Verfassungsänderung schon im Sommer?
Initiative macht Druck

Kinderrechte ins Grundgesetz

exp Bonn - Auch die kleinsten Bundesbürger brauchen Rechte - Grundgesetz-Rechte. Das fordert die Kinderkommission des Bundestags. Dem EXPRESS sagte der Vorsitzende der Kommission, Rolf Stöckel (SPD): "Noch bevor wir den Tierschutz im Grundgesetz verankern, müssen unseren Kindern eigenständige Verfassungsrechte zugebilligt werden. Kinder sind derzeit laut Grundgesetz lediglich Objekt und Anhängsel der Eltern."

In Artikel 6 der Verfassung heißt es: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft." Kinder würden hier nicht als "eigenständige Subjekte, deren Rechte es zu schützen gilt", angesehen, so Stöckels Kritik.

Ins Grundgesetz eingefügt werden soll u.a.: "Kinder haben ein Recht auf Wahrung und Entfaltung ihrer Grundrechte sowie auf Entwicklung zu selbstbestimmungs- und verantwortungsfähigen Persönlichkeiten." SPD und Grüne wollen laut Stöckel noch im Sommer einen Antrag auf Verfassungsänderung in den Bundestag einbringen. Aber um die Verfassung letztlich wirklich zu ändern, brauchen SPD und Grüne eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

---

Noch in diesem Jahr soll außerdem der Gesetzentwurf zur "gewaltfreien Erziehung" vorgelegt werden. Durch die geplante Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches werden Kinder stärker vor Schlägen geschützt. "Jedes Kind hat ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig", soll es nach dem Vorschlag von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) dann heißen. Damit wird das Prinzip der gewaltfreien Erziehung verankert. Dabei geht es nicht darum, den Eltern bei einem versehentlichen Klaps den Staatsanwalt ins Kinderzimmer zu schicken. Strafrechtliche Folgen hat die BGB-Änderung nicht. DK
 

Montag, 21. Juni 1999
Express Online