseits zur Selbsthilfe und nutzte einen seiner Besuche in Deutschland dazu, das Kind in der Schule abzupassen. Sein Versuch, das Kind nach Frankreich zu bringen, scheiterte jedoch am Widerstand des Kindes.

Zweites Beispiel (Umgangsrecht)

Weiteres Konfliktpotential ergibt sich daraus, dass sich die Eltern wegen der Regelung der elterlichen Sorge jeweils an die Gerichte ihres Heimatstaates wenden und diese dann widerstreitende Sorge- und Umgangsrechtsentscheidungen treffen.

So geschehen im Fall des nichtehelich geborenen Martin (inzwischen 8 Jahre alt), dessen Vater die französische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Mutter ist Deutsche. Nach Scheitern der Beziehung kehrte sie vor 5 Jahren mit dem Kind nach Deutschland zurück. Dort übertrug ein Gericht ihr die elterliche Sorge und gewährte dem Vater ein Umgangsrecht. Knapp ein Jahr nach Erlass der deutschen Sorgerechtsentscheidung übertrug ein französisches Gericht dem Vater auf dessen Antrag die alleinige elterliche Sorge und gewährte der Mutter ein Umgangsrecht. Beide Entscheidungen stehen im Widerspruch zueinander. Das Gericht in Deutschland lehnte die beantragte Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Entscheidung des französischen Gerichts ab und wies den Antrag des Vaters zurück. Eine zwischen den Eltern getroffene Vereinbarung über ein Umgangsrecht des Vaters scheitert an der Verweigerungshaltung der Mutter.

Drittes Beispiel (Sorgerecht)

Einen in seinen Auswirkungen ähnlichen Fall betrifft ein weiteres seit nunmehr vier Jahren schwebendes Umgangsrechtsverfahren.

Aus der deutsch-französischen Ehe Jean und Anita sind zwei Kinder, mittlerweile 7 und 5 Jahre alt, hervorgegangen. Beide leben seit der Trennung der Eltern vor 5 Jahren bei der Mutter in Deutschland. Sie hatten seitdem kaum Kontakt zu ihrem Vater, obwohl ein französisches Gericht dem Vater ein Besuchs- und Beherbergungsrecht eingeräumt hat. Das wegen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der französischen Entscheidung angerufene deutsche Gericht erkannte die Entscheidung des französischen Gerichts nach Schwierigkeiten bei einem ersten Kontakt zwischen Vater und Kindern zwar grundsätzlich an. Die Ausgestaltung im Einzelnen wurde aber einer weiteren Entscheidung nach Einholung eines psychologischen Gutachtens vorbehalten. Dem Vater im Laufe des Verfahrens vorläufig zugebilligte Besuchs- wie auch vergleichsweise vereinbarte Umgangskontakte scheiterten nahezu in jedem Fall daran, dass die Mutter die Termine nicht wahrnahm. Nur auf Ankündigung des Gerichts, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen, gab es im Herbst 2000 immerhin zwei kurze Besuchskontakte zwischen Vater und Kindern.

Die Ende 2000 ergangene gerichtliche vorläufige Umgangsrechtsregelung hat die Mutter mit der Beschwerde angefochten. Das befasste Gericht hat noch nicht über die Beschwerde entschieden.

Diese, im Interesse des Kindes vorgesehene Einschränkung der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen, läuft bei überlanger Verfahrensdauer den Interessen aller Verfahrensbeteiligten zuwider.

Anhang 2

BEISPIELE DER FRANZÖSISCHEN PARLAMENTARIER

Erstes Beispiel (Anwendung des Haager Übereinkommens im Falle einer Entführung)

Aus der Ehe des französischen Staatsangehörigen Jean mit der deutschen Staatsangehörigen Catherine sind zwei Kinder hervorgegangen, die nunmehr 14 und 11 Jahre alt sind.

Zu Beginn des Jahres 1997 hat Catherine vor einem französischen Gericht das Scheidungsverfahren eingeleitet; das Gericht setzte den Aufenthalt der Kinder bei ihrer Mutter fest und räumte dem Vater ein Umgangsrecht ein.

Nach zehn Tagen hat die Mutter Frankreich mit den Kindern verlassen und ist nach Deutschland zurückgekehrt; dort hat sie ein neues Scheidungsverfahren eingeleitet.

Der Vater hat alsdann auf der Grundlage des Haager Übereinkommens vor den deutschen Gerichten geklagt. Nachdem das Appellationsgericht die Rechtswidrigkeit des Verbringens anerkannt hatte, hat es mit Urteil aus dem Jahre 1998 die Rückgabe der Kinder auf der Grundlage von Artikel 13 b des Übereinkommens mit der Begründung abgelehnt, dass die Kinder einerseits erklärt hätten, sich vor ihrem Vater zu fürchten. Diese Aussage wird vom Vater bestritten; er gibt an, in Frankreich seien die Kinder sehr gern mit ihm zusammen gewesen.

