Von Vivian S. Hass
Vater und Sohn waren sich einig: "Das erledigen wir zusammen." Robert S. (80) und sein Sohn Peter (50, Namen geändert) gingen gemeinsamzum Vaterschaftstest. Irgendwann hatte er sich eingeschlichen, der Zweifel. Sie wollten Klarheit. "Langsam muss ich mal meine Erbschaft klären", so Robert S. "Da will ich sicher sein, dass Peter auch wirklich mein Sohn ist." Die beiden Männer konnten aufatmen, der Gentest war positiv. Peterist kein "Kuckuckskind".
Immer mehr Väter fürchten, dass ihnen ein Kind untergeschoben sein könnte. Oft ist es nur eine Bemerkung von Freunden oder Verwandten, die diesen Verdacht auslöst. Oder das Kind hat so gar keine Ähnlichkeit mit seinem Vater. Zweifel gefährden den Familienfrieden. Sicherheit bringterst der Vaterschaftstest. Und dieser hat seit rund drei bis vier Jahren einen Boom erfahren. Seitdem gibt es den weitaus zuverlässigeren DNA-Test, der mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit den Vater bestimmen kann. Bei immerhin 20 Prozent der Fälle stellt sich heraus, dass der vermeintliche Vater nicht der leibliche Vater ist. Das ergab eine Umfrage bei den Hamburger Labors.
Weniger Glück als Robert S. hatte ein mehrfacher Vater aus Hamburg. Er zweifelte, ob sein jüngstes Kind von ihm sei. Trotzdem wollte er dannnicht wahrhaben, dass ein anderer der Vater ist. Er bestand auf eine Wiederholung. "Der Mann glaubte fest daran, dass wir die Proben vertauschthaben", so Wolfgang Martin (60), Leiter des Instituts für Blutgruppenserologie und Genetik in Hamburg. Als auch der zweite Test das Ergebnisbestätigte, brach für den jungen Mann eine Welt zusammen. "Meine Frau hat mir geschworen, dass ich der Vater bin", sagte er fassungslos. Das ließ ihm keine Ruhe, und er ließ auch sein zweitjüngstes Kind testen. Es war von ihm, wenigstens das.
Von den meisten Schicksalen und Reaktionen erfahren die Institute allerdings nichts. Der größere Teil der Kunden schickt die Proben per Post undbekommt das Ergebnis im Briefumschlag zurück. Wolfgang Martin: "Die Menschen sind in dieser Situation lieber allein."
Insgesamt drei Hamburger Institute bieten den Vaterschaftstest an, neben dem Labor von Wolfgang Martin das Institut für Rechtsmedizin und dasInstitut für Humanbiologie. Auf Grund modernster Methoden kann mittlerweile jeder ganz einfach für rund 500 Euro ein privates Gutachten in Auftraggeben. In Hamburg werden jährlich rund 1500 Vaterschaftstests gemacht, von denen schätzungsweise 15 bis 20 Prozent Privat-, der Rest Gerichtsgutachten sind. Genaue Zahlen wollen die Institute nicht nennen. Ein Geschäft, das dank eines schnellen und zuverlässigen Ergebnisses zu einem erschwinglichen Preis gut läuft.
Im Gegensatz zu anderen Firmen in Deutschland lehnen die Hamburger Institute heimliche Tests ab. "Wir bekommen jeden Tag mehrere Anfragenfür Analysen, bei denen die Mutter nicht eingeweiht ist oder die Väter Schnuller, Haare oder anderes Material einsenden wollen", sagt WolfgangMartin. Für ihn kommt das nicht in Frage. Er fordert stets eine schriftliche Einverständniserklärung der Mutter. Persönlich erscheinen muss sie abernicht. Zudem nimmt er ohnehin nur Blut- und Mundschleimhautproben an. Bei allem anderen sei ein zuverlässiges Ergebnis schwieriger zu erzielen.Und: Der Verdacht auf eine heimliche Abnahme liegt nahe.
Der Markt für heimliche Tests ist dennoch groß. Allein die Humatrix AG in Frankfurt, die dagegen keine Einwände hat, bearbeitet nach eigenen Angaben insgesamt 3000 Tests im Jahr, 600 davon sind weder Blut- noch Mundschleimhautproben. "Für einen Mann vom Niederrhein haben wir ein Gutachten erstellt, dass ihm nach jahrelangem Gerichtsstreit endlich den Beweis brachte, nicht der Vater zu sein", so Reiner Merz (51), Pressesprecher der Humatrix AG.
Hamburger Abendblatt - Lokales 26.01.2004
http://www.abendblatt.de/daten/2004/01/26/254975.html