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Artikel
Veröffentlicht am: 08.06.2005
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Strafverfolgung
DNA-Analyse wird neu geregelt
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Die Regelungen für die Entnahme, Untersuchung
und Speicherung von
DNA-Proben und von Reihengentests werden
den Bedürfnissen der Praxis
angepasst. Gleichzeitig sorgt ein weitgehender
Richtervorbehalt dafür,
dass die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens
auch künftig gewahrt
bleibt.
Einem entsprechenden Gesetzentwurf der
Bundesjustizministerin zur
Änderung der Strafprozessordnung
vom Mai dieses Jahres hat am 8.
Juni das Bundeskabinett verabschiedet.
Kein Richtervorbehalt bei anonymen Spuren
Das geltende Recht sieht keine Beschränkung
der DNA-Analyse auf
bestimmte Straftaten vor. Allerdings muss
eine DNA-Analyse auch
im Ermittlungsverfahren immer von einem
Richter angeordnet werden. Der
Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums
sieht nun vor, dass die
molekulargenetische Untersuchung von Tatortspuren,
die noch keinem
Täter zugeordnet werden können,
künftig auch vom Staatsanwalt oder der
Polizei angeordnet werden können.
Richtervorbehalt bei Entnahme und Untersuchung beim Beschuldigten
Die Entnahme von Körperzellen bei
Verdächtigen oder Beschuldigten, um
sie mit Tatortspuren zu vergleichen, muss
auch weiterhin von
einem Richter angeordnet werden. Ausnahmen
davon sind nur dann
zulässig, wenn die betroffene Person
einwilligt oder bei Gefahr im
Verzuge. Dann kann die Untersuchung auch
von Staatsanwaltschaft oder
Polizei angeordnet werden.
DNA-Analysen werden zur Verwendung bei
etwaigen künftigen
Ermittlungsverfahren durchgeführt.
Das Ergebnis wird in der
DNA-Analysedatei beim Bundeskriminalamt
(BKA) gespeichert. In der
BKA-Datei sind zur Zeit 401.644 DNA-Identifizierungsmuster
enthalten
(Stand: 31. März 2005). 331.174 Muster
sind Personen zugeordnet, in
70.740 Fällen handelt es sich um
Spuren, die bisher keiner Person
zugeordnet werden können.
Das geltende Recht verlangt als Anlasstat
zur Speicherung von
DNA-Identifizierungsmustern eine Straftat
von erheblicher Bedeutung
oder jede Sexualstraftat sowie eine qualifizierte
Negativprognose:
also die Voraussage, dass vom Täter
auch künftig entsprechende
Straftaten zu erwarten sind.
Der Gesetzentwurf stellt klar, dass auch
die wiederholte Begehung
nicht erheblicher Straftaten im Unrechtsgehalt
einer Straftat von
erheblicher Bedeutung gleichsteht. Wenn
eine Person wiederholt etwa
wegen Sachbeschädigung verurteilt
worden ist und die Prognose dafür
spricht, dass von dieser Person auch zukünftig
Sachbeschädigungen zu
erwarten sind, ist die Speicherung ihres
DNA-Identifizierungsmusters
in der DNA-Analysedatei des BKA zulässig.
Der Richtervorbehalt für die DNA-Analyse
zu Zwecken künftiger
Strafverfolgung bleibt also bestehen,
wird aber insoweit modifiziert,
dass bei Einwilligung der betroffenen
Person keine richterliche
Anordnung benötigt wird. Auch bei
Gefahr im Verzuge ist für die
Entnahme von Körperzellen ausnahmsweise
keine richterliche Anordnung
erforderlich. Die molekulargenetische
Untersuchung muss hingegen
in jedem Fall von einem Richter angeordnet
werden - es sei denn, die
betroffene Person stimmt der Untersuchung
freiwillig zu.
Reihengentest nur bei schweren Straftaten
Auch so genannte DNA-Reihentests, die beispielsweise
bei
Sexualstraftaten von der Polizei innerhalb
eines größeren
Personenkreises durchgeführt werden,
sollen erstmals ausdrücklich
gesetzlich geregelt werden: Sie dürfen
künftig nur bei Verbrechen
gegen Leben, Leib, Freiheit oder die sexuelle
Selbstbestimmung durchgeführt werden.
Auch hier gilt: Nur ein Richter
darf einen Reihengentest anordnen.
Reihengentests sind zudem nur auf freiwilliger
Basis zulässig, die
Betroffenen sind nicht zur Mitwirkung
verpflichtet und müssen
vorher über die Freiwilligkeit ihrer
Mitwirkung belehrt werden.
Weitere Einschränkung: Die bei solchen
Tests erhobenen Daten dürfen
nicht in der DNA-Analysedatei gespeichert
werden.
