Pressemitteilung des VAFK
zu Demo und Hungerstreik in Berlin an der Gedächtniskirche 2002 Carriere auf Väter-Demo
in Berlin
Väter und geprellte Mütter demonstrierten am 08.06. in Berlin für den Kontakt zu ihren Kindern. Carriere: „Wir stehen hier nicht für die Rechte der Väter, sondern für die Rechte unserer Kinder“. Jährlich sind mehr als 300 000 Kinder in Deutschland von Trennung oder Scheidung betroffen. Nach einem Jahr haben 50% der Kinder den Kontakt zu einem Elternteil verloren. Die Kinderbegleitforschung von Proksch zum neuen Kindschaftsrecht von 1998 bestätigt : Das neue Kindschaftsrecht hat diese Situation nicht verbessert. Diese wurde von der Bundesregierung in Auftrag gegeben. Aus diesem Grunde hatte der Väteraufbruch für Kinder zu einer Demonstration und zu einem internationalen Hungerstreik in Berlin aufgerufen. Väter und auch Mütter sind aus allen Teilen des Landes gekommen. Ihre Forderung: „Allen Kindern beide Eltern“ brachten sie gleich mit. An der verletzten Gedächtniskirche sammelten sie sich zu einer Kundgebung. Grundsätzlich kann Kindesentzug jeden treffen, so auch den Schauspieler Mathieu Carriere (Die flambierte Frau). „Stellt euch vor, die Mutter wohnt auf dieser Seite der Straße und ich wohne auf der anderen Seite. Ich sehe jeden Morgen, wie das Kindermädchen die Kinder in den Kindergarten bringt, und ich darf das nicht.“ Die Ausweglosigkeit der Situation beschrieb der Bundesinnenminister Schily bei einer verlorenen Schachpartie mit Carriere: “Es ist leichter, im Nahen Osten Frieden zu stiften, als das deutsche Familienrecht zu ändern.“ „Ich bin fertig, ich brauche Hilfe“, sagte unter Tränen ein betroffener Vater. Er hat seine Tochter schon 6 Jahre nicht mehr gesehen. Die Beziehung des Kindes zum Vater kann nicht gesichert werden, wenn die Mutter es nicht will. Der Väteraufbruch hat 160 Fallgeschichten von betroffenen Vätern im Bundesministerium der Justiz übergeben. Ein weiterer Ordner mit 160 Todesfällen, welche durch Mord oder Selbstmord endeten, liegt nun ebenfalls im Ministerium. Carriere mahnte: „Wir Väter müssen für unsere Kinder kämpfen, denn sie können es nicht tun.“ „Wir haben Hunger nach Gerechtigkeit“, sagte Webel vom Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. Aus diesem Grunde treffen sich Väter aus Polen, Frankreich, der Ukraine und Südafrika wieder an der Gedächtniskriche. Ab 09.06.02 werden sie für 35 Tage in einen Hungerstreik treten. „Beim Hungern bekommt man gute Ideen. Gandhi hat damit Unrecht in Indien überwunden“, sagte Carriere auf der Kundgebung. |
Rheinische Post vom 08.06.2002
Nach der Scheidung hat
meist die Mutter die Macht
Von EVA QUADBECK BERLIN. Aus Lutz B. sprudelt die Geschichte wie ein Wasserfall: Jahrelang hat er sich mit seiner Ex-Frau gestritten, wann und wie lange er seine Töchter sehen darf, persönlich und vor Gericht. Die Mädchen sind heute elfeinhalb und neun Jahre alt. Die Ältere wohnt zurzeit bei ihrem Vater. Die jüngere Tochter lebt überwiegend bei der Mutter. Nach Jahren hat Lutz B. das Recht bekommen, seine Töchter drei Tage in der Woche zu betreuen. Der 47-Jährige berichtet von Vorwürfen seiner Ex, er sei gewalttätig. „Als das nicht funktionierte, war ich der psychisch Kranke und der Kindesmisshandler." Fünf Instanzen hätten ihn wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs überprüft. Das Ergebnis: