Französischer Vater kämpft um seine Söhne

Maurice Elfeke wurde in Berlin verhaftet, als er das deutsche Justizministerium um Hilfe bitten wollte

Von Martin Wiegers

 
Paris - Seine Söhne wird er erst einmal nicht wiedersehen. Der französische Unternehmensberater Maurice Elfeke (45) war nach Berlin gereist, um vor dem Justizministerium seinen Fall vorzutragen - den Kampf um seine Söhne. Statt dessen wurde er verhaftet.

Jetzt beschäftigt der Fall Frankreichs Medien und Behörden.

«Die Deutschen gehen wirklich zu weit», erklärte Pierre Cardo, Abgeordneter der französischen Nationalversammlung gegenüber der Zeitung «France Soir». «Seit einem Jahr hat dieser Mann seine Kinder nicht zu Gesicht bekommen - trotz aller Abmachungen, die Berlin unterzeichnet hat.»

Maurice Elfeke war mit einer Deutschen verheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne - Christopher und Alexander (9 und 5). Die Ehe ging in die Brüche, die beiden trennten sich. Vor vier Jahren kehrte Frau Elfeke nach Deutschland zurück und nahm die Kinder mit, obwohl ein französisches Gericht dem Vater das Sorgerecht zugesprochen hatte. Seither kämpft der Vater zumindest um ein Besuchsrecht für seine Kinder. Am Mittwoch wurde er in Berlin festgenommen. «Für mich ist das eine politische Festnahme», kommentierte der liberal-demokratische Abgeordnete.

Offizieller Festnahme-Grund ist eine Anzeige seiner Ex-Frau. Sie beschuldigt ihn, in ihre Wohnung in Hannover eingebrochen zu sein und verschiedene Dokumente entwendet zu haben. Weiter wirft sie ihm vor, den Rasen ihrer Mutter mit einem Entlaubungsmittel besprüht zu haben (Schaden: gut 20 000 Euro). Nach den Anschlägen auf das New Yorker Welthandelszentrum im September vergangenen Jahres streute sie sogar den Verdacht, ihr Ex-Mann stehe mit der Terror-Organisation Al Kaida in Verbindung. Gegenüber der «Berliner Morgenpost» bestritt Elfeke diese Vorwürfe mit Nachdruck.

Maurice Elfeke ist Generalsekretär für SOS Enlevement (Entführung). Der Verein betreut einige hundert derartiger binationaler Sorgerechtsfälle. Nach dem Eindruck des Vereins verstößt Deutschland in vielen Fällen systematisch gegen zwischenstaatliche Abmachungen, indem es in Konfliktfällen stets dem deutschen Elternteil das Recht an den Kindern einräumt.

Internationalen Abmachungen zufolge sollen solche Streitigkeiten von den Gerichten jenes Landes entschieden werden, in denen die Kinder vor der Trennung der Eltern lebten. Dass seine Frau die Kinder mit nach Deutschland nahm, stellt für Maurice Elfeke einen Fall von Entführung dar. Doch deutsche Gerichte sehen die Sache anders.

Als der Deutsche Armin Tiemann 1998 seine Söhne aus der Ehe mit der Französin Cosette Lancelin nach Deutschland entführen ließ, entschied das Bundesverfassungsgericht «im Interesse der Kinder» zugunsten des Deutschen. Auch im Fall Elfeke gaben deutsche Gerichte der Deutschen recht.

Um Fälle dieser Art in den Griff zu bekommen, bemüht sich eine Kommission französischer und deutscher Parlamentarier seit zwei Jahren um die Lösung dieses Problems. Doch seit einem Jahr gilt die Situation indessen als festgefahren: «Es ist unglaublich», sagt Kommissionsmitglied Pierre Cardo (DL). «Mit Ländern wie Pakistan, Libyen oder Tunesien sind wir zu einer Lösung gelangt, aber mit Deutschland wird es immer komplizierter.»

«SOS Entführung» forderte jetzt das Justizministerium auf, zugunsten seines Generalsekretärs tätig zu werden. Die Organisation wirft der deutschen Justiz vor, systematisch die Deutschen zu bevorzugen. Alain Mancini, Chef der Vermittlungsmission in internationalen Familienangelegenheiten im französischen Innenministerium, äußerte deutliche Kritik am Vorgehen der deutschen Behörden: «Die Verhaftung eines französischen Vaters, dessen Kinder nach Deutschland verschleppt wurden und der um Hilfe bei der Lösung dieses Problems bittet, stellt eine schwere Belastung unserer Arbeit dar.»

Maurice Elfeke soll zu Beginn der Woche nach Hannover überführt werden.

16.06.2002
Berliner Morgenpost
http://morgenpost.berlin1.de/bm/inhalt/heute/aus_aller_welt/story527838.html