Kreis Böblingen: Kinderschutzbund feierte seinen 30. Geburtstag / Lobby und Sprachrohr für Kinder

"Kinderrechte sind Menschenrechte"

Von unserer Mitarbeiterin Sybille Schurr

Eine Kinderpartei gibt es nicht, aber Kinder haben eine Lobby, die in ihrem Namen die Stimme erhebt: im Kreis Böblingen tut dies seit 30 Jahren der Deutsche Kinderschutzbund. Im Rahmen einer Jubiläumsfeier ließ Kreisvorsitzender Reinhard Steinhübl diese Zeit Revue passieren.

21 engagierte Gründungsmitglieder verzeichnet das Protokoll vom 10. Juli 1969. Doch der Anfangsschwung reichte nicht lange, der "Durchhänger" kam rasch. Doch genauso rasch erholte sich der Kreisverband wieder. Seit 1972 ist er nach den Worten des Vorsitzenden richtig aktiv. Eine wichtige Säule ist das Maichinger Spiel- und Lernhaus, das im vergangenen Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen feierte. "Eine wichtige Arbeit für die Integration von Ausländer- und Aussiedlerkindern gerade heute, wo ein guter Schulabschluss immer wichtiger wird", betonte Steinhübl. Seit 1998 arbeiten zwei hauptamtliche und 15 ehrenamtliche Mitarbeiter im Lern- und Spielhaus, sowie eine Praktikantin. Betreut werden 80 Kinder und Jugendliche. "Die Integrationsarbeit muss noch stärker ausgebaut werden."

Eine neue Aufgabe ist dem Kreisverband des Kinderschutzes zugefallen durch das neue betreute Umgangsrecht bei getrennt lebenden Eltern. Der Kinderschutzbund bietet ein Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern und Kinder in Trennungs- und Scheidungssituationen an. Babysitterkurse, Spielkreise für Kinder, Gruppen für Mütter, Väter und Kinder, eine Mädchengruppe in Böblingen, ein offener Kindertreff in Sindelfingen und das Kleiderlädchen in Sindelfingen gehören mit zu den Angeboten des Kreisverbands. Reinhard Steinhübl beklagt "Defizite in der Mitgliederentwicklung" und bei Informationsveranstaltungen. "Viel mehr Ehrenamtliche" ist ein Wunsch des Vorsitzenden.

Die Grußredner würdigten die Arbeit des Kinderschutzbundes als eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. Eine Million Kinder in Deutschland leben von Sozialhilfe. Ein Problem, auf das auch die Landesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Annemarie Weiß, einging. Sie schloss sich der Kritik des Bundesverbandes an, dass die ohnehin magere Erhöhung des Kindergeldes auf die Sozialhilfe angerechnet werde.

Gewaltfreie Erziehung

Die Landesgeschäftsführerin würdigte die UN-Kinderrechtskonvention als einen wichtigen Schritt, denn "Kinderrechte sind Menschenrechte". Als nächster Schritt müßten die Kinderrechte auch in der Verfassung garantiert werden, ebenso wie das Recht auf gewaltfreie Entwicklung und Entfaltung von Kindern im Grundgesetz verankert werden müsse. Die völlig gewaltfreie Erziehung ist in Deutschland noch lange nicht an der Tagesordnung. Nur 18,5 Prozent der Kinder geben an, dass sie noch niemals von ihren Eltern geschlagen worden seien.
 
 

11.10.1999
Sindelfinger Zeitung