Kinder geschützt von der Verfassung

Bürgerschaft kann jetzt beschließen

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

Bremen: Die politischen Querelen scheinen ausgestanden: Nun haben die Kinderrechte eine reelle Chance, zum Staatsziel deklariert zu werden. Nach dem Vorbild von zehn Bundesländern könnte noch in dieser Legislaturperiode auch die hiesige Landesverfassung um einen entsprechenden Passus erweitert werden. Danach soll es in Artikel 25 künftig heißen: „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und den besonderen Schutz vor Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensverhältnisse.“

Bedenken im Rathaus

Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte die Grüne Anja Stahmann diesen Vorschlag in die Bürgerschaft eingebracht. Die erste Lesung wurde jedoch unterbrochen, die Koalition verwies den Gesetzestext an die Deputationen. Dort fand er breite Zustimmung. Über den Senat sollte er daher wieder in die Bürgerschaft zurückgehen.

Doch in der Regierungszentrale blieb der Entwurf liegen. Dort konnte man sich zunächst nicht einigen, ob man sich dem Vorhaben an- oder verschließen sollte. Kritiker, so Regierungssprecher Klaus Schloesser, hätten verfassungstheoretische Bedenken geäußert. Die Rechte der Kinder würden bereits geschützt, so ihr Argument. Und zwar mit übergeordneten Artikeln zum Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit im Allgemeinen. Die auf lange Geltungsdauer angelegte Landesverfassung sollte vor diesem Hintergrund nicht die Vielzahl aktueller Diskussionen widerspiegeln. Zudem ließen sich aus der Verfassung keine einklagbaren Rechte ableiten – auch das stelle die Notwendigkeit einer Änderung in Frage.

Durchgesetzt hat sich diese Position allerdings nicht. Stattdessen behielten die Befürworter Oberwasser. „Der gesunde Menschenverstand sagt doch: Was spricht dagegen?“, so Schloesser weiter. Hätte das Rathaus seine Zustimmung verweigert, wäre das in der öffentlichen Diskussion kaum vermittelbar gewesen. Zumal die Senatsentscheidung ohnehin nur Formsache war: Die Entscheidung fällt in der Bürgerschaft. In drei unabhängigen Lesungen muss die Gesetzesänderung dort die erforderliche ZweiDrittel-Mehrheit erhalten. Dann könnte sie noch vor den Wahlen in Kraft treten.

16.01.2003
www.weser-kurier.de/bremen/fs_wk_bremen.html?id=120084