Jean hat sich dann an die französische zentrale Behörde gewandt, um bei dem deutschen Gericht die Anerkennung eines Umgangsrechts zu beantragen, um die Beziehungen zu seinen beiden Kindern aufrecht erhalten zu können.

Mit Urteil aus dem Jahre 2001 hat das deutsche Gericht ihm ein Umgangsrecht mit der Begründung versagt, das seine Kinder vor ihm Angst hätten und keinen Kontakt zu ihm - auch keinen Briefkontakt - wünschten.

Zweites Beispiel (Sorgerecht und Unterhalt)

Der französische Staatsangehörige Eric hat 1989 in Frankreich die deutsche Staatsangehörige Sabine geheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervor gegangen, die jetzt 12 und 10 Jahre alt sind.

1995 haben die beiden Eheleute entschieden, sich zu trennen. Die Mutter ist mit Einverständnis des Vaters nach Deutschland zurückgekehrt. 1996 hat ein französisches Gericht die von den Eheleuten gemeinsam beantragte Scheidung ausgesprochen. Aufgrund des Einverständnisses der Parteien hat es ein gemeinsames Sorgerecht vorgesehen, bestimmt, dass die Kinder sich bei der Mutter aufhalten und dem Vater ein Umgangsrecht zugesprochen, das ein Wochenende im Monat, einen Monat im Sommer sowie eine Woche im Winter umfasst.

Bis Mitte 2000 hatte Eric Zugang zu seinen Kindern, im November 2000 hat die Mutter jedoch ein deutsches Gericht angerufen, um die Beziehung zwischen Vater und den beiden Kindern zu beenden. Das Gericht hat daraufhin dem Vater jeden Kontakt zu einem seiner Kinder untersagt und die Erstattung eines psychologischen Sachverständigengutachtens angeordnet sowie die Beziehungen zwischen Vater und dem anderen Kind auf Zusammentreffen an Wochenenden beschränkt.

Mit Urteil aus dem Jahre 2001 hat das deutsche Gericht entschieden, jedes Zusammentreffen zwischen Eric und dem ersten Kind für die Dauer von mindestens zwei Jahren zu untersagen, um das Kind vor "Enttäuschung zu schützen und die Zerstörung der Vater-Kind-Beziehung zu vermeiden". Die Kontakte zu dem zweiten Kind hat das Gericht auf einige alle zwei Monate unter Aufsicht stattfindende Stunden beschränkt, um einer hypothetischen Entführung vorzubeugen und auch weil dies dem Wunsch des Kindes entsprechen sollte.

Gemäß der Parteienabsprache hatte das französische Gericht den Anteil des Vaters am Unterhalt und der Erziehung der Kinder festgesetzt; dieser von der Mutter akzeptierten Entscheidung hat der Vater Folge geleistet. Anfang 2001 hat die Mutter ein deutsches Gericht mit dem Ziel der Änderung des Unterhaltsbeitrages angerufen; das Gericht entsprach ihrem Antrag mit der Begründung, dass die Umstände, die der Entscheidung des französischen Gerichts zugrunde lagen "wesentliche Änderungen erfahren haben, da die Antragsteller nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland leben".

Drittes Beispiel (Gestaltung des Umgangsrechts)

Aus der Verbindung zwischen dem Franzosen Didier und der deutschen Staatsangehörigen Jutta ist eine 1994 geborene Tochter hervorgegangen. Didier hat ein Umgangsrecht beantragt; dies wurde von der Kindesmutter abgelehnt. Er hat ein deutsches Familiengericht angerufen, das ihm ein alle zwei Monate auszuübendes Umgangsrecht einräumt. Das Umgangsrecht wird nach Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung aufgehoben. Didier hat 1999 ein neues Verfahren vor einem anderen Gericht eingeleitet, da die Mutter zwischenzeitlich umgezogen ist. Mit Entscheidung aus dem Jahre 2001 hat ihm das Gericht ein monatliches Umgangsrecht mit einer Dauer von zwei bis drei Stunden unter Aufsicht eingeräumt. Die Mutter hat diese Entscheidung angefochten. Aufgrund des schwebenden Rechtsmittelverfahrens hat das zuständige Jugendamt die gerichtlich angeordneten Zusammentreffen bislang nicht durchgeführt.