KONTEXT
>> Einzelheiten zur Neuregelung der DNA-Analyse
http://www.bmj.bund.de/enid/d888ffc4fcd2d2ae70c850652e14e552,0/Rechtspflege/Neuregelung_der_DNA-Analyse_u7.html
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Anlagen zum Download:
Beispiel zur DNA-Analyse
http://www.bundesregierung.de/Anlage828735/Beispiel+zur+DNA-Analyse.pdf
(76.85 KB)
Zahlenmaterial zum Datenbestand in der DNA-Analyse Datei
http://www.bundesregierung.de/Anlage828776/Zahlenmaterial+zum+Datenbestand+in+der+DNA-Analyse+Datei.pdf
(74.69 KB)
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-------- Original Message --------
Betreff: | [BMJ] Neuregelung der forensischen DNA-Analyse auf den Weg gebracht |
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Datum: | Wed, 8 Jun 2005 11:26:51 +0200 |
Von: | presse@bmj.bund.de |
An: | BMJ-NEWSLETTER@LISTSERV.DFN.DE |
Berlin, 8. Juni 2005
Neuregelung der forensischen DNA-Analyse
auf den Weg gebracht
Das Bundeskabinett hat heute den von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung der DNA-Analyse für Strafverfolgungszwecke beschlossen. Die DNA-Analyse im Strafprozess dient in einem laufenden Ermittlungsverfahren dazu festzustellen, ob aufgefundenes Spurenmaterial von dem Verletzten oder dem Beschuldigten stammt (siehe unten B.1.a). Sie kann aber auch zur Identitätsfeststellung in Fällen künftiger Strafverfolgung eingesetzt werden (siehe unten B.2.).
„Die DNA-Analyse ist ein unverzichtbares und sehr effektives Instrument zur Aufklärung von Straftaten. Deshalb schlagen wir nach einer gründlichen Überprüfung Änderungen vor, die die Einsatzmöglichkeiten dieses Instruments praxisorientiert erweitern. Künftig soll der Richtervorbehalt für anonyme Spuren entfallen. Gleiches gilt, wenn der Betroffene einwilligt. Weiterhin sieht der Entwurf vor, eine DNA-Analyse für Zwecke künftiger Strafverfolgung nicht nur bei erheblichen Straftaten und allen Sexualdelikten, sondern auch bei wiederholter Begehung nicht erheblicher Straftaten zuzulassen, weil wir inzwischen wissen, dass viele Täter, die schwere Straftaten begehen, zuvor mehrfach mit einfacheren Taten auffällig geworden sind.
Eine völlige Gleichstellung des genetischen Fingerabdrucks mit dem herkömmlichen und damit den generellen Verzicht auf qualifizierte Anforderungen an Anlasstat und Negativprognose und eine gänzliche Streichung des Richtervorbehalts halte ich aus Verfassungsgründen für unzulässig.
Zugleich flankieren wir den erweiterten Anwendungsbereich mit Regelungen, die die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens weiter absichern. So wird der Reihengentest auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. In den sogenannten Umwidmungsfällen sieht mein Vorschlag vor, Betroffene künftig über die Speicherung in der DNA-Analyse-Datei zu informieren und auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Speicherung gerichtlich überprüfen lassen zu können“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries nach der Kabinettsitzung in Berlin.
A. Die Änderungen im Überblick1. Richtervorbehalt für die molekulargenetische Untersuchung von („anonymen“) Spuren wird gestrichen. Untersuchung kann künftig von StA und Polizei angeordnet werden = Erleichterung und Entlastung für die Praxis.
2. Richtervorbehalt für Entnahme und molekulargenetische Untersuchung beim Beschuldigten bleibt, aber:
3. Erforderliche Anlasstaten, wenn die Speicherung in der DNA-Datei erfolgen soll:
4. Qualifizierte Negativprognose: Erwartung erforderlich, dass der Betroffene künftig
5. Reihengentest:
Erstmals gesetzliche Regelung des Reihengentests auf freiwilliger Basis.B. Die Neuregelungen im Einzelnen
Bei der forensischen DNA-Analyse sind zwei Ausgangssituationen zu unterscheiden:
1. DNA-Analyse im laufenden Ermittlungsverfahren
Die DNA-Analyse wird in einem laufenden Ermittlungsverfahren genutzt um abzuklären, ob eine aufgefundene Spur von einer bestimmten Person stammt. Hierzu sind also immer zwei DNA-Untersuchungen erforderlich: Zum einen die Untersuchung der Spur und zum anderen die Untersuchung von Körperzellen, die einer bestimmten Person (z.B. dem Beschuldigten) entnommen werden. Das jeweilige Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung dieser Spuren ist das sog. DNA-Identifizierungsmuster (= Code aus Zahlen und Buchstaben). Der Vergleich der beiden ermittelten DNA-Identifizierungsmuster ergibt, ob die aufgefundene Spur von der betreffenden Person stammt.
