Uno-Kompromiss über Kindersoldaten erzielt
Zulassung zu Kampfeinsätzen erst ab 18
Jahren
jpk. Genf, 21. Januar
Die Verhandlungen der Uno-Arbeitsgruppe
für die Schaffung eines fakultativen Zusatzprotokolls zur Konvention
für die Rechte der Kinder sind am Freitag abend in Genf mit einem
Kompromiss zu Ende gegangen. Die teilnehmenden Staaten vereinbarten, dass
jugendliche Soldaten künftig erst ab 18 Jahren bei Kampfeinsätzen
eingesetzt werden dürfen. Das Alter für Zwangsrekrutierung in
reguläre Streitkräfte und Rebellenverbände wurde ebenfalls
von 15 auf 18 Jahre erhöht. Für die freiwilligen Rekrutierungen
wurde dagegen kein Mindestalter festgesetzt, doch ist in dem Zusatzprotokoll
festgehalten, dass das Rekrutierungsalter zu erhöhen sei und gewisse
Massnahmen zum Schutz der den Streitkräften auf eigenen Wunsch beitretenden
Jugendlichen respektiert werden müssen. Konkret bedeutet dies, dass
das Rekrutierungsalter für diese Kategorie faktisch von derzeit 15
auf 16 Jahre erhöht wird und die Rekrutierungsstellen bei 16- bis
18jährigen Freiwilligen das Einverständnis von deren Eltern einholen
müssen.
Allseitige Befriedigung
Vertreter des Uno-Kinderhilfswerks (Unicef)
und von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zeigten sich über das
Ergebnis der zweiwöchigen Verhandlungen befriedigt. Der am Freitag
in Genf verabschiedete Text sei zwar nicht die bestmögliche Lösung,
im Vergleich zu den bisher geltenden Bestimmungen bringe das Zusatzprotokoll
aber doch bedeutende Verbesserungen, erklärte die Sprecherin der NGO-Koalition
gegen Kindersoldaten, Jo Becker, vor Journalisten. Von grosser Bedeutung
sei vor allem die Erhöhung des Alters für Kampfeinsätze
auf 18 Jahre, auch wenn die in dem Protokoll verwendeten Formulierungen
den Streitkräften einen unerwünschten Spielraum liessen. In dem
betreffenden Abschnitt verpflichten sich die Vertragsparteien nämlich
lediglich dazu, alles zu tun, um den Einsatz von 18jährigen in eigentlichen
Kampfgebieten zu vermeiden. Ein eindeutiges Verbot der Kampfeinsätze
wurde nicht festgeschrieben.
Widerstand aufgegeben
Die Verabschiedung des Zusatzprotokolls war
möglich geworden, nachdem die USA und Grossbritannien ihren Widerstand
gegen die Erhöhung des Alters für Kampfeinsätze auf 18 Jahre
und verschiedene Entwicklungsländer ihren Widerstand gegen die Erhöhung
der Altersgrenze für Zwangsrekrutierungen aufgegeben hatten. Kuba
hatte noch am Freitag nachmittag auf einer Erhöhung dieser Altersgrenze
auf lediglich 17 Jahre bestanden, den Widerstand dann aber schliesslich
aufgeben müssen. Zuletzt war nur noch die Frage umstritten gewesen,
ob die USA, die der Uno- Konvention für die Rechte der Kinder nicht
beigetreten sind, das Zusatzprotokoll werden ratifizieren können.
Eine Einigung dazu wurde mit der Zufügung einer Sonderklausel ermöglicht.
Ein weiterer Zusatz, welcher die Einberufung einer Überprüfungskonferenz
fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Zusatzprotokolls vorsah, musste
auf Druck der Grossmächte aber fallengelassen werden.
Mit der Verabschiedung des Zusatzprotokolls
durch die Arbeitsgruppe wurde sicherlich ein bedeutender Schritt zur Verbesserung
des rechtlichen Schutzes von Kindern getan. Welche konkreten Auswirkungen
das Zusatzprotokoll allerdings zeitigen wird, ist zurzeit noch völlig
offen. Armeen und Rebellenbewegungen haben sich auch bisher wenig um die
geltenden Regeln gekümmert. Vor allem in den Konfliktregionen der
Dritten Welt wurden immer wieder Tausende von Kindern unter der erlaubten
Altersgrenze von 15 Jahren rekrutiert und zur Teilnahme an Kampfhandlungen
gezwungen. Da das Alter vieler Kinder in den Konfliktregionen nicht immer
genau festzustellen ist, werden in diesen Regionen vermutlich auch in Zukunft
nicht alle Minderjährigen von Kampfeinsätzen und Zwangsrekrutierungen
verschont bleiben.
Samstag, 22.01.2000 Nr.18
Neue Zürcher Zeitung