überall negativ. Dennoch sei er auch heute noch unterschwellig damit konfrontiert. Scheidungsanwälte und -anwältinnen würden ihren Klientinnen Listen mit taktischen Manövern geben, wie sich das Umgangs- und Sorgerecht der Väter boykottieren lasse, sagt Lutz B. Selbstverständlich mit dem Hinweis: „Machen Sie bloß nicht das und das." Und dann laufe alles nach dem Muster ab. „Wenn eine Mutter den Vater aus der elterlichen Verantwortung herausdrängen möchte, gelingt ihr das meistens ohne große Probleme", heißt es in einer Mitteilung, die der Verein „Väteraufbruch für Kinder" gestern im Justizministerium übergeben hat. Dazu überreichten die Väter 150 Fallgeschichten als „Spitze des Eisbergs", die ihre Empörung illustrieren. Heute werden sie in Berlin unter dem Motto „Allen Kindern beide Eltern" demonstrieren. Ein mehrwöchiger Hungerstreik, bei dem ein Dutzend Männer mitmachen wollen, soll sich anschließen. Zwangsgeld für Mutter Die Väter, denen ihre Kinder vorenthalten werden, haben den Verein 1988 gegründet. Heute zählt er 1500 Mitglieder. Die Zuwachsrate liege derzeit bei 30 Prozent im Jahr, sagt Pressesprecher Detlef Naumann. Er selbst hat eine dreijährige Tochter. Die Richter haben ihm zugestanden, sein Kind samstags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Erst seitdem der Mutter ein Zwangsgeld angedroht worden sei, würden die Besuchstermine regelmäßig eingehalten. Bitte er um einen Ausweichtermin, würde er von der Mutter schikaniert. Naumann fordert, es müsse festgelegt werden, dass beide Elternteile ihr Kind die Hälfte der Zeit versorgen dürften. Das Kindschaftsrecht ist noch von der CDU/FDP-Regierung 1998 geändert worden. Ziel war es, die Position des Vaters zu stärken. Seitdem sieht das Gesetz ein gemeinsames Sorgerecht beider Eltern vor, wenn sie verheiratet waren. Und nicht verheiratete Eltern können sich auch darauf einigen. Geschieht dies allerdings nicht, ist die Position der Väter genauso schwach wir vor 1998. Die Kinder leiden Die Intention des neuen Kindschaftsrechts sei gut gewesen, in der Praxis habe sich aber nichts geändert, kritisiert Dietmar Webel vom Bundesvorstand des Väteraufbruchs. Wenn sich die Paare nicht einigen könnten, was bei 50 Prozent der Ehescheidungen der Fall sei, bekomme fast immer die Mutter das alleinige Umgangsrecht. Gestern forderten die Väter im Justizministerium, ihre Position müsse weiter gestärkt werden. Der zuständige Beamte signalisierte, das Problem sei bekannt. Der nächste Gesprächstermin ist am 12. Juli. An dem Tag soll auch der Hungerstreik enden. „Die Rechte der Kinder werden permanent mit Füßen getreten, von allen Beteiligten", sagt Lutz B., der geradeheraus einräumt, selbst auch Fehler gemacht zu haben. Typisch männlich habe er reagiert-nach dem Motto: Das kriege ich alles selbst geregelt. Wenn seine Töchter sich heute bockig, aggressiv oder ich-bezogen verhalten, dann glaubt er, dass dies auch eine Folge des jahrelangen Streits mit seiner Ex-Frau ist. Jährlich sind knapp 200 000 Kinder
von der Scheidung oder Trennung ihrer Eltern betroffen. Nach Angaben des
Väteraufbruchs verlieren 30 Prozent dieser Kinder dauerhaft ihren
Vater. Die Männer, die sich von ihren Ex-Frauen ausgegrenzt fühlen,
zitieren Wissenschaftler, die belegen, wie wichtig beide Elternteile für
die Kinder sind.
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