Kinderrechte Blauer Elefant belohnt allein Erziehende
Kinderrechtspreis für Verband der Einelternfamilien

Von Larissa Schulz-Trieglaff

Der »Blaue Elefant für Kinderrechte« ist in diesem Jahr an den Verband allein erziehender Mütter und Väter (VAMV) verliehen worden, der sich seit 35 Jahren für die Einelternfamilien stark macht.

Der Preis wurde gestern in der Akademie der Künste in Berlin zum dritten Mal überreicht. Vor 35 Jahren, als der VAMV von Luise Schöffel gegründet wurde, waren allein Erziehende gewöhnlich Frauen und von ihrem Umfeld geächtet, wenn das Kind aus einer unehelichen Beziehung kam. Heute spielt das keine Rolle mehr. Dafür haben die rund zwei Millionen allein erziehenden Mütter und Väter (die Frauen sind weiter in der Mehrheit) mit anderen Problemen zu kämpfen. Mit einem mangelnden Kinderbetreuungsangebot, mit eingeschränkten Berufschancen, schlecht bezahlten Teilzeitstellen und einem größeren Armutsrisiko.

Alles Zeichen einer rückständigen Familienpolitik. Selbst Rot-Grün hat im vergangen Jahr beschlossen, die Einelternfamilien wie Singles zu besteuern. Der VAMV hat sich mit der Kampagne »Ich bin kein Single« zu Wehr gesetzt. Grund für die Verleihung des »Blauen Elefanten«. Verliehen wird der mit 5000 Euro dotierte Preis vom Deutschen Kinderschutzbund und dem Urania Verlag. »Für diese Kampagne hat der Verband den Preis wirklich verdient«, sagte Heinz Hilgers, Vorsitzender des Kinderschutzbundes. Aber auch dafür, dass sich der VAMV seit Jahrzehnten dafür einsetze, dass die finanziellen Mittel dort konzentriert werden, wo Kinder sind – egal in welcher Beziehung die Eltern leben. Auf Bundesebene ist der VAMV ein Lobbyverband, auf regionaler Ebene unterstützen sich die allein Erziehenden gegenseitig, damit die Kinder in größerer Sicherheit aufwachsen.

In ihrer Laudatio sprach Anne Volk, »Brigitte«-Herausgeberin, über die Rechte der Kinder, die auch hier zu Lande nach wie vor nur eingeschränkt gelten. »Wir wissen, dass Kinder in den seltsamsten Konstellationen glücklich werden«, sagte sie. Gleichzeitig hob sie hervor, dass es Kindern bei einem homosexuellen Paar ebenso gut oder schlecht gehen könne wie in einer klassischen Familie. Denn die Rechte von Kindern hören oftmals da auf, wo die Eltern ihre eigenen Eitelkeiten und Defizite auf die Kinder projizieren. »Es ist auch heute offensichtlich noch schwer, genau hinzuhören und zu sehen, was Kinder wirklich wollen«, sagte Anne Volk. Das Angeben mit dem eigenen Kind stünde oft im Vordergrund.

Auch konstatierte sie eine zunehmende Unsicherheit bei den Eltern: Vielen würde es schwer fallen, ihren Kinder Selbstvertrauen und Sicherheit zu geben. Außerdem bemängelte sie, dass sich Deutschland bei der Kinderbetreuung auf dem Niveau eines Entwicklungslandes befinde. Während hier über Jahrzehnte das klassische Familienmodell mit dem allein verdienenden Vater gefördert wurde, haben zum Beispiel Frankreich und die skandinavischen Länder die Ganztagsbetreuung flächendeckend eingeführt. Frauen würden dort nicht in den Konflikt kommen, sich zwischen Familie und Beruf entscheiden zu müssen.

»Eine Französin wird im Job nicht gefragt, wie viele Kinder sie hat und wie sie das zu regeln gedenkt, denn es ist geregelt«, sagte Anne Volk. Und dabei wird in diesen Ländern nicht mehr Geld für Familienpolitik ausgegeben, das Geld wird nur anders verteilt. »Deutschland ist kinderfeindlich«, schloss sie ihre Laudatio.

Kinderfeindlich ist eben auch die mangelnde Unterstützung der Einelternfamilien. »Allein Erziehende sind am meisten von Armut betroffen«, sagte Sabine Schubert, Geschäftsführerin der Verlagsgruppe Dornier. Ohne großzügige Kinderbetreuung findet eine allein erziehende Mutter keinen oder nur einen schlecht bezahlten Arbeitsplatz. Die Gefahr, dass die Kinder am Existenzminimum leben, ist besonders groß. Daher setzt sich der VAMV auch für die materielle Besserstellung dieser Familien ein.
 

19.11.2002
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=26818&IDC=2