Anhang 3

VORSCHLÄGE DER FRANZÖSISCHEN MITGLIEDER DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN PARLAMENTARISCHEN MEDIATORENGRUPPE IM HINBLICK AUF EINE WIRKSAME UND WENIGER SCHMERZLICHE LÖSUNG BINATIONALER FAMILIENKONFLIKTE

- EINRICHTUNG EINES INTERMINISTERIELLEN ARBEITSSTABES ZUR VERHÜTUNG UND   BEILEGUNG VON ZWISCHENSTAATLICHEN FAMILENKONFLIKTEN

Ohne sich in philosophische Überlegungen ergehen zu wollen, wünscht die Mediatorengruppe die Verabschiedung einer ganzen Reihe von praktischen Maßnahmen, die pragmatisch und wirksam binationale Sorgerechtskonflikte entflechten sollen, wobei den Interessen des Kindes immer die größte Bedeutung zukommt.

Mit der Einrichtung der Mission zur Unterstützung bei internationalen Mediationen in Familiensachen hat die Justizministerin bereits eine energische Reaktion gezeigt.

Diese Struktur ist ein wichtiger Schritt nach vorne, da sie geeignet ist, durch einen gemeinsamen Ansatz sowie der Herstellung eines Klimas des Vertrauens eine schnellere und bessere Lösung in einigen dieser Familienstreitsachen zu ermöglichen.

Da die meisten dieser Streitsachen aber äußerst vielschichtig sind und so verschiedene Tatbestände wie die Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung, die Animositäten zwischen den Ehepartnern, die von diesen in ihrem Konflikt begangen Straftaten, in vielen Ländern die notwendige Berücksichtigung von diplomatischen Überlegungen in sich vereinen, erscheint es erforderlich, dass der Förderung der internatonalen Mediation hinschlich der ausländischen Beteiligten eine Autorität zuerkannt wird, die nur dann wirklich sein kann, wenn sie interministeriellen Charakter trägt.

- ÜBERLEGUNGEN ZUM AUSREISEVERBOTSVERFAHREN

Das Schengener-Abkommen vom 14. Juni 1985 hat die Kontrollen an den Binnengrenzen der späteren Europäischen Union abgeschafft. Somit ist die Freizügigkeit der Personen innerhalb des Schengen-Raums garantiert und die Kontrollen finden an den Außengrenzen der Union statt.

Eine Neuverhandlung von Schengen ist auszuschließen.

Um zu vermeiden, dass ein Elternteil sein Kind ungestört innerhalb der Europäischen Union rechtswidrig verbringt, sollten jedoch Überlegungen zu der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer Einrichtung spezifischer Kontrollen des Verbringens von Kindern ggfs. unter 13 Jahren innerhalb der Europäischen Union angestellt werden.

- ERARBEITUNG EINES EUROPÄISCHEN FAMILIENRECHTS ALS OPTION

In der Europäischen Union stellen die wirtschaftliche Vereinheitlichung, das Bestehen einer gemeinsamen demokratischen Kultur, das Aufkommen einer europäischen Staatsbürgerschaft und bei den persönlichen Beziehungen die gegenseitige Annäherung von Menschen unterschiedlicher Nationalität eine ganze Reihe von Faktoren dar, die es ermöglichen, eine schrittweise Vereinheitlichung von Teilen des Familienrechts auf den Weg zu bringen.

Es geht darum, die Bildung eines Kerns eines europäisches Familienrecht auf dem Gebiet der Zuerkennung und Ausübung der elterlichen Sorge in Angriff zu nehmen.

Auch wenn die Hoheitsrechte der Staaten bei der Festlegung der Regeln für das Zusammenleben innerhalb der Familie nicht angetastet werden sollen, da sie die Grundlage unserer Gesellschaften bilden, so kann man doch den freiwilligen Weg zu einem europäischen Begriff der Familie ins Auge fassen, was ein großer und positiver Fortschritt wäre.

Die französischen Mitglieder der Mediatorengruppe sind bestrebt, im Interesse des Kindes die Gründe für die Konflikte bei der Ausübung des elterlichen Sorgerechtes bei binationalen Paaren auszumerzen und innerhalb der Union dem Begriff des gemeinsam ausgeübten Sorgerechts eine größere Verbreitung zu verschaffen; sie sind daher der Meinung, dass Überlegungen im Hinblick auf die Ausarbeitung europäischer Rechtsvorschriften über die Zuerkennung und Ausübung des Sorgerechts angestellt werden sollten.

Diese Rechtsvorschriften sollten in einem ersten Schritt keinesfalls automatisch anwendbar sein, die binationalen Paare, die dies wünschen, könnten sich jedoch im Hinblick auf die Zuerkennung und Ausübung des Sorgerechts für ihre Kinder für die Anwendung der Vorschrift entscheiden, indem sie entweder bei der Eheschließung oder bei der Geburt des ersten Kindes eine einfache Erklärung hierzu abgeben.

