Statistik / Immer mehr Singles und Paare ohne Trauschein

Der Trend geht weg von der Ehe

Die Ehe ist für immer weniger Menschen ein Ziel ihrer Lebensplanung. Das belegen die Statistiker mit beeindruckenden Zahlen.

Stuttgart· Die Baden-Württemberger scheuen zunehmend den Weg zum Standesamt: Die Zahl der Singles und der ¸¸Ehen ohne Trauschein'' steigt stetig. Dies gab der Präsident des Statistischen Landesamtes, Eberhard Leibing, gestern in Stuttgart bei der Vorlage des Mikrozensus bekannt. Dennoch lebt nach wie vor die Mehrheit der Südwestdeutschen - 8,2 von rund zehn Millionen - in Familien.

Nach der Stichprobenerhebung wuchs die Zahl der Singles im Land zwischen 1980 und 1999 von 1,1 Millionen auf 1,7 Millionen - also um nahezu 60 Prozent. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung stieg in diesem Zeitraum von 12 auf mehr als 16 Prozent. Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften stieg noch stärker als die der Singles: Lebten zu Beginn der 90er-Jahre rund 120000 Paare ohne standesamtliches Papier zusammen, so lag ihre Zahl am Ende des Jahrhunderts bei etwa 214000: eine Zunahme um 76 Prozent. Ob es sich um eine dauerhafte Alternative zur Ehe oder um eine ¸¸Ehe auf Probe'' handle, lasse sich aus den Ergebnissen des Mikrozensus nicht ablesen, sagte Leibing.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich die Familienstrukturen in Baden-Württemberg stark verändert. So sei der Anteil der Ehepaare ohne Kinder deutlich größer geworden - von knapp 33 Prozent im Jahr 1980 auf mehr als 40 Prozent heute, berichtete Leibing. Demgegenüber habe sich der Anteil der Ehepaare mit Kindern von nahezu 60 Prozent auf gerade noch rund 49 Prozent reduziert. Die Anzahl der allein Erziehenden stieg von 1980 bis 1999 deutlich von 228000 auf 315000 oder von neun auf elf Prozent der Bevölkerung.

Der Trend zu immer kleineren Familien wird dramatische Auswirkungen haben. Wenn diese Entwicklung anhalte, werden im Jahr 2030 auf 100 Erwerbstätige 38 Rentner kommen - heute seien es 31, sagte der zuständige Referent im Statistischen Landesamt, Joachim Werner. 2040 werden 100 Arbeitende nicht weniger als 65 Rentner ernähren müssen. Insgesamt wird der Durchschnitt der Bevölkerung wegen sinkender Kinderzahlen und gestiegener Lebenserwartung immer älter.

Die Folgen hatte das Sozialministerium kürzlich prognostiziert: Bis 2010 werden im Land 10000 zusätzliche Plätze in der Altenpflege benötigt - und dies bei deutlich weniger Beitragszahlern.lsw
 

Freitag, 07.April 2000
Südwest Presse Online