1999 wurden 192 Vaterschaftsfeststellungen bearbeitet - Der Landkreis Altötting hat bayernweite höchste Vaterschaftstest-Quote
Altötting (ph). Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr: Das beobachtet auch Maria Ried- Huber, Leiterin des Bereichs Beistandschaften beim Altöttinger Jugendamt, immer wieder. 192 Vaterschaftsfeststellungen bearbeitete sie 1999. Das sind 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Landesweit hat sich der Prozentsatz dagegen halbiert.
Der Grund: die Auswirkungen des neuen Kindschaftsrechtes. Auf die Aufklärungsarbeit und intensive Unterstützung der ledigen Mütter führt Pressesprecher Klaus Zielinski diesen Anstieg der Vaterschaftsfeststellungen zurück. "Wir sind natürlich daran interessiert, den Vater festzustellen, da wir sonst Unterhaltsvorschuss leisten müssen", klärt Zielinski auf. Außerdem sei es für Mutter und Kind vernünftiger, wenn der Vater feststeht: Der Unterhalt ist höher, das Kind ist erbberechtigt und die soziale Absicherung ist gewährleistet.
Maria Ried-Huber weiß aus der Praxis: "Auch wenn das neue Kindschaftsrecht keine gesetzliche Amtspflegschaft mehr vorschreibt, ist es für Mutter und Kind doch besser, wenn der Vater bekannt ist." Aus diesem Grund wendet sich das Jugendamt in einem Schreiben an alle ledigen Mütter und bietet Unterstützung und Beratung an "bei einer Vaterschaftsfeststellung und der Geltendmachung von Ansprüchen". Das Jugendamt garantiert eine kostenfreie Anerkennung des Vaters durch einen Urkundsbeamten. "Es kann ebenfalls kostenlos auf Wunsch das gemeinsame Sorgerecht beurkundet werden", sagt Ried-Huber. Auch für ein persönliches Beratungsgespräch nimmt sie sich immer Zeit.
"Die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes müssen oftmals Detektivarbeit leisten", erzählt Pressesprecher Zielinski. Höchst komplizierte Fälle seien es, die oft über Botschaften im Ausland und über Umwege zum Vater führen. "Die Mütter machen es uns da aber auch oft nicht leicht. Kürzlich wusste eine Mutter nur, dass der vermeintliche Vater Disc-Jockey in der Türkei war", schildert Zielinski.
Oft sei auch der Fall, dass Männer die Vaterschaft nicht freiwillig zugeben. Maria Ried-Huber zeigt hier Verständnis: "Manchmal sind die Zweifel berechtigt. Dann muss ein Blutgruppentest gemacht werden." Stellt sich dann die Vaterschaft heraus, muss der Erzeuger auch die Kosten für den Test in Höhe von rund 6000 Mark und die Gerichtskosten übernehmen.
Den Unterhalt für ein lediges Kind kann man beanspruchen und einklagen, bis das Kind 18 Jahre alt ist oder seine Ausbildung oder Studium beendet hat. Bei Verletzung der Unterhaltspflicht können Pfändungsmaßnahmen eingeleitet und Anzeige erstattet werden. Darüber hinaus gebe es im Landkreis mehrere Fälle, bei denen das Gericht die säumigen Väter zu Freiheitsstrafen verurteilt hat.
Immer wieder wird das Altöttinger Jugendamt auch in ganz schwierigen Fällen des Vaters habhaft: Bei einem jungen Mann, von dem die Frau Namen, Alter, Beruf, Geburtsort und Adresse wusste, waren alle Angaben falsch. Nur über die Autonummer und die Kfz- Zulassungsstelle in einem anderen Landkreis konnte der Betrüger ermittelt werden. Maria Ried-Huber gibt hier zu verstehen, dass es in unserer modernen Gesellschaft immer mehr ledige, finanziell bestens abgesicherte Mütter gibt, die zwar ein Kind, aber keinen Mann dazu wollen. "Die stellen dann aber auch keinen Unterhaltsantrag. Die Kinder leiden trotzdem, wenn sie nie erfahren, wer ihr Vater ist."
Als Grund für
die unaufgeklärten Vaterschaftsfälle im Landkreis sieht Zielinski
unter anderem in der Aussiedlerproblematik: "Wir haben mehr Aussiedler
als andere Landkreise. Die Mütter kommen hochschwanger zu uns. Der
Erzeuger ist zwar bekannt, aber im Ausland nicht mehr zur Verantwortung
zu ziehen."
PNP vom Donnerstag,
11. Januar 2001 Lokalteil Altötting
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