- SCHAFFUNG EINER EUROPÄISCHEN SCHIEDSGERICHTBARKEIT:

Das Fehlen eines Rechtsraums in Europa mit bisweilen gegensätzlichen Gerichtsentscheidungen in Familienrechtssachen in zwei Ländern der Europäischen Union kann zu verfahrenen Situationen und dem Bild der Europäischen Union in den Augen seiner Bürger sehr abträglich sein.

Daher scheint die Einführung einer europäischen Schiedsgerichtsbarkeit erforderlich zu sein, um die nationalen Familienrechtskonflikte und insbesondere die Konflikte zu lösen, die bei binationalen Paaren anlässlich der Zuerkennung und Ausübung des Sorgerechts entstehen.

Eine solche Gerichtsbarkeit konnte dann zum Zuge kommen, wenn zwei sich widersprechende, aber rechtskräftige Entscheidungen zum Umgangsrecht oder Sorgerecht von den Gerichten der betroffenen Staaten ergangen sind und zu einer ausweglosen Lage führen. Die Schiedsgerichtsbarkeit könnte dann eine Rolle des hinzugezogenen Richters spielen, dessen Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt, indem sie versucht den Konflikt zu lösen und den Streit der Parteien ausschließlich unter Berücksichtigung des Kindeswohls entscheidet. Sie könnte ebenfalls angerufen werden, wenn eine gerichtliche Entscheidung aus einem Mitgliedstaat in einem zweiten Mitgliedstaat nicht durchgesetzt werden kann.

Durch die Schaffung einer solchen Schiedsinstanz, die Quelle einer europäischen Rechtsprechung wäre, könnte ein Beitrag zur Stärkung des gemeinsamen Rechtsraumes und insgesamt der "Einheit Europas" geleistet werden.

- VERABSCHIEDUNG VON GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN IN FAMILIENSTREITSACHEN

Die französischen Mitglieder der deutsch-französischen parlamentarischen Mediatorengruppe halten es für unbedingt erforderlich, dass die derzeit zur Prüfung anstehenden europäischen Texte über die internationale Zuständigkeit, Anerkennung und unmittelbare Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorge- und Umgangsrecht im Geiste des Rates von Tampere so schnell wie möglich verabschiedet werden.

Anhang 4

Arbeiten der deutsch-französischen parlamentarischen Mediatorengruppe

- Sitzung am 29. Oktober 1999 in Luxemburg - Sitzung am 3. Dezember 2000 in Brüssel - Sitzung am 18. Februar 2000 in Berlin - Sitzung am 17. März 2000 in Paris - Sitzung am 2. Mai 2000 in Brüssel - Sitzung am 31. Mai 2000 in Berlin - Übergabe des französischen Zwischenberichts an die Justizministerin   durch die französischen Parlamentarier am 22. November 2000 - Sitzung am 2. Februar 2001 in Berlin - Übergabe des deutschen Zwischenberichts an die Bundesministerin der   Justiz durch die deutschen Parlamentarier am 8. März 2001 - Sitzung am 30. März 2001 in Berlin - Sitzung am 27. April 2001 in Paris - Sitzung am 7. Juni 2001 in Paris - Sitzung am 24. September 2001 in Berlin - Sitzung am 13. Februar 2002 in Paris

Anhang 5

VORSCHLÄGE DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN PARLAMENTARISCHEN MEDIATORENGRUPPE

- Intensivierung der Fortbildung der Richter, Rechtsanwälte und   Jugendämter - Richteraustausch, Schaffung informeller Netzwerke und verstärkte   Zusammenarbeit - Beschleunigung der Verfahrensabläufe - Reduzierung der Anzahl der in internationalen Familienkonflikten   zuständigen Gerichte - Erweiterung der Information der Öffentlichkeit - Einrichtung von Eltern- Kinder Kontaktzentren - Professionelle Unterstützung der parlamentarischen Mediation - Ausweitung professioneller Mediation in familiengerichtlichen   Verfahren - Erarbeitung eines Leitfadens für die Verbreitung Haager   Übereinkommens - Überlegungen zum Begriff des Kindeswohls
 
 

Quelle
http://www.inf.ethz.ch/~gut/soscag/commission_report_d.txt
http://www.vaeter-aktuell.de/Berlin-2002/Bericht_Mediatorengruppe_2002.htm
http://www.vaeter-aktuell.de/Berlin-2002/Bericht_Mediatorengruppe_2002.doc