a) Geltendes Recht (§§ 81e, 81f StPO):
Die DNA-Analyse kann in allen Ermittlungsverfahren angewandt werden, soweit sie erforderlich ist für die Feststellung
Eine Beschränkung der DNA-Analyse auf bestimmte Straftaten sieht das geltende Recht nicht vor, das heißt, die DNA-Anlayse ist zur Aufklärung jeder Straftat zulässig.Beispiel:
Ein Brief enthält Drohungen oder Beleidigungen. Mittels DNA-Analyse kann der Speichel untersucht werden, mit dem der Brief verschlossen wurde.Formelle Voraussetzung für diese DNA-Analysen im laufenden Ermittlungsverfahren ist, dass ein Richter diese anordnet (sog. Richtervorbehalt).
b) Änderungen durch den Gesetzentwurf
Weigert sich eine Person, freiwillig an dem Reihengentest teilzunehmen, so ist dies grundsätzlich hinzunehmen. Soweit jedoch zureichende Gründe den Verdacht begründen, dass diese Person die Straftat begangen hat, kann sie als Beschuldigter behandelt und auf der Grundlage des § 81e StPO eine DNA-Analyse auch gegen deren Willen angeordnet werden. Allerdings kann allein die Weigerung, freiwillig an dem Reihengentest teilzunehmen, keinen Tatverdacht begründen.2. Speicherung für Zwecke künftiger Strafverfahren (§ 81g StPO i.V.m. dem DNA-IFG)Die DNA-Analyse wird zur Verwendung bei etwaigen künftigen Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Ergebnis (DNA-Identifizierungsmuster) in der DNA-Analysedatei beim BKA gespeichert. Geregelt ist dies in § 81g StPO sowie im DNA-Identitätsfeststellungsgesetz (DNA-IFG).a) Geltendes Recht§ 81g Abs. 1 StPO und § 2 DNA-IFG erlauben die Maßnahme bislang nur,
b) Änderungen durch den GesetzentwurfAnlasstaten und qualifizierte Negativprognose
An § 81g Abs. 1 StPO wird ein neuer Satz 2 angefügt, der klarstellt, dass auch die wiederholte Begehung nicht erheblicher Straftaten im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen kann. Dies gilt sowohl für die Anlasstaten als auch für die zu prognostizierenden (künftigen) Straftaten. Ferner werden in § 81g Abs. 1 StPO bisher enthaltene Regelbeispiele für eine Straftat von erheblicher Bedeutung gestrichen; es handelte sich um bislang beispielhaft genannte besonders schwere Straftaten (Verbrechen, gefährliche Körperverletzung etc.), die zu dem Missverständnis Anlass gaben, dass „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ stets besonders schwer sein müssten.
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit desBeispiele:(1) A ist verurteilt worden, weil er wiederholt den Lack von Kraftfahrzeugen mit einem Schraubenzieher zerkratzt hat. Die Prognose ergibt, dass auch künftig entsprechende Straftaten von ihm zu erwarten sind.
(2) Stalker B ist wiederholt in die Wohnung seines Opfers O eingedrungen. Die Prognose ergibt, dass auch künftig entsprechende Taten von ihm zu erwarten sind.In den Fallbeispielen sind Sachbeschädigungen bzw. Hausfriedensbrüche begangen worden. Nach geltendem Recht lässt sich bei solchen Delikten eine Straftat von erheblicher Bedeutung nicht ohne weiteres bejahen. Nach der Neuregelung hat eine Gesamtbetrachtung zu erfolgen, die im Einzelfall zu dem Ergebnis führen kann, dass die wiederholte Begehung auch solcher für sich genommen nicht erheblicher Straftaten einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichsteht, mithin eine DNA-Analyse durchgeführt und das Ergebnis abgespeichert werden kann.Der Richtervorbehalt für die DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfolgung bleibt, wird aber wie folgt modifiziert (§ 81g Abs. 3 StPO-E):
Bei Einwilligung der betroffenen Person bedarf es keiner gerichtlichen Anordnung. Die einwilligende Person ist über den Zweck der DNA-Analyse zu belehren.Bei Gefahr im Verzug bedarf es – soweit es allein um die Entnahme der Körperzellen geht - ebenfalls keiner gerichtlichen Anordnung; in diesem Fall kann die Entnahme auch durch den Staatsanwalt oder dessen Ermittlungspersonen (Polizei) angeordnet werden. Hinsichtlich der molekulargenetischen Untersuchung der entnommenen Körperzellen verbleibt es hingegen beim Richtervorbehalt mit der vorstehenden Ausnahme (Einwilligung der betroffenen Person).Für sog. Umwidmungsfälle wird geregelt, dass der Betroffene über die Speicherung in der DNA-Analysedatei zu benachrichtigen und auf die Möglichkeit der Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung hinzuweisen ist. Mit Umwidmungsfällen sind die Fälle gemeint, in denen bereits für den Zweck des laufenden Ermittlungsverfahrens eine DNA-Analyse durchgeführt wurde und später Veranlassung gesehen wird, die Daten auch in der DNA-Analysedatei abzuspeichern.